Forschung am Puls der Zeit

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15.02.2019
Freyung

Wenn man in den Nachrichten hört, Wissenschaftler hätten Fortschritte gemacht in der Entwicklung des autonomen Fahrens oder ein neues Gerät erfunden, dann denkt man, die forschen bestimmt in München oder gar im Silicon Valley. Aber die Schülerinnen und Schüler des W-Seminars „Physical Computing“ vom Gymnasium Freyung haben genau das getan: ein Jahr lang geschraubt, getüftelt, programmiert und eigene technische Ideen mit viel Kreativität und Forschergeist verwirklicht.

Alessio Argentieri beispielsweise hat ein Fahrzeug gebaut, das Hindernisse erkennen und diesen selbstständig ausweichen kann. Inspirieren lassen hat er sich dabei von heutzutage in Autos verbauten Einparkhilfen und dem digitalen Testfeld auf der Autobahn München-Ingolstadt. Sein Gefährt hat Alessio mit Sensoren ausgestattet, die einen Ultraschallton aussenden. Eventuelle Hindernisse reflektieren diesen Ton, am Fahrzeug angebrachte Lautsprecher nehmen diese Reflexion auf, ein im Auto verbauter Mini-Computer errechnet mit der Hilfe des Tons den Abstand und sendet ein entsprechendes Signal an die Vorderreifen. Ist eine Linkskurve nötig, um dem Hindernis auszuweichen, blockiert das linke Vorderrad, so dass nur das rechte Vorderrad sich noch bewegt.

Ebenfalls ein fahrbares Gefährt entwickelte Sebastian Bloch. Sein Roboter bewegt sich auf lediglich einer Achse vorwärts und muss daher ständig sein Gleichgewicht neu ausbalancieren. Ein Drehsensor nimmt wahr, wie sehr die Räder sich neigen. Aus diesem Messwert errechnet eine Arduino genannte Plattform, um wie viel Grad eine Gegenbewegung notwendig ist, damit das Fahrzeug nicht umfällt. Sebastians Idee ist es, mit diesem Gefährt hohe Ladungen zu transportieren. Was beim Fortbewegungsmittel Segway der Mensch macht, soll hier automatisch das Fahrzeug selbst hinbekommen.

 

Eine eher für die private Nutzung gedachte Idee hat Stephanie Betz verwirklicht. Sie hat ein Rotationsdisplay gebaut, das in blauer Farbe das Wort „Hallo“ erscheinen lässt. Ein Motor dreht dazu zwei verbaute sog. Neopixeldisplays – erreichen diese eine bestimmte Drehfrequenz, wird der einprogrammierte Text sichtbar. Stephanie überlegt, im nächsten Schritt das Programm so umzuschreiben, dass die Uhrzeit angezeigt wird. Da das allerdings sehr aufwändig ist, wird sie erst nach dem Abitur dafür Zeit finden.

Aufgrund seiner Vorliebe für grüne Bonbons hat Lukas Bumberger eine Farbsortiermaschine gebaut. Diese immer mühsam aus der Packung heraussuchen zu müssen, das kann man sich mit seiner Erfindung sparen. Denn schüttet man einfach alle Bonbons oben in den Trichter, schafft es sein Gerät, die Farben pink, lila, gelb und natürlich grün voneinander zu unterscheiden und eben nach Farben getrennt unten wieder auszuspucken. Das Geheimnis sind ein im Gerät verbauter Farbsensor und ein damit verknüpfter Arduino, dem Lukas das Farbspektrum quasi beigebracht hat. Je nach Farbwert gibt der Arduino den Befehl zum Verstellen einer Rutsche im Innern – und das untersuchte Bonbon plumpst in die richtige Schale.

Wetterprognosen will zukünftig Simon Lankl mit der von ihm gebauten Online-Wetterstation erstellen. Drei Sensoren messen Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Luftdruck, Höhe und Helligkeit. Die Wetterstation verbindet sich automatisch mit dem lokalen Netzwerk und jeder, der beispielsweise mit seinem Handy in diesem Netzwerk eingeloggt ist, kann über eine bestimmte Webseite die Daten abrufen.

