Freyung/Grafenau. Vögel zwitschern. Schmetterlinge flattern zwischen jungen Bäumchen, mächtigen Giganten und mit Pilzen überwucherten Totholzstämmen umher. Im Hintergrund macht sich noch das Rauschen eines Bergbaches bemerkbar. Die urwaldähnliche Stimmung wird nur von einem mechanischen Dröhnen durchbrochen, das sich plötzlich vom Waldboden gen Himmel ausbreitet. Verantwortlich dafür ist eine Hightech-Drohne. Ihr Auftrag: Nach mit Buchdruckern befallenen Fichten suchen. Der Feldversuch in den Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava soll dabei helfen, künftig in Wirtschaftswäldern und im Randbereich des Nationalparks ein kostengünstiges Management des in ganz Eurasien verbreiteten Buchdruckers – einer Borkenkäferart – zu ermöglichen.
Koordiniert wird das internationale Projekt mit dem Namen BarkBeeDet – was für bark beetle detection, also Borkenkäfererkennung, steht – vom Institut für angewandte Informatik am Technologie Campus in Freyung. Ziel der grenzüberschreitend tätigen Arbeitsgruppe, der auch Forscher der Universität Budweis sowie der beiden Nationalparkverwaltungen angehören, ist es, mit Borkenkäfern befallene Bäume möglichst frühzeitig erkennen zu können.
In den Naturzonen der Großschutzgebiete dürfen die Insekten als natürlicher Bestandteil der Fauna die Walddynamik beeinflussen und so als Motor der Biodiversität wirken. In fichtendominierten Wirtschaftswäldern sind Buchdrucker jedoch ein Problem. Massenvermehrungen der kleinen Tierchen sorgen Jahr für Jahr für enorme wirtschaftliche Schäden. In der ungestörten Nationalparkumgebung soll nun ein Rezept dagegen entwickelt werden. Die Wissenschaftler setzen dabei auf die Hilfe spezieller Hyperspektral- und Thermalkameras sowie auf Laserscanner.
Die eingesetzte Technik soll aus der Luft erkennen, wann Borkenkäfer eine Fichte besiedelt haben. Dafür erfassen die an den Drohnen angebrachten Messsysteme spektrale Daten, also Bereiche des Lichts, die für das menschliche Auge nicht erkennbar sind, aber sehr viel über den Zustand von Pflanzen verraten können. So lassen sich nicht nur sehr genaue 3D-Modelle von Waldstücken anfertigen, sondern auch detaillierte Analysen einzelner Bäume. Die eingesetzten Hyperspektralkameras stellen das Licht zum Beispiel nicht wie üblich in drei, sondern in über 125 verschiedenen Farben dar, was eine sehr feine Abstufung des von den Pflanzen reflektierten Sonnenlichts ermöglicht. Diese genaue Unterscheidung soll letztendlich auch die Erkennung eines Buchdruckerbefalls mit ermöglichen.
Rajan Paudyal vom Technologiecampus Freyung mit der Hightech-Drohne, die nach Fichten sucht, die mit dem Buchdrucker befallenen sind.
Bisher können von den Insekten befallene Bäume aus der Luft mit herkömmlichen Kameras erst in einem sehr späten Befallsstadium erkannt werden – durch die dann verfärbten Kronen. Zur effektiven Eindämmung eines Befalls in Wirtschaftswäldern sollte dieser aber sehr frühzeitig entdeckt werden, damit die besiedelten Fichten schnell aus dem Bestand entfernt werden können. Eine schnelle Erkennung des Borkenkäferbefalls ist derzeit aber nur durch rechtzeitige Erfassung des herabfallenden Bohrmehls am Fuß des Baumstammes möglich. Dies ist jedoch sehr zeit-, personal- und somit kostenintensiv. Wird die Bohrmehlkontrolle nur stichprobenartig erledigt ist sie zudem sehr fehleranfällig.
Die aktuelle von der EU mit Interreg-Mitteln geförderte Forschung soll diese Probleme aus der Welt schaffen. Die Forscher wollen durch den Drohneneinsatz einen Weg finden, möglichst frühzeitig, flächendeckend und günstig Borkenkäferflächen zu identifizieren.
Das Forschungsprojekt wird voraussichtlich bis Mitte 2020 andauern. Bis dahin werden auf zwei je einen Hektar großen Testflächen im Nationalpark Bayerischer Wald und im Nationalpark Šumava intensiv Daten gesammelt. Die Drohnen sind dafür schwerpunktmäßig von Mai bis Juli im Einsatz. Um aussagekräftiges Material zu sammeln, wird nach Möglichkeit sogar mehrmals täglich geflogen. Nur so kann der Verlauf der Buchdruckerbesiedlungen exakt analysiert werden.