Was empfinden Geflüchtete unterschiedlicher Nationen als „typisch deutsch“? Darf man einer Studie des „Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ glauben, so ist „typisch deutsch“ ein fester Arbeitsplatz, der nicht nur das tägliche Brot auf den Tisch bringt, sondern eine gesicherte Zukunft ermöglicht. Gänzlich abseits des öffentlichen Bewusstseins leisten, so IQ-Netzwerkmanagerin Eva Meidinger von der Kreisentwicklungsgesellschaft ARBERLAND REGio GmbH, viele deutsche Unternehmen Basisarbeit in Sachen Integration und gelebte Willkommenskultur. Zu ihnen gehören auch die Polymerspezialisten der REHAU AG & Co KG.
In zwei Werken am Standort Viechtach produziert der regionale „Global Player“ Kunststoffteile und -beschichtungen für die Bau- bzw. Automobilbranche. Zur 1.100-köpfigen Belegschaft gehören auch Yasir Iqbal und Enoma „Eddie“ Endurance. Erst kürzlich konnten die beiden angehenden Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik ihre Zwischenprüfungen mit einem - wie Ausbildungsleiter Roland Wiesinger lobt - „super Ergebnis“ ablegen: „Eddie, der in seiner Heimat Nigeria als Elektroingenieur gearbeitet hat, war bei den Prüfungen sogar besser als einer der deutschen Lehrlinge.“
„Weil Die Verständigung mit den beiden mittlerweile so gut klappt, vergisst man oft, wie viel Mehraufwand und Energie im Erlernen eines berufsbezogenen Deutsches stecken“, meint Wiesinger weiter. Yasir, der in den ersten Jahren nach seiner Ankunft massive Sprachprobleme hatte, besuchte nach den initialen Angeboten Deutsch-Aufbaukurse, die er aus eigener Tasche bezahlte. Auf diesem Wege lernte er den ehemaligen Werksleiter und freiwilligen Deutschlehrer Albert Dirnberger kennen. „Er ermutigte mich zur Bewerbung bei REHAU“, denkt Yasir zurück. Die beiden Lehrlinge sind sich einig: „Wir haben hier in Viechtach viel Unterstützung bekommen. Die Firma hat sogar bei der Ausweisbeschaffung und Wohnungssuche geholfen.“
Yasir Iqbal, Ausbildungsleiter Roland Wiesinger und Enoma „Eddie“ Endurance
Wie bereits bei einem anderen Auszubildenden mit Fluchthintergrund, der sich aktuell im dritten Lehrjahr befindet, waren es für Roland Wiesinger soziale Gedanken, die dazu führten, den beiden jungen Männern eine Lehrstelle anzubieten: „Geflüchtete und Migranten müssen sich gebraucht fühlen und ‚mitmachen‘ können“, meint er. Ein weiterer Aspekt sei der vorherrschende Fachkräftemangel bzw. Bewerberrückgang gewesen. Was Wiesinger aber nicht verhehlen möchte: „Die bürokratische Seite kann es durchaus in sich haben! Bis man beim pakistanische Konsulat in Frankfurt den richtigen Ansprechpartner ermittelt und so ein junger, alleinstehender Mann ein Dach über dem Kopf hat, braucht es mitunter viel Zeit und Nerven.“
Gelohnt habe es sich allemal: „Unsere Auszubildenden sind wirklich mustergültig und ich denke, dass der Kontakt mit Eddie und Yasir auch positiv für die Kollegen war. Es wurden Berührungsängste abgebaut und man kam durch die gemeinsame Arbeit leicht ins Gespräch. So gelingt Integration fast automatisch. Ähnlich motivierte und lernbegeisterte junge Menschen würde ich jederzeit wieder einstellen wollen.“