Vom Bayerischen Wald ins bevölkerungsreichste Land der Welt: Stefan Berger ist diesen Schritt gegangen. Er lebt und arbeitet in Mumbai, Indien. Seine Bande in die Heimat sind nie gerissen, regelmäßig schaut er bei seiner Familie und seinen Freunden, den Kani-Kämpfern, vorbei.
Wo sind Sie in der Region aufgewachsen?
In Waldkirchen.
Wo sind Sie jetzt? Was machen Sie dort?
Seit einem Jahr bin ich (wieder) in Mumbai, Indien, wo ich für die im Jahr 1868 gegründete Tata-Gruppe arbeite. Davor war ich in Großbritannien, München und 2013 bereits schon einmal für ein Jahr in Mumbai. Die Tata-Gruppe ist ein weltweit aktives Unternehmen mit 700.000 Mitarbeitern und über 100 Milliarden Euro Umsatz. Die Familie Tata hat einen Großteil der Unternehmensanteile in eine Stiftung eingebracht, so dass zwei Drittel des Unternehmensgewinns für wohltätige Zwecke ausgeschüttet werden. Ich bin bei der Muttergesellschaft Tata Sons für Strategie sowie M&A (Fusionen und Unternehmensübernahmen) zuständig.
Dr. Stefan Berger neben der Statue des Unternehmensgründers
Was ist Ihr Lieblingsort in der alten Heimat?
Für mich persönlich ist der Garten meiner Eltern einer der schönsten Orte in der Heimat, besonders im Frühjahr. Außerdem bin ich sehr gerne mit dem Mountainbike rund um Waldkirchen unterwegs. Es gibt immer wieder neue Touren zu entdecken.
Welcher Ort fasziniert Sie in Ihrer neuen Heimat?
Es ist nicht unbedingt ein spezieller Ort, sondern immer wieder aufs Neue die Größe und unglaubliche Vielfalt Indiens. In Indien leben 1,3 Milliarden Menschen und in Mumbai allein geschätzte 30 Millionen – mehr als doppelt so viele wie in ganz Bayern!
Straßenszene Mumbai
Was schätzen Sie an der Mentalität in der alten Heimat?
Die ruhige, herzliche Art der Menschen und dass Freundschaften dauerhaft gepflegt werden, besonders mit den Waldkirchner Kani-Kämpfern.
Welche neuen, für Sie persönlich wertvollen Charaktereigenschaften haben Sie bei Menschen an Ihrem aktuellen Lebensmittelpunkt kennengelernt? Was ist komplett anders?
Die Inder, egal ob reich oder arm, gehen mit einer großen Gelassenheit und Geduld durchs Leben. Selbst im berüchtigten Stau von Mumbai, wenn man für 20 km auch schon mal drei Stunden brauchen kann. Und Inder sind Meister im Improvisieren. Befremdlich wirken dagegen manchmal die Gleichgültigkeit vieler Inder gegenüber der großen Armut im Land und die krassen Gegensätze, an denen sich auch niemand stört: Mumbai beherbergt den größten Slum Asiens und gleichzeitig steht in Mumbai das teuerste Einfamilienhaus der Welt (600 Millionen Euro Baukosten).
Unternehmenszentrale Tata (Bombay House)
Wie viel Heimat steckt noch in Ihnen? Kommen Sie manchmal zurück, um aufzutanken?
Da ich regelmäßig in Europa zu tun habe, schaffe ich glücklicherweise alle 6-8 Wochen einen Besuch in der Heimat. Diese Besuche sind nach dem ganzen Lärm und Chaos von Mumbai jedes Mal wie Urlaub.
Wenn Sie Ihre Heimat-Liebe in Worte fassen sollen, dann sagen Sie ...?
... voller Stolz, dass ich Waldkirchner bin – auch nach vielen Jahren auswärts.
Vielen Dank für das Gespräch.