Gumpenried. Morgens früh um zehn, da ist die Welt vielerorts noch in Ordnung. Für die Bootsfahrer am schwarzen Regen ist diese Uhrzeit mehr als in Ordnung, denn ab zehn Uhr darf bei entsprechendem Wasserstand der Fluss zwischen Gumpenried und Viechtach befahren werden. Nachdem das Bootfahren ein durchaus beliebter Sport ist, der vor allem auch bei Kindern und Jugendlichen gut ankommt, haben auch die Kommunale Jugendarbeit und der Kreisjugendring Schlauchboote im Verleih. Nachdem diese Gefährte wildwassertaugliche Rafts sind, können diese nur mit Vorwissen ausgeliehen werden. Damit möglichst viele Jugendgruppen die Ausleihmöglichkeit haben, bietet die Kommunale Jugendarbeit jährlich einen Bootskurs an. Betreut wird dieser von Andreas Peter, einem ehrenamtlichen Referenten und passionierten Rafter.
Gruppenbild vor der Abfahrt mit Elisabeth und Andreas Peter
Andreas Peter begrüßt die Teilnehmer nahe der Einstiegsstelle in Gumpenried. Dort hat er, zusammen mit seiner Frau Elisabeth, bereits den Bootsanhänger geparkt und die Helme und Schwimmwesten ausgepackt. Das Boot kommt zuletzt aus dem Hänger und dann beginnt die Schulung. Vorab weist er auf die Bootsverordnung des Landkreises Regen hin. „Hier ab Gumpenried darf man ab 10 Uhr fahren und ab 18 Uhr muss man vom Fluss sein“, betont Peter. Normalerweise dürfe man auch nicht mit so großen Booten fahren. „Wir haben uns eine Sondergenehmigung geholt.“ Mit dieser darf mit den Booten der Kommunalen Jugendarbeit und des Kreisjugendringes am Schwarzen Regen gefahren werden.
Die Bootsfahrer müssen mit anpacken, das Boot wird zum Fluss getragen.
Der 42-jährige Ausbilder kann an diesem Tag lediglich sieben Teilnehmerinnen begrüßen, drei weitere wären angemeldet gewesen, sind aber nicht gekommen. „Kein Problem“, sagt Peter, „dann fahren wir eben mit einem Boot.“ Freundlich begrüßt er die Teilnehmer. „Wir Bootsfahrer duzen uns“, sagt er und schon geht’s los mit der eigentlichen Schulung. Andreas Peter erklärt den Teilnehmerinnen zunächst den Aufbau des Bootes und die wichtigsten Dinge, die es zu beachten gilt. „Das Boot darf nicht über den Boden gezogen werden, denn wenn man das macht, kann es leicht beschädigt werden“, weiß er und überhaupt weist er darauf hin, wie leicht das Boot an Land beschädigt werden kann. „Es ist für das Wasser geschaffen und im Wasser kann es eigentlich nicht kaputt gehen“, betont er. An Land lauern aber verschiedene Gefahren, die meisten davon hat ein Laie nicht im Blick. Das beginnt schon beim Aufpumpen. Das Boot hat mehrere Kammern, diese werden nacheinander mit einer Handpumpe befüllt. Zunächst aber nicht ganz voll gemacht. Das Raft ist so aufgebaut, dass wenn im Wasser eine Kammer beschädigt würde, dann würden die anderen Kammern sich soweit ausdehnen, dass das Boot problemlos ans Ufer gesteuert werden kann. „Damit diese Zwischenwände nicht beschädigt werden, müssen wir die Kammern zunächst nur teilweise füllen und in einer zweiten Pumprunde dann auf Druck bringen.“ Sind die Kammern auf Druck, dann kann das Raft ins Wasser.
Alle Frauen im Boot – Andreas Peter hat das Raft noch am Seil
Die Teilnehmer müssen das Boot zum Wasser tragen. „Gemeinsam ist das kein Problem“, sagt Andreas Peter. Doch bevor es soweit ist, bekommen die Mitfahrer jeweils eine Schwimmweste, einen Helm und ein Paddel. „Auch am Regen, der eigentlich nicht gefährlich ist, macht das Tragen von einem Helm und einer Weste Sinn“, betont der Experte, denn sollte jemand ins Wasser fallen, dann besteht immer die Gefahr, dass man mit dem Kopf auf einem Stein landet. Wichtig ist auch, dass ein Bootsfahrer das Paddel in der Hand behält. „Ohne Paddel ist man auf dem Boot wertlos“, schmunzelt Andy, macht so aber deutlich, dass jeder eine Aufgabe in einem Boot hat.
