Einerseits leiden viele Handwerksbetriebe in der Region unter einem beachtlichen Fachkräftemangel. Unter anderem, weil viele junge Menschen eine akademische Ausbildung bevorzugen. Und andererseits kann man feststellen, dass immer mehr Menschen sich wieder den traditionellen alten Handwerksberufen verschreiben. Oft in einer beruflichen Nebentätigkeit, oft aber auch im Haupterwerb. Martin Engl aus Regen sagt von sich selbst, dass er schon als Bub mit dem Taschenmesser in der Hose aufgewachsen ist. Heute fertigt er in seiner Werkstatt hochwertige Lederwaren und Messer.
Herr Engl, Sie arbeiten mit traditionellen Werkzeugen, Sattlermesser und Ahle mit langer Vergangenheit. Woher beziehen Sie diese und warum verwenden Sie nicht neuwertige Werkzeuge?
Das ist ganz einfach - das alte Werkzeug geht nicht kaputt. Das ist qualitativ so hochwertig, da macht das Arbeiten noch mehr Freude. Und irgendwie inspiriert das auch, wenn man weiß, da haben Handwerker schon vor 50 oder 70 Jahren damit gewerkelt. Viele Werkzeuge habe ich von einem Schuster bekommen, ebenso die alte Singer-Nähmaschine. Er hat mir eine Einführung gegeben, wie ich den Faden einziehen muss oder Störungen behebe. Zuweilen finde ich altes Werkzeug auch auf Flohmärkten oder im Internet.
Geben Sie uns bitte einen Einblick in Ihre handwerklichen Tätigkeiten.
Das geht los mit banalen Reparaturen. Leute kommen zu mir mit einem Ledergeldbeutel, den sie sich vor Jahrzehnten haben machen lassen und an dem sie hängen. Das sind wirklich einzigartige Stücke, da steckt Qualität drin. Oder ich repariere den Reißverschluss eines Stiefels. Viele Leute bringen mir ihr Rossgeschirr, an dem Riemen gerissen sind oder Nähte nicht mehr intakt sind. Als passionierter Harley-Fahrer fertige ich natürlich besonders gern Satteltaschen oder Ledersitze. Ich arbeite Namen und Bilder ins Leder ein. Das Punzieren erfolgt im Blankleder. Danach färbe ich das Leder. Immer öfter kommen auch Wolfauslasser zu mir in die Werkstatt. Die brauchen Riemen für ihre schweren Glocken, die sie sich um die Hüften hängen. Da muss ich mit vier bis fünf Schichten Leder arbeiten, damit die Glocke und Riemen auch stabil miteinander verbunden sind.
Messern gehört eine Ihrer weiteren Leidenschaften.
Ja, schon als kleiner Bub faszinierten mich Taschenmesser. Ich fertige Messer aus alten Materialien, aus Plattfedern und Feilen. Allen meinen Messern sieht man im Endzustand immer noch an, was es ursprünglich war. Die Griffe mache ich aus Palisander, Walnuss oder Hirschhorn, die weißen sind aus Kamelknochen. Die Lederscheiden mache ich aus Rindsleder.
Sie haben sich ganz bewusst gegen einen Online-Vertrieb Ihrer Produkte entschieden, warum?
Weil ich einen engen Bezug zu meinen Produkten habe und somit auch einen persönlichen Bezug zu meinen Kunden haben will. Meine Produkte erzählen Geschichten. Ich bevorzuge es deshalb, wenn die Kunden zu mir in die Werkstatt kommen und ich denke, die Kunden schätzen das auch. Oft bin ich auch auf Töpfer- oder Kirwa-Märkten mit meinem Sortiment vertreten.
Vielen Dank für das Gespräch.