Das Wolfauslassen erfreut sich im Bayerischen Wald einer großen Tradition und Beliebtheit. Ja, es herrscht zwischen den vielen kleinen Dörfern eine Art Rivalität, welche Gemeinschaft mehr Leute zur Teilnahme an dem Brauch, den Gang von Haus zu Haus und das gewaltige Glockenläuten begeistern kann. Früher nahm man die alten Kuhglocken der Bauern - heute gibt es davon nur noch wenige, sie sind kaputt oder zu klein. Metallbauer Thomas Lukas aus Raindorf, einem Ortsteil von Kirchberg im Wald, hatte ein Einsehen und fertigt seit einigen Jahren Glocken in verschiedenen Größen für die eifrigen Wolfauslasser aus dem Bayerischen Wald.
Herr Lukas, wie viele Glocken fertigen Sie im Jahr?
Ach, das ist ganz unterschiedlich und hängt natürlich von der Nachfrage ab. Die ist aber ganz gut, da das Wolfauslassen, das Brauchtum bei uns sehr gepflegt wird weiterhin. Letzten Winter habe ich bestimmt um die 100 Glocken gefertigt.
Gibt es verschiedene Größen und damit Gewichte der Glocken?
Ja, ich produziere Glocken in der Größe von 20 bis 90 cm, bei einer Stahlstärke von etwa drei mm. Die Glocken wiegen zwischen einem und 55 kg. Bei uns machen ja schon die kleinen Kinder mit, da braucht es auch leichte Glocken.
Wo haben Sie das Glockenbauen gelernt? Oder ist einem das als Metallbauer in die Wiege gelegt?
Keineswegs. Das ist schon eine Kunst für sich. Ein Arbeitskollege hatte früher hobbymäßig Glocken für das Wolfauslassen gefertigt. Dem habe ich dann Pläne und Zuschnitte abgekauft und mich in die Materie eingearbeitet.
Wie schaut der Herstellungsprozess im Detail aus?
Ich nehme eine Stahlblechplatte und reiße darauf die Form der Glocke ab. Diese Form schneide ich dann mit der Flex aus. Es folgt das Biegen und Aufstellen der Seitenwände. Dieses Gebilde schraube ich dann an der Werkbank fest und stelle das Blech um die Längsachse auf. Dann verniete ich den Glockenkörper. Den Glockenschwengel fertige ich aus Eisenrundstahl, der Bommel wird aufgeschweißt. Am Ende wird die Glocke noch galvanisch gelb-verzinkt. Das macht optisch mehr her und dient dem Schutz vor Rost.
Vielen Dank für das Gespräch.
Traditionell am Vorabend des Martinitages findet das Wolfauslassen in Kirchberg im Wald seinen Höhepunkt, wenn sich die „Wölfe“ aus den umliegenden Dörfern treffen. Seit 1964 wird der Brauch des Wolfauslassens bereits gepflegt. Bis Mitte der 1960er Jahre gab es rund um Kirchberg noch "Hiater". Zu Martini hatte das Hüten sein Ende gefunden, und das Vieh war in den heimischen Ställen zurück. Die Viehhüter holten sich den Lohn für ihre Dienste bei den Bauern ab und versuchten, den kargen Lohn für ihre Arbeit mit dem Hirtaspruch aufzubessern. Getreu den Gepflogenheiten ihrer Vorfahren schepperten sie mit den Glocken des Weideviehs und schnalzten mit den "Goißln", obwohl es damals schon keine Wölfe mehr in der Gegend gab. Dennoch wird die Tradition des Wolfauslassens bis heute in vielen Gemeinden im Bayerischen Wald weitergeführt. In den kleinen Dörfern und Ortsteilen rund um Kirchberg im Wald findet das Wolfauslassen bereits eine Woche vor Martini statt. Jede einzelne Gruppe mit ihren Glocken heißt Wolf. Der Wolf zieht von Haustür zu Haustür, der Hirte sagt seinen Spruch auf, danach ertönt das gewaltige Glockengeläut. Jung und Alt, Mädchen und Buben, alle in den Dörfern nehmen an diesem Brauchtum begeistert teil, ehe man schließlich im Wirtshaus gemütlich feiert.
Hirtaspruch:
„Kimmt da Hirt mit seiner Girt;
hod des Johr mid Freid ausghirt;
27 bis 28 Wocha is a lange Zeit;
hod se da Hirta af Martini g’freid;
da Hirta is gsprunga über Distl und Dorn; hod‘n sakrisch in d‘ Zehan gfroan; kimmt a hoam, steht a blaue Supp in da Rehrn sogt a wos von an bessan Essn; haud‘n Bäurin ei in’d Fressn; sogt da ebbs von an druckan Ko; haut‘n da Bauer hintre afs Loh; herd ar an Bauern in d‘Kammer springa, werd er wohl an Taler aussabringa, a Taler is no ned gnua, ghert no a weiß Stickl Broud dazua, Drum haue ejtz mei Gart am Tisch, dass wissts, dass moang Martini is!“ „Buam – hats oizam do? Geht koaner mehr o? Riegelts enk!“