Die Schöne und das Biest

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01.06.2017
Grafenau

Grafenau. Seit Jahrzehnten entwickeln sich die Naturzonen des Nationalparks Bayerischer Wald zu ursprünglichen Naturwäldern der Zukunft. Mit dafür verantwortlich sind zahlreiche Borkenkäferausbrüche, die im Kern des Schutzgebiets ungehindert ablaufen können. Neue Forschungsergebnisse zeigen nun, dass diese Entwicklung der gefährdeten Mopsfledermaus sehr gelegen kommt.
Dass viele totholzbewohnende Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in den Naturzonen des Nationalparks einen neuen Lebensraum finden, wurde bereits vielfach aufgezeigt. Die neu entstehenden lichtdurchfluteten Wälder machen diesen Schub für die Biodiversität möglich. Oftmals weniger klar nachweisbar war bisher die Reaktion von Arten, die nicht direkt an Totholz gebunden sind.
Die Mopsfledermaus etwa ist eine europaweit geschützte Fledermausart, die Wälder von Italien bis nach Finnland bewohnt. Die auf den Fang von Nachtfaltern spezialisierte Fledermaus zieht ihre Jungen in alten und toten Bäumen auf. Im Gegensatz zu vielen anderen Arten nutzt sie dafür allerdings keine alten Spechthöhlen, sondern Freiräume unter abstehender Rinde.

Die seltene Mopsfledermaus quartiert sich im Bayerischen Wald oft in abstehenden Rinden von Fichten ein, die zuvor von Borkenkäfern befallen wurden.
Die seltene Mopsfledermaus quartiert sich im Bayerischen Wald oft in abstehenden Rinden von Fichten ein, die zuvor von Borkenkäfern befallen wurden.

Auf Borkenkäferflächen im Bayerischen Wald wurde nun von Mitarbeitern des Freiburger Instituts für angewandte Tierökologie in Zusammenarbeit mit dem Nationalpark untersucht, wie die Mopsfledermaus auf Änderungen in der Waldstruktur reagiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mopsfledermaus in Borkenkäferflächen häufiger auf die Jagd geht als in ungestörten Waldbereichen.
Das liegt wohl daran, dass durch die Auflichtung mehr Beute verfügbar ist.
Quartiere für die Aufzucht der Jungtiere – Wochenstuben genannt – fanden die Forscher im Rahmen der Studie ausnahmslos unter Rindenschuppen von Fichten, die von Borkenkäfern zum Absterben gebracht wurden. Häufig wählen die Muttertiere Quartiere aus, die von vitalen Bäumen umgeben sind, da diese Deckung und somit Schutz gegen natürliche Feinde wie dem Waldkauz bieten. Im Durchschnitt waren die Fichten mit Wochenstuben deutlich dicker, als benachbarte Fichten. Dies bestätigt die Bedeutung von dicken, alten Bäumen für den Naturschutz – nicht nur für Holzbewohner wie Käfer und Pilze.

Das Nationalparkprinzip „Natur Natur sein lassen“ hat dieser geschützten Säugetierart also zahlreiche neue Kinderstuben und Jagdreviere verschafft. So zeigt auch dieses Beispiel auf, wie wichtig großflächiger Prozessschutz für die Natur ist - und wie die schöne Fledermaus vom vermeintlichen Biest, dem Borkenkäfer, profitiert.


- SB


Nationalparkverwaltung Bayerischer WaldGrafenau

Quellenangaben

Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald

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