Der in Bath in England geborene Künstler Mark Angus lebt und arbeitet seit Ende der 1990er Jahre zusammen mit seiner Frau Katharina Eisch-Angus abwechselnd in Frauenau und Graz. Seine expressive Kunst mit Bunt-Glas
(stained glass), mit farbigem Licht lässt sich eindrucksvoll in vielen
Kirchenräumen bewundern: Mehr als 350 Kirchenfenster in etwa 80 Gotteshäusern hat der international tätige und renommierte Künstler mittlerweile erschaffen, u. a. auch vier Chorfenster in der St. Raymund Kirche in Breitenberg.
Im Gespräch mit WAIDLER.COM spricht er über die besondere Magie des Bayerischen Waldes und seiner Menschen sowie die von ihm praktizierte
Ätztechnik.
Mark Angus, wie kommt ein Engländer in den Bayerischen Wald, nach Frauenau?
Nachdem ich 1996 die Glaskünstlerin Ursula Huth zu einem gemeinsamen Workshop mit Studenten zu mir nach England eingeladen hatte, empfahl diese mich als Improvisator, als Lehrer, Enthusiast und Künstler für Kurse der Sommerakademie von Bild-Werk in Frauenau. So lernte ich Katharina Eisch kennen und lieben und mit der Zeit wurde Frauenau zu meiner künstlerischen Heimat.
Mark Angus, Stained Glass Artist
Was ist das Besondere für Sie an dieser Region bzw. spürt man hier die lange Glas-Tradition?
Und wie. Frauenau und die Region haben eine ganz besondere Ausstrahlung, hier spürt man Glas und seine Tradition. Hier floss der Bayerische Wald mit seinem Geist und seiner Seele in mich. Es sind meiner Meinung nach drei bemerkenswerte Kräfte. Erstens die lange Tradition der Glashütten, die noch heute in den Produktionsstätten von Eisch und von Poschinger weiterlebt. Überall gibt es hier Galerien, kleine Shops, das Wirtshaus Gistl als Veranstaltungsort kultureller Veranstaltungen von Bild-Werk Frauenau, diesem wunderbaren Forum für Glas und Bildende Kunst. Zweitens die Glasfachschule Zwiesel und drittens die vielen Künstler, die einen Link zwischen Schule und Industrie bilden. Erwin Eisch hat seine Glasarbeiter immer animiert, motiviert, sich als freischaffende Künstler zu betätigen, ihr Können und Wissen anzuwenden. Diese drei Faktoren sind einmalig im Zentrum Europas.
"Red Figure - Hands Raised": Glasbild auf mundgeblasenem Flachglas der Glashütte Lamberts, 2011
Gibt es einen Frauenauer Stil, eine gemeinsame künstlerische Basis?
Ich glaube schon. Es ist v. a. ein gegenständlich-figürlicher Stil, der sich am Spontanen orientiert und das Können vom Handwerklichen braucht. Übrigens wollen wir demnächst mit Bild-Werk ein neues, ganzjähriges Projekt starten mit einer neuen Generation junger einheimischer Künstler, die auch in Zukunft hier bleiben wollen und die Glas zu ihrem Thema gemacht haben.
Woher kommt Ihre Leidenschaft für Kirchenfenster?
Kirchen üben seit langem etwas Magisches auf mich aus. Ich denke, es ist diese Spiritualität. Und Glas liefert auch Spirituelles. Menschen suchen nach Erklärungen. Und meine Kreationen sind Bildergeschichten, narrative Bilder. Sie erzählen Geschichten. Sie sind nichts Dekoratives, eher etwas Mystisches. Und das spezielle Bunt-Glas spricht die Gefühle der Menschen an. Was sich wiederum hervorragend in einer Kirche kommunizieren lässt.
Gewähren Sie uns einen tieferen Einblick in Ihre Arbeit, die vier Chorfenster in Breitenberg.
Die narrative Struktur der Fenster in der Kirche in Breitenberg entwickelte sich. Das war ein Prozess, es gab viele Gespräche mit dem Pfarrer Wolfgang Hann. Die Geschichte muss zum Ort passen. Es muss eine Harmonie zwischen künstlerischer
und theologischer Kreativität entstehen. In sieben Szenen aus dem Alten Testament und sechs aus dem Neuen Testament erzähle ich die Geschichte der Erschaffung der Menschen bis zur Kreuzigung Christi. Auf vier Fenstern mit einer Größe von etwa 4,5 mal 2,5 Metern.
Die Farbe Blau wählte ich, weil sie zu diesem Ort, zu dieser Kirche passt. So
wird der gold-gelbe Altar wahrgenommen, er rückt in den Fokus des Besuchers. Es
erfolgt so eine optische Abgrenzung zwischen Altar- und Kirchenraum. Und Blau
ist die Farbe des Himmels, des Göttlichen. Es ist ein kohärentes theologisches
Konzept aus Ort, Geschichte und Kunst. Zeit und Raum spielen eine entscheidende Rolle. Mein Kunststil entwickelte sich durch diese Arbeit in Richtung Marc Chagall.
Vier Chorfesnter in der Pfarrkirche St, Raymund in Breitenberg, 2010
Sie arbeiten mit einer ganz speziellen Technik, der sogenannten Ätztechnik. Was hat es damit auf sich?
Die Bildmotive wurden auf Glas von der Firma Lamberts in einem Ätzprozess
umgesetzt. Es handelt sich dabei um eine recht gefährliche Technik, bei der das
Glas zunächst mit Wachs flächenweise abgedeckt wird. Die jeweils offenliegenden
Partien werden mit Flusssäure langsam aufgehellt. Indem ich Schritt für Schritt
Wachs wegnehme, erziele ich die malerischen Übergänge. Nach diesem Prozess
bemale ich das Bild mit schwarzer Emailfarbe. Diese wird mit einigen wenigen
anderen Farbakzenten eingebrannt.
Vielen Dank für das Gespräch.