„Es sind herausfordernde Zeiten!“ – Dieser Einschätzung konnte Biathlon-Veteranin Franziska Hildebrand am Sonntag nur zustimmen. Corona-bedingt fand der erste IBU Cup 20/21 am Großen Arbersee unter Komplettausschluss von Zuschauern und Medien statt. Darauf mussten sich alle Beteiligten erst einmal einstellen.
Die deutschen Staffel-Damen v.l. Scherer, Voigt, Deigentesch, Hildebrand
Das strikte Hygienekonzept der Internationalen Biathlon Union verlangte nicht nur nach penibel eingehaltenen Abständen, FFP2-Masken und regelmäßiger Handdesinfektion, sondern auch nach bislang 1200 PCR-Tests, die im eigens dafür angemieteten Schloss Ludwigsthal durchgeführt wurden. Herbert Unnasch, Chef des Organisationskomitees (OK) Bayerischer Wald, betonte: „Ist die Ausrichtung der Wettkämpfe sonst schon eine Mammutaufgabe, haben wir in Zeiten von Covid-19 eine ganz neue Dimension erreicht.“ Hier blieb Kritik aus der Bevölkerung nicht aus. „Dafür habe ich großes Verständnis“, meinte Unnasch. „Wir alle leiden unter den Maßnahmen des verschärften Lockdowns – jedoch gehen die Profisportler, Funktionäre, Techniker, Teams und Betreuer lediglich ihrem Beruf nach, was auch in Pandemie-Zeiten erlaubt ist.“ Umso zufriedener sei man mit dem reibungslosen Ablauf der heuer ersten Leistungsüberprüfungen im Weltcup-Unterbau: „Dies beginnt bei der Kooperation vor Ort und mit den regionalen Behörden, erstreckt sich aber glücklicherweise auch auf die sportliche Seite, die wir in diesen Tagen manchmal vielleicht gerne einmal aus den Augen verloren haben.“
Die deutschen Staffel-Herren v.l. Strelow, Schmuck, Riethmüller, Nawrath
Die Einzelrennen am Donnerstag befanden sich fest in russischer und norwegischer Hand. Tatiana Akimova, die erst kürzlich aus dem Mutterschutz zurückgekehrt war, absolvierte den 7,5-Kilometer-Sprint in 22:30 Minuten. Zehn bzw. 13 Sekunden hinter der 30-Jährigen liefen ihre Teamkolleginnen Valeriia Vasnetcova und Anastasia Shevchenko ins Ziel, während sich Marion Deigentesch vom SV Oberteisendorf über Platz vier freute. Aleksander Fjeld Andersen, sein jüngerer Bruder Filip und Sivert Guttorm Bakken hatten das Herren-Podium für sich gepachtet. Für ein mildes Déjà-vu sorgten die Protagonisten des ersten Wettkampftages am Samstag: Erneut stand Akimova gefolgt von Anastasia Shevchenko und Camille Bened ganz oben auf dem Podium. Deigentesch und Hildebrand liefen auf Platz sieben und neun ein, Norsen holte Gold über die zehn Kilometer der Herren.
Hildebrand zeigte ihre bislang beste Leistung im Staffelrennen.
Trotz einer Standstrafe gelang es auch Philipp Nawrath mit 46,8 Sekunden Rückstand auf Andersen das Treppchen zu erklimmen. Bakken wurde Dritter. Hildebrands Gefühl, dass man sich erst allmählich warmlaufen und in der neuen Situation ankommen müsse, sollte sich bewahrheiten: Während die Staffel Akimova /Vasnetcova /Goreeva /Shevchenko ihre Siegesserie festigte, kletterten die deutschen Damen mit der erfahrenen Köthenerin an ihrer Spitze auf Rang drei. Justus Strelow, Dominic Schmuck, Danilo Riethmüller und Philipp Nawrath krönten den letzten Wettkampftag dann mit der Goldmedaille.
Philipp Nawrath nach der Liegend-Schießeinlage.
Davon möchten die Organisatoren in den kommenden Tagen mehr sehen, richten sie nach dem ersten doch auch den zweiten IBU Cup im Hohenzollern Skistadion aus. „Mit den zahlreichen Athleten, Funktionären und Teams aus 42 Ländern ist es aus Infektionsschutzgründen am sichersten, den Austragungsort nicht zu häufig zu wechseln und auch unnötige Reisen zu vermeiden“, erklärte OK-Chef Unnasch. IBU-Präsident Ole Dahlin, der die Wettkämpfe erstmals vor Ort im Bayerischen Wald mitverfolgte, überreichte bereits am Sonntag die Weltverbandstrophäe für gelungene Organisation. „Wir hoffen, uns der Lorbeeren weiterhin als würdig erweisen zu können“, meinte Unnasch – und widmete den Preis allen Unterstützern und ehrenamtlichen Helfern beim Stadionaufbau, am Schießstand, im Start-Ziel-Bereich, bei der Zeitnahme, im Wettkampf- und Organisationsbüro, in der Akkreditierung, auf der Strecke, an den Verpflegungsstationen, zudem Polizei und Security, Bundeswehr, den Feuerwehren, BRK und Bergwacht sowie den Sponsoren.
Übergabe der Tophäe an Herbert Unnasch (links)