Die Bevölkerung im Landkreis Freyung-Grafenau kauft für rund 134 Millionen Euro jährlich außerhalb des Landkreises ein – in der Gegenrichtung kann der Handel im Landkreis rund 17 Millionen Euro aus anderen Regionen anziehen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse einer Studie zu den Kaufkraftströmen in Niederbayern und Oberösterreich, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Niederbayern am Dienstag in Waldkirchen vorgestellt hat. In den Kaufkraftabflüssen stecken mittlerweile immerhin rund 14 Millionen Euro, die in den Onlinehandel fließen. „Angesichts dieser Werte ist es wichtig, in der Bevölkerung für eine Bewusstseinsbildung zu sorgen. Jeder Euro, der nicht in der Region bleibt, tut unserer Wirtschaft weh“, erläutert der Vorsitzende des IHK-Gremiums Freyung-Grafenau, Alois Atzinger, das Ergebnis. Die Folge, so Atzinger: Örtliche Händler und Dienstleister kommen in Bedrängnis, Arbeitsplätze fallen weg und in der Folge veröden die Ortskerne.
Genauer untersucht wurde in den drei Städten Freyung, Grafenau und Waldkirchen unter anderem die so genannten Kaufkrafteigenbindung – das ist der Anteil der Kaufkraft in einer Gemeinde, die auch tatsächlich in den Geschäften vor Ort ausgegeben wird. Alle drei Städte liegen hier im überregionalen Vergleich im Mittelfeld, Grafenau hat mit 74 Prozent die höchste Eigenbindung, Freyung und Waldkirchen liegen nur knapp dahinter. Bei Waren des täglichen Bedarfs wie etwa Lebensmittel kommt Grafenau sogar auf 93 Prozent.
Ausbaufähig ist teilweise die Flächenproduktivität, also der Umsatz je Quadratmeter Verkaufsfläche in den Geschäften. Waldkirchen liegt mit 2.976 Euro Umsatz pro Quadratmeter zwischen Grafenau (3.278 Euro) und Freyung (2.740 Euro). Zum Vergleich: In Oberösterreich sind es 3.690 Euro pro Quadratmeter.
(v.l.): Alois Atzinger, Vorsitzender des IHK-Gremiums Freyung-Grafenau, Michael Seidel, CIMA Beratung + Management GmbH, Heinz Pollak, 1. Bürgermeister der Stadt Waldkirchen, Martin Frank, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern, Sebastian Gruber, Landrat im Landkreis Freyung-Grafenau.
„Die Städte brauchen den Handel“, lautet das Fazit von Atzinger zu der Studie. „Wir müssen daher gemeinsam daran arbeiten, noch vorhandene Potenziale zu heben und die Regionalität zu stärken.“ Er denkt dabei an die Stadtentwicklung und ein Mehr an Qualität im Handel. Beständig neue Handelsflächen auf der grünen Wiese zu schaffen, sei hingegen der falsche Weg.
Die Kaufkraftstudie wurde von der IHK Niederbayern, der WKO Oberösterreich sowie
dem Land Oberösterreich in Auftrag gegeben und mit EU-Mitteln aus dem INTERREG-Programm Bayern-Österreich finanziert. Im Zeitraum von Oktober 2013 bis Juli 2014
hatte dafür die CIMA Beratung + Management GmbH insgesamt 18.630 Haushalte in Niederbayern, Oberösterreich und den angrenzenden Gebieten zu ihrem Einkaufsverhalten befragt.