„Kindern und Jugendlichen Chancen für ihre positive Entwicklung bieten, die das eigene Familienumfeld nur eingeschränkt leisten kann“, fasst Fachgebietsleiter Wolfgang Gaßler das Konzept der Caritas Jugendhilfeeinrichtungen in Schönberg zusammen. „Dabei erfolgt eine geschützte Unterbringung der jungen Menschen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe.“ Über eine Unterbringung entscheidet das jeweilige Jugendamt. 27 Kindern und Jugendlichen, im Alter von sechs bis achtzehn Jahren, wird kurz- oder langfristig, seit genau einem Jahr „eine Heimat auf Zeit“ vom Kreis-Caritasverband Freyung-Grafenau e.V. gegeben. Therapeutische Hilfe, heilpädagogische Förderung und ein geschütztes Umfeld sind die Schwerpunkte von St. Vito, St. Valentin und St. Christophorus.
Der Bedarf ist vorhanden und entspricht den bundesdeutschen Zahlen: In Deutschland werden jährlich 30.000 Jugendliche in Obhut genommen, etwa 87 pro Tag werden in stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe gebracht (Quelle: http://www.forschung-stationaere-jugendhilfe.de). „Unser Fokus liegt ganz klar darauf, den betroffenen Familien – Kindern und Eltern – ein erneutes Zusammenleben zu ermöglichen“, so der Geschäftsführende Vorstand im Caritasverband FRG, Josef Bauer. „Gelingt das nicht, bereiten unsere Fachkräfte die jungen Menschen intensiv auf ein selbstbestimmtes Leben vor.“
Rückblick auf ein Jahr stationäre Kinder- und Jugendhilfe
Ob durch die Kommune oder bei den Bürgern der Marktgemeinde: die Kinder und Jugendlichen der drei Wohngruppen werden seither herzlich aufgenommen, die Arbeit der Caritas in der stationären Jugendhilfe vor Ort akzeptiert und von vielen unterstützt. „Klar, anfangs hat es immer wieder einmal ‚Stolpersteine‘ gegeben“, erklärte Wolfgang Gaßler. „Mittlerweile haben wir aber ein belastbares und sehr effizientes System des Miteinanders gefunden.“ Natürlich hat die Corona-Pandemie zwangsläufig auch hier ein gehöriges „Erdbeben“ in der pädagogischen Arbeit ausgelöst. Durch den Einsatz quer durch alle Caritas-Einrichtungen im Landkreis konnte die Stationäre Jugendhilfe die Rundum-Betreuung, die für die jungen Schutzbefohlen vorgehalten werden muss, zuverlässig managen. Auch die betroffenen Familiensysteme legten viel Verständnis für die Ausnahmesituation an den Tag. „Ohne mein starkes Betreuer-Team, mit ihrem Engagement, wäre das alles über die zurückliegenden Monate gar nicht zu ‚wuchten´ gewesen!“ Dieser Einsatz verlange von jedem Einzelnen aber extrem viel ab. Von einem Fachmann werden alle sechs Wochen sogenannte Supervisionen durchgeführt, um die notwendige Fachlichkeit der Betreuer im Umgang mit den in Schönberg wohnenden Jugendlichen und Kindern sicherzustellen. Auch die jungen Menschen werden in einer Praxis in Deggendorf bei Bedarf psychologisch begleitet.
(v.re.): Sie leiten die heilpädagogischen Wohngruppen in Schönberg – Wolfgang Gaßler (Caritas Fachgebietsleiter), Julia Simon (Gruppenleitung St. Valentin), Martina Hofbauer (Gruppenleitung St. Vito, stellv. Fachgebietsleitung) und Andrea Wagner (Gruppenleitung St. Christophorus).
