Der kleine Ort Finsterau (Gemeinde Mauth) im Bayerischen Wald hat unter den besten paralympischen Wintersportlern so etwas wie Kultstatus erreicht. Als Gastgeber für Weltcupveranstaltungen und sogar Weltmeisterschaften hat sich der Ort nahe der tschechischen Grenze aufgrund seiner Professionalität aber auch seiner großartigen Willkommenskultur weltweit in der Szene einen hervorragenden Ruf erarbeitet.
In diesem Winter stehen die Finsterauer wieder in den Startlöchern und bereiten sich auf das nächste Großevent vor:
Kürzlich besuchte eine schwedische Delegation aus Östersund den SV Finsterau, Veranstalter der einzigen deutschen Station im Para-Nordic Weltcup im kommenden Februar. Die Gäste wollten von dem Finsterauer Organisations-Komitee Näheres über die Organisation einer Para-Nordic-Weltmeisterschaft wissen. Dabei ging es nicht nur um den allgemeinen Ablauf, man informierte sich auch bis ins Detail über den genauen Ablauf im Biathlon, die Anzahl der benötigten Helfer und welche technischen Anforderungen bewältigt werden müssen. Nach dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ war den erfahrenen Fachleuten des SV Finsterau keine Frage zu viel oder zu kompliziert. Gerne gaben sie ihr Wissen an die extra angereisten Frauen und Männer aus dem hohen Norden weiter.
Gemeinsam mit ihren Helfern empfingen Christian Eder (2.v.l.) und Karl Eder (3.v.r.) die Delegation aus Schweden.
Vor dem Besuch der Delegation wurde mit dem SV-Vorsitzenden Christian Eder, dem Wettkampfleiter Karl Eder sowie seiner Stellvertreterin und Ehefrau Sylvia über den Stand der Vorbereitungen ein Interview geführt. Der Countdown läuft für den Para-Nordic Ski Weltcup in Finsterau. Vom 1. bis zum 9. Februar 2020 zeigen die weltbesten Sportler mit Handicap ihr Können im Langlauf und Biathlon. Bereits seit April laufen die Vorbereitungen beim Organisationskomitee auf Hochtouren.
Ist der SV Finsterau gerüstet für den Weltcup 2020?
Christian Eder: Das bewährte Team steht schon in den Startlöchern. An die 400 Helferinnen und Helfer bringen sich seit Jahren ehrenamtlich ein. Das ist mehr als bewundernswert. Wir haben auch die Streckenführung noch einmal optimiert. Die Zeitmessung entspricht dem neuesten Stand der Technik. Die Athleten finden mit unserem modernen Stadion und dem WM-Stadl eine optimale Infrastruktur vor. Wenn es nach uns geht, braucht es nur mehr zu schneien und es kann losgehen.
Karl Eder: Wir stehen im ständigen Kontakt mit dem deutschen Nationaltrainer Ralf Rombach und dem IPC, International Paralympic Committee. Die Anzahl der Wettkämpfe ist bereits bekannt. Es sind je drei Biathlon- und Langlauf-Wettkampftage geplant. Von den Streckenposten, den Kampfrichtern bis hin zum Strecken- und Stadionchef stehen alle bereit.
Warum ist der SV Finsterau perfekter Ausrichter für paralympische Veranstaltungen?
Sylvia Eder: Wir haben ein perfekt eingespieltes Team. Da weiß jeder, was er zu tun hat. Man kann von etwa 40 tragenden Säulen mit viel Erfahrung sprechen. Sie bringen sich seit Jahren voll ein und opfern auch für die Wettkämpfe einen Teil ihres Urlaubs. Hervorzuheben ist auch, dass wir 18 eigene Wettkampfrichter, darunter fünf Frauen, für die Rennabwicklung aufbieten können. Das dürfte wohl einmalig sein! Auch in der Hinsicht ist Finsterau eine Hochburg.
Wie viele Athleten werden zum Weltcup erwartet?
Karl Eder: Wir rechnen mit rund 120 Sportlern mit Handicap. Darunter auch wieder die russische Nationalmannschaft. Sie ist nach der abgelaufenen Dopingsperre wieder startberechtigt und stellt allein 50 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Die Anzahl stellt uns vor große Herausforderungen. So müssen gemäß Vorgabe des IPC allein 29 Wachscontainer bereitgestellt werden.
Wie die Organisatoren, so fiebern auch die Sportler mit Handicap dem Großereignis entgegen.
Und aus deutscher Sicht? Wie sind da die Chancen auf Spitzenplätze?
Karl Eder: Da haben wir einige Hochkaräter. Sie haben bei Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften eine Fülle von Medaillen gewonnen. Die blinde Clara Klug mit ihrem Guide Martin Härtl wird im Langlauf und Biathlon um Spitzenplätze kämpfen. Vorne erwartet werden auch die Schlittenfahrer Martin Flaig, Anja Wicker oder die älteste und erfahrenste Wettkämpferin Andrea Eskau. Sie gehören zu den Aushängeschildern in der Szene.
So ein Weltcuprennen ist auch eine finanzielle Herausforderung. Wie schafft das der SV Finsterau?
Christian Eder: Gott sei Dank stoßen wir bei vielen Unternehmen aus der Region immer auf offene Ohren. Sie unterstützen uns finanziell, mit Baumaterial oder Fahrdiensten. Um eine Dimension zu nennen: Wir sprechen bei so einer Veranstaltung von einem Umsatz der bei über einer halben Million Euro liegt. Das ist für so einen kleinen Verein, einem ehrenamtlichen Veranstalter, schon ein Gewaltakt.
Der Weltcup wird mit der Eröffnungsfeier am Freitag, 31. Januar, starten. Gibt es diesbezüglich schon Details?
Christian Eder: Es ist eine Freude und ein Erlebnis, wenn die vielen Nationen ins Stadion einziehen. Die Vorbereitung ist vorbei. Jetzt wird man sehen, ob wir alles gut geplant haben. Besonders freuen wir uns auf die Schirmherrin des Weltcups in Finsterau: Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, ist von Geburt an blind. Als Biathletin und Langläuferin wurde sie zwischen 1995 und 2011 mehrfache Olympiasiegerin und Weltmeisterin.