„Wir brauchen Öffnungsperspektiven, denn wir leben von den Gästen. Wenn die nicht kommen dürfen, gehen im Bayerischen Wald die Lichter aus!“ Mit diesen Sätzen beschrieb Joli Haller, Bürgermeister und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages im Landkreis Regen, dem Landtagsabgeordneten Alexander Muthmann die Situation im größten Tourismusort der Region. Die Folgen der Corona-Epidemie und vor allem des zweiten Lockdowns standen im Mittelpunkt eines Meinungsaustausches, zu dem sich die beiden Politiker kürzlich getroffen haben. Haller machte dabei auch klar, dass sich die Gemeinden bei der Umsetzung von Entscheidungen, die in München fallen, völlig alleine gelassen fühlten. Als Beispiel nannte er die digitale Ausstattung der Schulen. Bodenmais befinde sich dabei dank der guten Finanzlage der Gemeinden im Schulverband und des Engagements aller Beteiligten auf einem hohen Niveau. „Eigentlich müssten alle Schulen in Bayern auf dem gleichen Level sein. Bei den ärmeren Kommunen sieht es sicher anders aus und da sehe ich die Gefahr einer Bildungsschere“, folgerte MdL Alexander Muthmann (FDP). Daher müsse die Leistungsfähigkeit einer Gemeinde bei den Vorgaben berücksichtigt werden.
Bodenmais mit seinen rund 3.600 Einwohnern verzeichnete im vergangenen Corona-Jahr 635 000 Übernachtungen, 170 000 weniger als 2019. Damit fehle – zusammen mit dem Lockdown in 2021 ( geschätzter Rückgang 2021: 230.000 Übernachtungen) - allein beim Kurbeitrag eine Million Euro. Man habe aber kein Geld einsparen können, denn die Infrastruktur müsse instandgehalten werden. „Das große Warten bringt unseren Tourismusort in die Bredouille!“, sagte Bürgermeister Joli Haller. Die Gäste warteten auf Zusagen, wann sie endlich anreisen könnten, die Hoteliers warteten auf Nachrichten aus München. „Wir brauchen ein Datum, damit wir wieder Vollgas geben können. Ein Hotel braucht drei Tage, um von null auf hundert hochzufahren. Bei unserer Marketingmaschinerie haben wir einen Vorlauf von vier Wochen“, berichtete Haller. Für Bodenmais gelte: einwohnerschwach, bettenstark. Deshalb würden hier alle Einrichtungen gebraucht, damit Tourismus funktioniere, die Einzelhandelsgeschäfte, Freizeiteinrichtungen genauso wie die Hotels und Gaststätten. Für diese lohne es sich nicht, die Küche aufzusperren, wenn nur der Biergarten öffnen dürfe. Teillösungen brächten nichts. Die Hoteliers in Bodenmais seien gut aufgestellt, hätten den zweiten Lockdown für Renovierungsmaßnahmen genutzt. Jetzt aber treibe sie die Sorge vor der Zukunft um. „Wir haben gute Konzepte. Bitte lasst uns handeln“, verlangte der Bürgermeister.
Meinungsaustausch unter Politikern: Bürgermeister Joli Haller schildert MdL Alexander Muthmann auch anhand von Briefen die Situation der Tourismusgemeinde Bodenmais.
Joli Haller erinnerte daran, dass sofort nach der Kommunalwahl im März 2020 das öffentliche Leben heruntergefahren wurde. „Von einem Tag auf den anderen wurde zugesperrt. Es gab keinerlei Hilfestellungen aus München, nur den Austausch unter uns Bürgermeistern. Der erste Hinweis nach Wochen war dann, dass Lastenräder förderfähig seien, was uns überhaupt nicht interessiert hat!“ Die kommunale Selbstverwaltung werde immer dann von München beschworen, wenn es Schwierigkeiten gebe.
Einig waren sich die beiden Politiker, dass die Corona-Epidemie der Digitalisierung in vielen Lebensbereichen einen enormen Schub gebracht hat. Alexander Muthmann verwies auf den Vorstoß seiner FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag, die bayerische Gemeindeordnung so zu ändern, dass sich Gemeinderäte digital an einer Sitzung beteiligen und vor allem auch mit abstimmen können. Zuschauer müssten weiterhin im Sitzungssaal die Entscheidungen mitverfolgen können. Mit dem Gesetz, das der Bayerische Landtag am 4. März 2021 verabschiedet hat, sollen Unsicherheiten beseitigt werden, die während der Corona-Pandemie bei den kommunalen Gremien entstanden sind. „Ich hoffe, dass die Kommunen das Angebot nutzen, auch wenn noch nicht alle praktischen Probleme gelöst sind“, sagte Alexander Muthmann. So müsse zum Beispiel geklärt werden, was passiert, wenn während der Sitzung die Internetverbindung abbricht.
„Wir bleiben noch in Wartestellung“, lautete die Antwort von Bürgermeister Joli Haller. Mit dem Veranstaltungssaal im VitalZentrum stehe dem Marktrat von Bodenmais genug Platz für Präsenzsitzungen zur Verfügung. Klausurtagungen zur Innenentwicklung der Gemeinde seien als Klein-Workshops durchgeführt und dann im Plenum wieder zusammengeführt worden. Die Arbeit in der Krisenzeit fasste Haller so zusammen: „Wir haben trotz Corona viel gearbeitet. Die Epidemie hat uns gebremst, den Entwicklungsprozess aber nicht zum Stillstand gebracht!“