Seit mehr als 20 Jahren ist Sepp Eder als Fotograf tätig, seit dem Jahr 2000 zusammen mit seiner Frau Christel im gemeinsamen Fotostudio in Grafenau. Die Portrait- und Werbefotografie sind die Steckenpferde der beiden Fotografen sowie ihrer Kollegin Carina Müllner. Im Interview mit WAIDLER.COM sprechen sie über das Handwerk Fotografie in einer digitalisierten Welt. Wobei der Mensch immer im Vordergrund steht.
Was ist die Herausforderung bei der Portraitfotografie, worauf ist bei der Werbefotografie zu achten?
Christel Eder: Die Portraitfotografie ist ja mehr als das Drücken des Auslösers. Unsere Arbeit beginnt schon weit vorher. Nehmen wir das Beispiel Fotos für eine Bewerbung. Da raten wir dem Kunden, verschieden farbige Blusen oder Hemden mitzubringen. Passen die Schuhe zum Outfit? Sitzt die Frisur? Die Kommunikation mit dem Kunden, die persönliche Beratung spielt eine zentrale Rolle. Was dann wiederum Auswirkung auf die Wahl des Bildausschnitts und des Bildformats hat. Ebenso wie die Position, auf die sich die Person bewirbt. Das beeinflusst den Hintergrund, die Stimmung, die Pose, die Ausleuchtung. Ein Bewerbungsfoto für einen Banker sieht anders aus als das für einen kreativen Beruf. Da hat man andere Spielräume, kann markante Gesichtszüge betonen, etwas lässigere Posen fotografieren, die Individualität der Person dezidierter herausstellen. Auch beispielsweise, indem man als Location mal eine Außenaufnahme wählt. Also es ist ganz wichtig, auf jeden Menschen individuell einzugehen, um herauszufinden, wie die Person am besten wirkt. Das soll natürlich, echt aussehen, nicht „gmanklt“. Und das betrifft selbstverständlich auch alle anderen Genres der Portraitfotografie, wie etwa Fotos von Kindern, Haustieren, Familien, Taufen, Feierlichkeiten, Hochzeiten oder das klassische Passfoto.
Sepp Eder: Hinsichtlich der Werbefotografie würde ich sagen, dass der technische Aufwand hier höher ist als bei der Portraitfotografie, in der mehr Spontaneität und Kreativität gefragt sind. Bei der Werbefotografie nutzen wir Kameras mit einer höheren Auflösung, der Beleuchtung kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Produkte müssen attraktiv in Szene gesetzt werden, eine Verpackung darf nicht spiegeln oder Falten werfen. Wir können das heute vor Ort beim Kunden sehr gut kontrollieren mit der Hilfe von Laptop oder Tablet. Das ist zum Vorteil des Kunden oder der Agentur, die uns beauftragt. Wir erstellen in diesem Bereich auch Firmenreportagen, in der Menschen, Produktionsabläufe und Gebäude dokumentiert werden. Diese Fotos finden dann Eingang in Broschüren oder in die Homepage des Kunden. Bei Außenaufnahmen setzen wir immer öfter auch unsere Drohne ein.
Christel Eder: Wir verfügen übrigens auch über eine eigene interne Model-Kartei. Die haben wir über die letzten Jahre mit Amateur-Models angelegt, die wir bei Bedarf gerne an Kunden vermitteln.
Das klassische Passbild stirbt wohl immer mehr aus, oder?
Sepp Eder: Nein, ganz und gar nicht. Fotos für Pässe und Visa braucht man selbstverständlich auch heute. Und unser Fotostudio kümmert sich für den Kunden um die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Bei Passfotos betrifft das vor allem die Biometrie, also Größe, Ausschnitt und Position. Bei Visafotos handelt es sich etwa um länderspezifische Vorgaben hinsichtlich der Größe: Fotos für ein USA-Visum müssen z. B. 5 mal 5 cm groß sein.
Geballte Fotografenpower (v.l.n.r.): Carina Müllner, Sepp und Christel Eder
Die Entwicklung der Fotos hat sich in Zeiten der Digitalisierung entscheidend verändert. Wie läuft das konkret ab?
Christel Eder: Seit 2002 passiert im Fotostudio Eder nichts mehr analog. Das, was früher nach dem Shooting im Labor vor sich ging, geschieht seitdem alles am Computer. In Anwendungen wie Lightroom und Photoshop. Mit Lightroom optimieren wir zunächst Parameter wie Helligkeit, Tonwert, Kontrast und Farbe. Mit Hilfe von Photoshop retuschieren wir, verändern den Zuschnitt, passen die Auflösung an - je nachdem für welches Medium die Aufnahme vorgesehen ist, Print oder Online - oder versehen das Bild mit speziellen Effekten.
Vielen Dank für das Gespräch.