Die Geschichte der Grafenauer Therme beginnt mit einem Aprilscherz im Jahre 1951, führt zu einer kostspieligen Probebohrung Ende der 1960er Jahre bis sie schließlich 1986 eine Ende findet. Eine wahrlich skurrile Episode in der Historie der Bärenstadt.
Am 31.3.1951 berichtete der Grafenauer Anzeiger, dass man bei Bohrungen in der Nähe der Badeanstalt, mit denen man weiteren Trinkwasservorkommen auf die Spur kommen wollte, eine Heißwasserquelle entdeckt hatte. Dadurch würde die Stadt den Titel „Bad“ führen dürfen. Vom Verkauf eines „Grafenauer Bärenstrudel“ bis zur Berieselung des südlichen Schwaimberges mit Warmwasser, was zu einer positiven Klimaveränderung für Grafenau führen würde, sowie der Errichtung eines Kurareals im Bereich des Ohetals reichten die damals gesponnenen Ideen, die sich jedoch schon am nächsten Tag als Aprilscherz der Redaktion herausstellten.
Der 6. Sinn
Ende der 1960er Jahre entsprang das heiße Wasser nicht mehr den Phantasien eines Zeitungsredakteurs, sondern es sollte tatsächlich in den Tiefen des Grafenauer Untergrunds fließen. Man vermutete ein riesiges mineralhaltiges Wasservorkommen in den Schichten des Bayerischen Pfahls. Ein Wünschelrutengänger aus dem Rottal hatte den damaligen Bürgermeister Ernst Loibl und seinen Amtmann Franz Ranftl auf das heilkräftige Wasser hingewiesen. Der „Experte“ schritt dazu das in Frage kommende Gebiet ab und versuchte durch den Rutenausschlag die Grenzen des zukünftigen Reichtums abzustecken. Als für eine Probebohrung geeignet wurde der städtische Bauhof angesehen, der sich damals hinter dem Postamt befand.
Loibl, dem es maßgeblich zugeschrieben wurde, geldige Berliner scharenweise in den Bayerischen Wald gelockt zu haben, sah sich und den sechsten Sinn seines Wünschelrutengängers dem Spott der wirklichen Experten beim Geologischen Landesamt in München ausgesetzt. Der Tankstellenbetreiber Loibl ließ sich jedoch nicht so schnell von seinem Vorhaben und Glauben abbringen, schließlich betrachtete er sich schon als zukünftigen Thermalquellen-Wart. Deshalb wandte er sich an das Landshuter Gebrüderpaar Haberzettl. Die Geophysiker bestätigten die Thesen des Rutengängers. Sie vermuteten die Therme in einer Tiefe von 680 Metern und vermittelten sogleich auch die Bohrfirma. Und auch der Geologe Dr. Böcher referierte vor dem Stadtrat, dass im Umkreis des Pfahls mit Wasser zu rechnen sein, man aber ohne Versuchsbohrung keine sicheren Angaben zu darin enthaltenen Bestandteilen machen könne. Zu guter Letzt entschlossen sich Bürgermeister und Stadtrat im Dezember 1968, in einer Bürgerversammlung zu beraten, ob die Stadt das Risiko einer Probebohrung eingehen solle. Mit großer Mehrheit stimmte die Bürgerschaft für die probeweise Erschließung der Heißwasserquelle. Im April 1969 begannen schließlich die Probebohrungen auf dem Grund des Bauhofes.
- Das Bohrloch von Grafenau -
Probebohrung zur Erschließung einer Therme; Quelle: Archiv Stadt Grafenau
Nichts als Bohrwasser
Im Sommer 1969 bestätigte auch Prof. Dr. Georg Fischer die Möglichkeit der Erschließung einer Therme. Damit war die Voraussetzung geschaffen, nämlich das positive Gutachten eines von den Fachbehörden anerkannten Wissenschaftlers, um staatliche Zuschüsse oder günstige Darlehen zur Finanzierung der Bohrung zu erhalten.
Im Herbst 1969 und bei einer Tiefe von 541 Metern stellte man jedoch die Bohrung ein. Die Untersuchung der zu Tage geförderten Bohrkerne ergab, dass der Gesamtgehalt an gelösten und festen Mineralstoffen mit ca. 126 mg/l weit unter dem für Heil- und Mineralquellen geforderten Mindestwert von 1.000 mg/kg lagen. Damit war auch nicht mehr mit Zuschüssen der öffentlichen Hand zu rechnen. Und die Stadt Grafenau und ihre Bürger hatten sich ein nasses, aber wenig nachhaltiges Vergnügen für satte 112.735 DM geleistet.
- der Wunsch nach einer Therme Grafenau -
Der Bohrmeister und seine beiden Helfer; Quelle: Archiv Stadt Grafenau
Ein letzter Versuch
Doch wer glaubt, die Geschichte sei hier zu Ende, der irrt gewaltig. Im Januar 1986 beauftragte der Stadtrat den damaligen Bürgermeister Gerhard Töpfl, Erkundigungen über die Kosten eines geologischen Gutachtens für eine Thermalbohrung sowie über Fördermöglichkeiten einzuholen. Der sehnlichste Wunsch vieler Grafenauer, am Kurparksee auch das dazugehörige Kurhaus zu schaffen, hatte die im Bohrwasser ertrunkenen Hoffnungen der Probebohrung von 1969 wieder aufkeimen lassen. Doch diesmal fand der Spuk ein schnelles Ende. Willi Schindler, der ehemalige Geschäftsleiter der Stadt Grafenau, schreibt dazu kurz und knapp in einer E-Mail an die Redaktion: „Ich selbst war (…) mit dem damaligen Bürgermeister Gerhard Töpfl beim Geologischen Landesamt in München bei einem gewissen Dr. Gudden, der uns nochmals deutlich machte, dass ein Auffinden von Thermalwasser in Grafenau wohl aussichtslos sei. Daraufhin wurde die Angelegenheit endgültig beerdigt.“