Einen neuen „Aufbruch jetzt!“ für die Region wollen die niederbayerischen Landräte, das haben sie auf ihrer Sitzung am Mittwoch im Nationalparkzentrum Bayerischer Wald, Hans-Eisenmann-Haus, in Neuschönau (Lkrs Freyung-Grafenau) festgelegt. Niederbayern muss weiter in Sachen Wirtschaft, Digitalisierung, Forschung und Bildung selbstbewusst gegenüber den Metropolregionen auftreten und dort, wo es nötig ist, die entsprechenden Fördergelder in die Region holen, betonte der neue Bezirksvorsitzende Sebastian Gruber, Landrat von Freyung-Grafenau. Er hatte seine Amtskollegin und Amtskollegen – darunter den Präsidenten des Bayerischen Landkreistages Landrat Christian Bernreiter – zur Tagung des Bezirksverbandes Niederbayern des Bayerischen Landkreistages in seinen Landkreis eingeladen. Zum Thema Fördergelder erläuterte der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im Europaparlament MdEP Manfred Weber den Landräten die laufenden Verhandlungen in Brüssel und die Chancen, die er für die Grenzregionen sehe. Weber versprach die Anregungen der niederbayerischen Landräte mit nach Brüssel zu nehmen. „Der Termin heute kommt genau richtig“, erklärte Weber, weil man derzeit vor wichtigen Schlüsselentscheidungen zur Verteilung der EU-Fördergelder stehe.
Zum Thema Fördergelder erläuterte der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im Europaparlament MdEP Manfred Weber (Mitte) den Landräten die laufenden Verhandlungen in Brüssel und die Chancen, die er für die Grenzregionen sehe, links der Bezirksvorsitzende der niederbayerischen Landräte Sebastian Gruber, rechts der Präsident des Bayerischen Landkreistages Landrat Christian Bernreiter.
Niederbayern habe vieles erreicht in den vergangenen knapp zehn Jahren, da waren sich die Landräte einig. 2011 hatten sie die niederbayerischen Landräte die Initiative „Aufbruch jetzt! Niederbayern.“ gestartet, unter dem damaligen Bezirksvorsitzenden und heutigen Präsidenten des Bayerischen Landkreistages Christian Bernreiter, Landrat in Deggendorf. Sie entstand als Antwort auf eine Prognose des Zukunftsrats der Bayerischen Staatsregierung, die Niederbayern eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung voraussagte. Die Initiative sei sehr erfolgreich gewesen, resümierte Bezirksvorsitzender Sebastian Gruber. Jetzt, knapp zehn Jahre danach, sei es an der Zeit die Effekte zu evaluieren und dort nachzusteuern, wo Niederbayern noch Potential hat aufzuholen. Gruber sah hier beispielsweise bei der Verkehrsinfrastruktur durchaus noch unerledigte Aufgaben. Das Thema Hochschulen müsse man trotz vieler Fortschritte weiter im Auge behalten und die Corona-Krise habe gezeigt, dass man gerade im Bereich der Verwaltung und der Schulen in Sachen Digitalisierung noch einiges aufzuholen habe. Die Kommunen und allen voran die Landkreise müssten generell darauf achten, dass sie nicht auf den Kosten der Krise sitzen bleiben. Bernreiter zeigte sich aber optimistisch, dass man hier in Verhandlungen mit dem Freistaat und dem Bund gute Ergebnisse erzielen werde. Gerade jetzt müssten die Kommunen mit Investitionen und Impulsen vorangehen, um die Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern. Dazu brauche es aber auch die entsprechende Unterstützung von Bund und Land. So müssten etwa die Kompensationen für die Gewerbesteuerausfälle umlagefähig sein, damit auch die Landkreise und Bezirke etwas davon haben.
In seinen Heimatlandkreis Freyung-Grafenau – ins Hans-Eisenmann-Haus im Nationalpark – hatte der Bezirksvorsitzende der niederbayerischen Landräte Sebastian Gruber die niederbayerischen Landräte sowie seine Amtskollegin Landrätin Rita Röhrl (Regen/3. v. r.) und MdEP Manfred Weber (Mitte vorne) geladen: (von links) Landrat Raimund Kneidinger (Passau), Regierungspräsident Rainer Haselbeck, Landrat Peter Dreier (Landshut), Landrat Werner Bumeder (Dingolfing-Landau), Landrat Michael Fahmüller (Rottal-Inn), Präsident des Bayerischen Landkreistages Landrat Christian Bernreiter (Deggendorf), Landrat Josef Laumer (Straubing-Bogen), Dr. Johann Keller von der Geschäftsstelle des Bayerischen Landkreistages und Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich.
Mittelfristig, da waren sich die Landräte einig, werden aber auch einige Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden müssen. „Wir können sicher nicht in allen Bereichen so weitermachen wie bisher“, so Gruber.
Man müsse genau hinschauen, was man sich noch leisten könne und was nicht.
Die Pandemie habe auch gezeigt, wie brüchig manches im Verhältnis zu den Nachbarn in Europa noch sei, so Gruber. Er wünschte sich hier mehr Engagement vom Bund, um die deutsch-tschechischen und vor allem bayerisch-tschechischen Beziehungen aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen. Corona habe die Bemühungen um Jahre zurückgeworfen, hier bedürfe es nun noch stärkerer Anstrengungen. Manfred Weber pflichtete bei. „Gerade die Grenzregionen, in denen das Zusammenwachsen Europas immer sehr hautnah gelebt wird, sind durch die Grenzsperren von der Corona-Krise überdurchschnittlich hart betroffen gewesen“, so Weber. Der EU-Parlamentarier hat deshalb eine Initiative gestartet, mit deren Hilfe die Grenzregionen in besonderer Weise vom Corona-Wiederaufbaufonds im Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro profitieren könnten. Weber denkt dabei unter anderem an niederschwellige Wirtschaftsförderinstrumente, grenzüberschreitender Mobilitäts- und Infrastrukturmaßnahmen, Aufbau eines gemeinsamen Arbeitsmarktes bis hin zu einer Förderung der Sprachbildung und der Vertiefung von Partnerschaften. „Daraus können bürgernahe, grenzüberschreitende und für die jeweilige Region wichtige Projekte möglichst unbürokratisch gefördert werden“, sagte Weber. Der niederbayerische Europaabgeordnete begrüßte die Initiative der Wiederauflage der Initiative „Aufbruch jetzt! Niederbayern.“ und erläuterte, dass mit den speziellen Corona- Geldern auch Spielraum für Kreativität im Rahmen dieser Initiative gegeben sei.