Innerhalb der Kooperation der vhs - Volkshochschule Freyung-Grafenau und der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) Ilzer Land fand kürzlich die erste Auflage der Veranstaltungsreihe „Heimat im Blick“ in der Säumerstadt Grafenau statt. Gemäß dem Slogan der ILE Ilzer Land „Ilz du mit mir gehen?“ zielt diese Veranstaltungsreihe darauf ab, Orte im Ilzer Land gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern zu begehen und die Heimat aus einem historischen und baukulturellen Blickwinkel zu betrachten.
Der Projektleiter des Handlungsfelds Innenentwicklung Johannes Dick durfte am Parkplatz gegenüber der oberen Apotheke rund 15 einheimische Personen, darunter auch vier Stadträte, begrüßen. Nach ein paar einleitenden Worten und einer kurzen Vorstellung der Veranstaltungsreihe dankte Johannes Dick besonders den beiden Rednern Willi Schindler, ehemaliger Geschäftsstellenleiter der Stadt Grafenau und ehrenamtlicher Leiter der vhs Freyung-Grafenau, sowie Dr. Klaus Bauer vom Architekturbüro APA. Willi Schindler übernahm auf dem zwei Kilometer langen Rundweg durch die Stadt den Part der Historie. Das Pendant dazu war der Blick auf die städtebauliche Entwicklung der Stadt Grafenau. Wie hat sich unsere Stadt Grafenau im Ortskern, im Herzen, verändert? Diese Frage wurde im Laufe des Spaziergangs von Dr. Klaus Bauer beantwortet. An der ersten Station, den Überresten der Stadtmauer, fand man rund um die barocke Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, deren Erbauungsdatum leider unbekannt ist, einen gelungenen Einstieg. Anschließend schritt man vorbei am ehemaligen Polizeigebäude, das seit 2014 als Finanzamt genutzt wird, den Stadtberg hinunter. Dr. Klaus Bauer verwies hier auf die Inn-Salzach-Bauweise, welche eine typische Bauform in Altstädten der Region von Inn und Salzach bezeichnet. Aber auch in Grafenau fand sie Anwendung. Dabei bilden mehrere Häuser durch Scheinfassaden und sogenannten Blendgiebeln vor dem eigentlichen Dach ein geschlossenes Ensemble. Im Zuge der bayerischen Behördenverlagerung wird aktuell an der Außenstelle des Finanzamtes München am Stadtberg gebaut. Richtung Süden schließt sich gleich das Innenentwicklungsprojekt der ILE Ilzer Land, der Campus Grafenau, an. Die Technische Hochschule Deggendorf besitzt hier eine Zweigstelle mit einem Lehrstuhl und derzeit 40 Mitarbeitern, Tendenz steigend. Durch eine der etlichen Gassen schlenderte man über die Parkgarage durch die Außenanlagen des Campus und zog Richtung Westen am Kinderspielplatz der Kirchenwiese vorbei. Die Kirchenwiese entstand aus einem Ideenwettbewerb im Jahre 2012, bevor 2014 mit dem Umbau begonnen werden konnte. Seit der Fertigstellung 2015 streckt sich eine grüne Zunge mitten durch die Stadt, auf der sich Kinder, aber auch Ruhesuchende zurückziehen können. Entlang des Fußwegs ging es in südlicher Richtung weiter. Zwischen Feuerwehrhaus und Pestsäule hielt man kurz inne, um die städtebauliche Neuordnung aus dem Jahre 2003, das neue Busbahnhofareal, zu bestaunen. Durch den Bürgergarten ging es dann hinein in den Stadtplatz. Am Luitpold Brunnen angekommen, hatte man einen außergewöhnlichen Rundblick, bei dem Freud und Leid nah beieinander lagen. Zum einen sah man das wunderbar sanierte Damminger-Haus, gefolgt vom sanierungsbedürftigen Anwesen, dem Friedl-Haus. Ansonsten präsentierte sich der gut 5.000m² große Stadtplatz von seiner besten Seite. Nun machte man sich auf den Weg zum früheren Rathaus, späteren Amtsgericht und heutiger Nationalparkverwaltung und flanierte über den Stadtplatz hinweg. Über die Freyunger Straße gelang man zum Rathaus, das schräg gegenüber vom Stadtbären bewacht wird. Der Bär wird von unzähligen Personen als Fotomotiv genutzt und ist übrigens ein Duplikat des Bären an der Frankfurter Börse. Er ist in Grafenau aber sicher nicht Index für fallende Kurse, sondern das Maskottchen einer der kinderfreundlichsten Städte Deutschlands. Über den Venusberg drang man in die Naherholungszone des Kurparks ein. Die östliche Begrenzung stellt einen natürlichen Abschluss der Altstadt dar. Man passierte die Brücke des Kurparksees und versammelte sich vor dem Kulturpavillon des Bäreals, der das notwendige Ambiente für Konzerte und Kabarettisten liefert. Nächste Station waren die hölzernen Gedenktafeln der Ehrenbürger Johann Riederer, ehemaliger Regierungspräsident, und Landrat a.D. Karl Bayer. Dem Sonnenuntergang entgegen überquerte man die Kleine Ohe und gruppierte sich ein letztes Mal an der Spitalkirche, dem südlichen Eingang der Stadt Grafenau.
Willi Schindler, ehemaliger Geschäftsstellenleiter der Stadt Grafenau und ehrenamtlicher Leiter der vhs Freyung-Grafenau, bringt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die historische Entwicklung des Kurparks näher. Dr. Klaus Bauer vom Planungsbüro APA erläuterte im Nachgang die städtebaulichen Aspekte.
Mit den abschließenden Worten von Johannes Dick wurde nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass Im Handlungsfeld Innenentwicklung der ILE Ilzer Land ständig an neuen Ideen und Projekten gemeinsam mit den Kommunen, mit Fördergebern und Privateigentümern gearbeitet wird. Das Credo der ILE lautet, das Gesicht unserer Heimat zu erhalten, Baukultur in den Blick zu bekommen und zugleich innovative Projekte umzusetzen. Der Rundweg wird auch in absehbarer Zeit digitalisiert und als 3D-Tour auf der Homepage des Ilzer Landes erlebbar sein. Für all diejenigen die nicht mit dabei sein konnten, wird es dort die Möglichkeit geben, den Weg virtuell zu beschreiten. Zum Schluss galt der Dank nochmals den beiden Referenten Dr. Klaus Bauer, der in fachmännischer Manier über die städtebauliche Entwicklung Grafenaus informierte, und Willi Schindler, der mit einigen Anekdoten zum Lachen brachte. Den Teilnehmern wurde abschließend noch ein kleines Präsent überreicht, bevor man sich in der Abenddämmerung auf den Heimweg machte.