Im Rahmen des Projekts „LandArztMacher“, dessen Ziel es ist, angehende oder junge Mediziner für das Leben als Landarzt zu begeistern, fand am Maria Himmelfahrtstag eine umfangreiche gemeinsame Rettungsübung der Bergwachtbereitschaften Grafenau und Wolfstein, die zusammen den Einsatzleitbereich Nationalpark bilden, statt.
Den rund 30 teilnehmenden angehenden Medizinern sollte so die Möglichkeit geboten werden, sich hautnah über die Arbeit der Bergwacht, die praktikable präklinische Diagnostik und Versorgung eines Patienten in der freien Natur, also außerhalb des vertrauten Klinikumfelds mit hochspezialisierter Technik und Schockraum, zu informieren.
Die Gruppe macht sich an den Aufstieg zum Lusengipfel.
Start der gut zweistündigen Wanderung war für die zukünftigen Mediziner an der „Waldhausreibe“. Über die Glasarche ging es zu den Blauen Säulen, weiter zum Marktfleckl und von dort zum Lusengipfel.
Während der Wanderung bekamen die Teilnehmer von Christine Schopf, Rangerin des Nationalparks, viel Interessantes und Informatives über Natur und Umwelt geboten, während die begleitenden Bergretter über die Arbeit der Bergwacht Bayern informierten.
Auf dem steilen und steinigen Anstieg vom Marktfleckl zum Lusengipfel „passierte“ es dann: ein Teilnehmer klagte über Herzprobleme und verletzte sich dabei zusätzlich am Bein. Eine Teilnehmerin, die Hilfe holen wollte, stolperte und stürzte. Dabei zog sie sich Verletzungen an Kopf und Handgelenk zu.
Der Herzpatient wird erstversorgt.
Die Bergretter, die in diesem Fall bereits samt Equipment auf dem Lusengipfel auf ihren „Einsatz“ gewartet hatten, machten sich unverzüglich auf den Weg zu den Verunglückten. Während die eine Gruppe den „Herzpatienten“ versorgte, kümmerte sich die zweite Gruppe um die „verletzte“ Frau.
Nachdem man sich einen ersten Überblick verschafft hatte, wurde für beide Patienten jeweils sofort ein Notarzt nachalarmiert.
Die Studenten sehen bei der Versorgung der beiden Verletzten zu.
Beim Herzpatienten machte man sich mittels EKG und Bestimmung der Sauerstoffsättigung des Blutes ein genaueres Bild über seinen Zustand . Bis zum Eintreffen des Notarztes wurde ihm eine Infusion angehängt, „Medikamente“ wurden verabreicht und Sauerstoff zugeführt. Gleichzeitig wurde die Beinverletzung versorgt.
Die Patientin wird für die Luftrettung vorbereitet.
Bei der gestürzten Frau wurde zunächst die stark blutende Kopfwunde versorgt und der Arm geschient. Da der Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma bestand, „forderte“ Einsatzleiter Matthias Stockbauer einen Hubschrauber mit Rettungswinde an. Bis zu dessen Eintreffen bereitete die Luftretterin Katrin Kerschbaum von der Bergwacht Wolfstein sich und die Patientin auf den Luftrettungseinsatz vor und erläuterte dabei den Studenten das Vorgehen und den weiteren Ablauf.
Der Heli kam zufällig geflogen.
…und um das Szenario noch echter wirken zu lassen, half der Zufall mit. Genau in dem Moment flog ein Heli über den Unfallort!
Im Ernstfall würde man, wenn Witterung, Lichtverhältnisse und Verfügbarkeit es zulassen, auch für den Herzpatienten einen Hubschrauber anfordern. Doch es bestand – so die Übungssituation - kein Flugwetter, so dass er im Bergesack mit der Gebirgstrage und am Seil gesichert mit Hilfe eines Flaschenzuges zum Lusengipfel transportiert werden musste. Bei der aktuellen Wettersituation sehr schweißtreibend und kräfteraubend, aber auch in der Realität durchaus vorstellbar.
Die Seilsicherung wird gebaut.
Die gesamte Versorgung des Herzpatienten wurde von Christian Kerschbaum, Bereitschaftsleiter der Bereitschaft Wolfstein, anschaulich und interessant kommentiert und erklärt.
Obwohl die Bergretter bereits voll ausgerüstet auf dem Gipfel auf die „Alarmierung“ gewartet hatten, dauerte der Einsatz vom Eintreffen beim Patienten bis zu seiner Ankunft am Lusengipfel über eine Stunde.
Die Gebirgstrage wird samt Bergesack zum Verletzten gebracht.
„Im Ernstfall müsste man jedoch mindestens eine Stunde bis zum Eintreffen beim Verletzten sowie mindestens eine weitere Stunde bis zur Übergabe an den Rettungsdienst dazurechnen“ meinte Einsatzleiter Stockbauer anschließend.
Insgesamt waren bei dieser Übung mit zwei Schwerverletzen 20 Bergretter im Einsatz und zusätzlich ca. 100 Zuschauer, in diesem Fall absolut nicht unerwünscht, am Gipfel dabei.
Die Studenten packten mit an.
Nach der „geglückten“ Rettung der Verletzten und deren „rascher Genesung“ wurde unter dem Gipfelkreuz ein Gruppenfoto zur Erinnerung gemacht. Anschließend brachte man die Ausrüstung gemeinsam zum Lusenschutzhaus, verstaute sie in den Bergwachtfahrzeugen und beschloss mit einem gemeinsamen Mittagessen und einem gemütlichen Abstieg über den Winterweg nach Waldhäuser den Tag.
Zum Abschied überreichte Christian Kerschbaum noch jedem der Studenten das Buch „Notfall in Natur und Gebirge“, herausgegeben von der Bergwacht Bayern.
Abschließendes Gruppenfoto unterm Gipfelkreuz.
Einsatzleiter Matthias Stockbauer fasste die Einsatzübung so zusammen:
- Trotz aller zu umschiffenden Problemchen waren alle Beteiligten der Meinung, dass die Übung super gelaufen ist.
- Die Studenten haben sich intensiv an der Veranstaltung beteiligt.
- Gerade dem Bergwachtnachwuchs hat es trotz der Schinderei sehr viel Spaß gemacht
- und: ab den ersten Metern unterhalb des Gipfels wird – wenn möglich – nur noch gewincht!