Roland Pongratz´ Blick geht nachdenklich in die Ferne: "Viele Regener denken, ich wäre am Landwirtschaftsmuseum angestellt – die Freyunger gehen davon aus, dass ich bei der Volksmusikakademie arbeite, doch ganz richtig ist weder das eine noch das andere". Fast grinsend berichtet er, wie oft er schon angesprochen wurde mit: "ja hörst denn jetzt bei uns auf? In der Zeitung steht, dass du da was anderes machst?" oder ähnlichem. Dann muss er erklären, dass er nirgends eine Festanstellung hat, sondern selbständig arbeitet:
Roland Pongratz hat es geschafft, sich seinen Beruf selbst aufzubauen. Direkt nach dem Studium der Volkskunde, Musikpädagogik und Geografie an der Universität Passau ging es in die Selbständigkeit. Die Stellen, die er sich gewünscht hätte, gab es zu diesem Zeitpunkt nicht oder waren von zu jungen Kollegen besetzt, als dass er sich ernsthafte Hoffnungen hätte machen können. Es flatterte zwar eine Zusage aus Hamburg in seinen Briefkasten, doch er wollte sich um „seine“ Volkskunde kümmern, nicht jene der fernen Hansestadt. Richard Loibl brachte das Oberhausmuseum in den 1990-er Jahren nicht nur mit der umfangreichen Neukonzeption auf Stand, sondern initiierte etliche (Sonder-)Ausstellungen, für die er auch Roland Pongratz ins Boot holte. Zwar gab es dafür keine der heiß begehrten Stellen als Wissenschaftlichen Mitarbeiter, doch gerade das mag ein Glück für den umtriebigen Pongratz gewesen sein. Mit diesen meist über zwei Jahre laufenden Vorbereitungen war ein vernünftiges Standbein geschaffen, das dennoch Raum für weitere Aktivitäten ließ.
Als Sohn des Volksmusikpflegers lernte der junge Pongratz zunächst Hackbrett, doch mit dem eigenen Instrumentallehrer unter einem Dach zu leben ist nicht immer einfach. Als junger Gymnasiast wählte er dann als zweites Instrument die Harfe. Das Musizieren begleitet ihn bis heute und auch auf so manch anderem Instrument weiß er sich ganz gut zu helfen.
Mit Musik kann man auf fabelhafte Weise die Menschen zusammenbringen und so kam es, dass er 1998 das Fest zum 20-jährigen Jubiläum des Volksmusikseminars der KEB Regen vorbereitete. Organisatorisches Talent und ein gutes Gefühl fürs Geschichten erzählen hatte er bereits am Oberhausmuseum bewiesen und so bekam diese Jubiläums-Veranstaltung mit seiner Hilfe einen lebhaften Anstrich. Keine langwierigen Reden mit Selbstbeweihräucherung, sondern das satte Leben war es, das Pongratz mit seinem Team präsentierte. Rund 100 Gruppen traten auf und wurden von 10.000 Besuchern gehört und gefeiert. Ein Erfolg, der sich in ein turnusmäßiges Festival mit immer größeren Ausmaßen um Pfingsten – um Regen – um Volksmusik: „drumherum“ alle zwei Jahre etablierte. Dass dies aber nicht alles „Hobby“ sein kann, versteht sich schon aufgrund des hohen Zeitaufwandes von selbst. Selbst wenn es oft nicht so erscheinen mag, ist Pongratz Dienstleister, wie viele andere auch. Dass er sich dafür eine Nische suchte, die ihm eine Herzensangelegenheit ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, wieviel Kommunikation, Organisation, Zeit und nicht zuletzt Fachwissen hinter seinen vielen Tätigkeiten steckt.
Wer sich die Menschen genau ansieht und Kontakte knüpft, kann sie auch in geeigneter Weise zusammenbringen, „dass man so etwas Networking nennt, habe ich erst viel später erfahren“, erzählt Pongratz schmunzelnd. Nicht der Standard und Mainstream sind es, die es ihm angetan haben, sondern er ist immer auf der Suche nach den unbekannteren Schätzen. Oft lädt er die Menschen zu seinen Veranstaltungen ein mit Worten wie „So etwas hast du noch nicht gehört!“. Kaum zu glauben, aber in den allermeisten Fällen wird dieses Versprechen auch eingelöst.
Gerne wählt er als Veranstaltungsort „sein“ Landwirtschaftsmuseum in Regen und nutzt das heimelige Ambiente. Dazu gehört auch, dass Pongratz nicht als Gastgeber im schnieken Anzug erscheint, sondern regelmäßig seine gesamte Familie samt Freunden anrücken, die Ärmel hochkrempeln und gerne helfen. Besonders diese Teamarbeit, das gemeinsame Anpacken und etwas auf die Beine stellen, ist Pongratz eine Herzensangelegenheit. So erinnert er sich gerne an die letzten Baustellentage an der Volksmusikakademie: „Die ersten Gäste waren schon fast auf dem Weg nach Freyung und hier stand in allen Räumen noch irgendwelches Werkzeug rum, weil wir einfach noch nicht fertig waren. Da sind dann alle gekommen, haben ihre Ehepartner mitgebracht und wir haben gemeinsam angepackt.“ Ein Teamgeist, der sich bis heute erhalten hat und den Ort mitträgt. Ansonsten wäre sein Arbeitspensum auch ohne Schlaf nicht zu erfüllen. Allein seine beiden Hauptaufgaben, die Leitung des Landwirtschaftsmuseums in Regen und die Arbeit als künstlerischer Leiter der Volksmusikakademie Bayern in Freyung, würden manch anderen ins Schwitzen bringen. Dazu kommen aber noch die Organisation des „drumherum“, kleinere Veranstaltungen und immer wieder auch Ausstellungen, die oft jahrelanger Vorbereitungen bedürfen.
Pongratz hat keinen exakten Plan, was er noch alles in Angriff nehmen möchte, aber eine große Schublade voller Ideen. Damit reagiert er auf die kleinen Bewegungen seiner Umwelt und oft kommt es auch vor, dass jemand auf ihn zugeht mit: „könntest du dir nicht vorstellen, dass…?“