Eine sehr aufwändige Konstruktion ist die von Elias Lerchl. Als Vorlage dienten ihm gängige Verfahren bei CNC-Fräsen oder im 3D-Druck. Seine Zeichenmaschine vermag es nämlich, Graphiken, die ihr als digitale Informationen eingespeist werden, eigenständig aufs Papier zu bringen. Die Rechenleistung, die der von Elias programmierte Arduino dabei leisten muss, ist erheblich. Denn der muss die Zeichenarme gleich in drei Richtungen ansteuern: zwei Motoren für die x- und y-Achse und einen Servo-Motor für die z-Richtung, also die Höhe. Von vornherein muss auch eingestellt werden, wie groß die Zeichenfläche sein soll und mit welcher Geschwindigkeit gezeichnet wird.

Noch künstlerischer ist die Idee von Anna-Lena Madl: Sie hat einen LED-Würfel konstruiert. Die darin verbauten Lämpchen können zwar nur blau leuchten. Aber das Muster mit dem Namen „Rain“, in welchem sie das tun, hat Anna-Lena programmiert – und das ohne bisherige Vorkenntnisse in Informatik. Als besonders knifflig empfand sie das Verlöten der einzelnen Lämpchen mit Silberdraht und das Herstellen einer Schablone, so dass alle Ebenen des Würfels identisch aufgebaut sind und gleichmäßige Effekte entstehen können. Um ihren optischen Ansprüchen Genüge zu leisten, hat Anna-Lena zudem eine Holzkiste zum Standfuß umgebaut und Bastlerglas für die Hülle zurechtgeschnitten.

Auch ein auf den ersten Blick harmloser viereckiger Kasten ist die Entwicklung von Markus Meyerer. Doch die auf der Oberseite angebrachten Tasten und das Display verraten es: hier handelt es sich um ein großes Spielzeug! Markus hat nämlich das berühmte Spiel „Tetris“ im Großformat nachgebaut. Der Schüler schrieb einen Code, der nacheinander per Zufall Blöcke in acht verschiedenen Farben und Formen auf das Spielfeld rieseln lässt. Per Tastensteuerung entscheidet der Spieler, wo und in welcher Form der Stein unten abgelegt werden soll. Eine volle Reihe verschwindet vom Bildschirm und der Spieler erhält 100 Punkte. Ein kleines Display oberhalb der Tasten zeigt den aktuellen Punktestand und das Endergebnis an.

Bei Christoph Pramls Entwicklung geht es um aktive Bewegung: sein Gimbal Marke Eigenbau ist ein Gestänge, das auf drei Achsen aufgebaut ist und dafür sorgt, dass sich die in der Mitte verbaute Kamera immer in der Geraden befindet. Anders gesagt stabilisiert das von ihm entwickelte Gerät auf elektronische Weise und vollautomatisch das Aufnahmegerät. Sensoren messen die Abweichungen von der Horizontalen, berechnen, wie die sich an den Achsen verbauten Motoren drehen müssen, um die Neigung auszugleichen, und senden entsprechende Befehle aus, so dass die Kamera immer geradeaus aufnimmt. Die drei Achsen sind also dafür da, die Richtungen vor/zurück, hoch/runter und links/rechts auszugleichen. Im Fernsehen kann man den Einsatz solcher Gimbals z. B. bei Fußballübertragungen sehen.

Matthias Reischl hat eine Art automatisch spielendes Klavier gebaut. Es besteht aus vier Touch-Stiften, an jedem hängt ein eigener Motor. Wann der Stift sich senken soll, weiß der Motor aufgrund der Programmierung, die Matthias vorgenommen hat: Erscheint auf dem Display des Tablets, das man unter den Automaten legt, eine schwarze Taste, bewegt sich der Stift nach unten, ansonsten bleibt er auf halber Höhe in seiner Ausgangsposition. Ein Sensor leitete die entsprechende Information an den verbauten Arduino weiter und dieser steuert wiederum die Motoren an. So kann man sich Melodien mit einem Tonumfang von bis zu vier Tönen vorspielen lassen, ohne selbst einen Finger rühren zu müssen!

Stefan Christoph, langjähriger Physiklehrer am Gymnasium Freyung und Initiator des Seminars, zeigt sich auf die Leistungen seiner Schülerinnen und Schüler sichtlich stolz: „Sie haben es geschafft, eine zunächst nur virtuelle Idee in die reale Welt zu übertragen. Ihre Geräte interagieren mit unserer Umwelt und haben alle das Potenzial für weitergehende Entwicklungen.“

Wer sich also für technische Innovationen auf dem Gebiet des „Physical Computings“ interessiert, braucht nicht in die Ferne zu schweifen, sondern muss sich lediglich die Arbeiten der Freyunger Schülerinnen und Schüler anschauen!


- DT


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