„Ein wirklich anstrengendes Jahr“, weiß auch Martina Hofbauer (Gruppenleitung St. Vito – Mädchen-Wohngruppe von 12 – 18 Jahren, stellv. Fachgebietsleitung). „Gerade bei Mädchen, die zu jungen Frauen werden, ist es wichtig, einen vernünftigen Umgang im Kontakt zum ‚anderen Geschlecht‘ zu vermitteln: Wo hört die Freundschaft auf und wann geht die Ausnutzung los? Viele haben diese klare Abgrenzung nicht in den Familie kennengelernt und brauchen daher eine klare positive Orientierung für ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbstwahrnehmung.“
Auch wenn die Individualität der Kinder und Jugendlichen als zentrales Maß gilt, es muss für alle drei Gruppen ein inhaltlicher pädagogischer Konsens bestehen und verlässlich umgesetzt werden: Sei es für die Schlafenszeiten, für die festen Hausaufgaben- und Lernzeiten oder die Zeiten am Mobiltelefon. „Stabilität ist so wichtig, damit die Kids auch wirklich ‚wachsen‘ können!“, sagt Andrea Wagner, Gruppenleitung in St. Christophorus (Jungen-Wohngruppe, 12 bis 18 Jahre).
Die Gruppenleitung von St. Valentin für Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis 14 Jahren, Julia Simon, bringt es auf den Punkt: „Fördern und dabei doch nicht überfordern, das ist der Spagat, den es täglich zu erfüllen gilt!“
Wo soll die Reise hingehen?
Mit Herbst 2020 soll in Schönberg nun ein Familienappartement entstehen. Hier werden dann Eltern und Bezugspersonen ihre jungen Familienmitglieder besuchen können. „Corona hat uns da einen Strich durch die Planung gemacht. Aber jetzt sieht es sehr gut aus, dass wir den Ansatz auf eine enge Elternarbeit wirklich auch verbessern können“, freut sich der Caritas Chef Josef Bauer. „Es geht darum, einen etwas ‚privateren Rahmen‘ des Umgangs in einem ansprechenden Umfeld zu ermöglichen.“ Dafür sind bereits viele hochwertige Möbelspenden eingegangen.
Ein weiterer Schwerpunkt der FRG-Jugendhilfe: Mit dem 18. Geburtstag fallen die jungen Erwachsenen aus der Betreuungsleistung durch die öffentliche Hand heraus. Während der Lehre brauchen sie aber häufig noch etwas sozialpädagogische Betreuung, um den Start in die Selbstständigkeit zu schaffen. Allerdings wird diese Betreuungsmöglichkeit vom Staat nur noch stundenweise finanziert. Auch hierfür muss eine machbare Lösung vom Wohlfahrtsverband gefunden werden.
Mit einer großzügigen Spende für Spielgeräte half die Stiftung „Aktion Hilfe für Kinder“ über die schweren Zeiten des Lockdowns hinweg.
Wünsche für die Zukunft
Über staatliche Förderungen werden nur die notwendigsten Dinge mitgetragen. Damit sind Einrichtungen der stationären Jugendhilfe auch immer wieder auf Spenden angewiesen. St. Christophorus wendet sich deshalb mit einem Spendenmailing an die Öffentlichkeit, um den jungen Menschen mit dem Schwerpunkt „Mountainbiking“ eine positive Persönlichkeitsbildung und den Ausbau von Sozialkompetenzen näher bringen zu können. Dafür braucht es natürlich ein entsprechendes Gefährt und die richtige Schutzkleidung. Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen, Bezug zur Natur zu finden, Risiken richtig abzuwägen lernen und durch spielerische Weise sich körperlich zu betätigen sollen bei der erlebnispädagogischen Freizeitgestaltung gefördert werden. Wolfgang Gaßler: „In summa kommen da natürlich einige hundert Euro für jeden Jugendlichen zusammen. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir Firmen und Einzelpersonen finden, die dafür eine Patenschaft übernehmen werden.“
Die Ergebnisse der Vergangenheit geben ihm Recht: Ob Spielzeugspende für die Kleinen, Schikurs, Ferien in Österreich, Besuch am Pferdehof oder die neue Gartengestaltung. „Diese Projekte wären ohne die finanzielle Mitwirkung unserer Unterstützer nicht in die Realität umzusetzen gewesen! An dieser Stelle noch einmal ein großes Vergelt´s Gott!“