Heute führt mich mein Weg auf verschlungenen Forstwegen, vorbei an Wiesen und Wäldern entlang der schwarzen Perle, wie man den Fluss hier auch oft nennt, die Ilz zu einem etwas verborgenen Haus. Hier, direkt am Fluss angrenzend, steht die Rosenbergersäge.
Auf dem Weg zur Rosenbergersäge an der Ilz entlang...
Schon beim Betreten des Grundstücks, das zur Säge gehört, kann man an den Bäumen Eulen erblicken, aber keine mit Federn, sondern welche aus Glas. Das Glashandwerk ist nämlich Erhard Köcks Passion, er hat in Riedlhütte seinen Traum zum Beruf gemacht und sich seine eigene kleine Glashütte aufgebaut, das „Hüttenzangl“.
Er ist, zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn, seit 2007 im stolzen Besitz der Rosenbergersäge. Ich habe mich mit ihm verabredet, damit er mir sein Schmuckstück zeigt und mir natürlich auch etwas darüber erzählt.
Die Rosenbergersäge wurde von Kaufmann, Magistratsrat, Kommerzienrat und Parlamentarier Franz Xaver Rosenberg erbaut. Bis 1913 war die Säge in Betrieb, dann wurde sie langsam abgetragen. Bis 1933 nutzte man jedoch die Wasserkraft zur Stromerzeugung. So war sie der erste Stromlieferant für den Ort Eberhardsreuth.
„Ich suchte etwas Ruhiges, Einzigartiges. Zuerst wollte ich die Säge, die mir eine Immobilienfirma angeboten hatte, gar nicht besichtigen. Doch mein Sohn ließ nicht locker. Und als ich dann nur einen kurzen Moment hier vor der Säge stand, sagte ich gleich zu meiner Frau, dass ich das Haus kaufen möchte“, erzählt mir Herr Köck, wie die Geschichte mit der Säge für ihn begann.
So kaufte er im Jahre 2007 die Säge und erfüllte sich damit seinen zweiten Traum.
Erhard Köck mit seinem Hund
Alles musste hergerichtet und erneuert werden und so baute er mit seiner Familie das Haus in fünf Jahren zu dem Schmuckstück um, das es jetzt ist. Viel Arbeit war es, aus dem alten, einfachen Gebäude ein bewohnbares Haus für seine Familie zu machen. „Viel Fleiß und viel Herzblut haben wir hineingesteckt“, so der Glasmacher. Von außen wurde das Haus jedoch kaum verändert.
Ich betrete die Wohnstube und was mir sofort ins Auge fällt ist der Kachelofen. Dieser geht quer durch die Wohnküche und auch hier sind Glaselemente miteingefasst. „Das ist der Lieblingsplatz im Winter, wenn es draußen stürmt und schneit für mich und den Hund,“ schmunzelt Herr Köck.
Der kunstvoll gestaltete Kachelofen.
Wir setzen uns auf die Terrasse. Es ist nichts zu hören, außer Vogelgezwitscher, das Plätschern der Ilz und die verschiedensten Laute der Tiere, die hier rund um das Haus wohnen. Herr Köck hält Hühner, Ziegen und bereits bei meiner Ankunft wurde ich schon von zwei Hunden mit freudigem Gebell begrüßt.
„Zuvor lebte hier Karl Hoyer“, berichtet mir der jetzige Sägenbesitzer, „Karl war der Fährmann hier, er transportierte die Wanderer von einer Seite der Ilz zur anderen für eine Mark, denn die Brücke, die das überwinden des Bachs nun sehr einfach macht, gab es damals noch nicht. Wer den Fuhrmann mit seiner Zille fotografieren wollte, musste ebenfalls eine Mark bezahlen.“ Mit den Worten „Fährmann hol über“, konnte man den damaligen Fährmann rufen und er kam mit seiner Holzzille.
Karl Hoyer lebte von 1952 bis zu seinem Tod im Jahr 2006 in der Rosenbergersäge. Er liebte die Einsamkeit und lebte als Einsiedler dort. Nach verschiedensten Kriegserlebnissen, liebte er die Abgeschiedenheit und die Natur an der Säge. Damals hatte er dort noch keinen Strom. Er verbrachte seine freie Zeit mit dem Lesen von Büchern. Neben Kühen hielt er auch Hühner und Bienen. Das Gemüse aus seinem Garten und den Honig verkaufte er einmal in der Woche auf dem Markt in Passau, die Lebensmittel brachte er mit dem Fahrrad dorthin.
„Der Fährmann war laut Erzählungen ein kleiner Schelm“, wusste Herr Köck, „einmal wollte er sein Kälbchen dem Metzger verkaufen. Er öffnete nur die obere Stalltür, zeigte ihm sein prächtiges und großgewachsenes Tier und handelte einen guten Preis aus. Jedoch stellte sich erst nach den Verhandlungen heraus, dass das Tier unten auf sehr viel Heu stand. Der Fuhrmann bekam den sehr gut ausgehandelten Preis.“ Und so gibt es einige Anekdoten von Herrn Hoyer.
„Im Keller fanden wir beim Umbau Heu, aus denen wir 800 Heuballen machen konnten“, erzählte Herr Köck.
Die alte Holzzille, mit der der letzte Fuhrmann an der Ilz noch über die Ilz fuhr, dient nun als Sandkasten für die Enkelkinder von Erhard Köck. So bleibt die Erinnerung an Karl Hoyer erhalten.
Die Ruhe die die Säge ausstrahlt, die Einsamkeit und die Nähe zu den Tieren und zur Ilz faszinieren mich.
„Ich fühle mich wohl hier“, schwärmt der Glaskünstler Köck.
Als ich nach einer Stunde in der Säge die Heimreise antrat, konnte ich das nur bestätigen. Man fühlt sich wohl dort an diesem besonderen und wunderschönen Ort.