Volle Fahrt voraus, das Boot nimmt Fahrt auf.
In Schwimmwesten verpackt, die Helme aufgesetzt, das Paddel im Boot, machen sich die Teilnehmer mit dem Boot auf dem Weg zum Fluss. Als Guide am Boot wird heute Elisabeth Peter unterwegs sein. Somit macht sich ein nur mit Frauen besetztes Boot auf den Weg von Gumpenried nach Gstadt. Auf dem Fluss hat immer der Steuermann das Kommando. „Wir werden das Fahren üben, das heißt, dass jede Teilnehmerin ein Stück weit das Boot steuern wird“, sagt Elisabeth bevor es losgeht. Die Teilnehmerinnen finden rasch einen Platz. Gesessen wird auf den Außenwülsten des Bootes, die Füße kommen in Fußschlaufen, „so fällt keiner leicht raus.“ Wichtig ist, dass gemeinsam gepaddelt wird. Während der Steuermann hinten sitzt und mit seinem Paddel das Boot lenkt, macht die Mannschaft die Geschwindigkeit. „Eine ruhige Fahrt ist nur möglich, wenn möglichst synchron gepaddelt wird“, betont Elisabeth Peter und auch dies werden die Teilnehmer in den nächsten zwei Stunden üben.
Ein letztes Mal kräftig paddeln, das Boot steuert aufs Ufer zu.
Auf dem Fluss erfahren die Fahrerinnen auch einiges über das Verhalten am Boot. „Wir fahren durch eine Naturlandschaft in der viele seltene Tiere leben. Mit etwas Glück sehen wir seltene Tiere wie den Fischotter oder den Eisvogel, selbst Fische kann man vom Boot aus gut sehen“, weiß die Expertin und damit die Tiere nicht zu sehr vom Menschen gestört werden, sollen sich die Bootsfahrer entsprechend verhalten. Dazu gehört, dass man nicht schreit oder singt, sondern möglichst versucht die Natur zu genießen. „Dann ist Bootfahren auch ein besonderes Erlebnis.“
Während Elisabeth Peter mit den Teilnehmerinnen den Fluss befährt, hängt Andreas Peter den Hänger wieder an den Kleinbus. Eigentlich wäre auch er heute gern gefahren, so ist es aber einfacher. Denn Andreas Peter kann nun den Bootsanhänger nach Gstadt zur Ausstiegsstelle fahren. Dort angekommen bereitet er eine Brotzeit für die Teilnehmer vor. „Bootsfahren macht hungrig“, weiß er aus Erfahrung. Er selbst kam als Teilnehmer einer Jugendfahrt zum Bootsfahren. „Ich bin 1993 mit dem damaligen Jugendpfleger und heutigem Jugendamtsleiter nach Norwegen gefahren“, erinnert sich Andreas Peter. Damals habe ihn der „Bootsvirus“ gepackt. Bereits zwei Jahre später hat er – zusammen mit Hackl – das österreichische Schifffahrtspatent B erworben, das damals zum Befahren der österreichischen Flüsse notwendig war. Seit über 20 Jahren ist er nun schon ehrenamtlich für den Landkreis Regen als Bootsguide tätig. Vor zwei Jahren hat er auch die Ehrenamtskarte des Landkreises erhalten.
Andreas Peter zeigt, wie man das Raft trocknet, wichtig: Die Luft muss vorher teilweise raus.
Nach fast zwei stündiger Fahrt kommt das Raft mit den Teilnehmern in Gstadt an. Die Frauen steigen begeistert, aber auch erschöpft, aufs Land. „Es war cool, aber auch nass“, zieht eine Teilnehmerin ein knappes aber treffendes Fazit und alle anderen pflichten ihr bei. „Es war ein schönes Erlebnis“, so die einhellige Meinung. Wer nun gedacht hatte, der Schulungstag ist beendet, der hat nicht daran gedacht, dass ein Boot auch wieder verstaut werden muss. Noch vor der Brotzeit beginnt eine wichtige Arbeit. „Das Raft muss trocknen“, sagt Andreas Peter. Dazu muss aber unbedingt ein Teil der Luft aus dem Boot. „Das einzige Boot, das jemals irreparabel zerstört wurde, ist beim Trocknen geplatzt“, weiß er. Die Ausleiher hatten die Kraft der Sonne unterschätzt, das Boot habe sich immer mehr erwärmt, die Luft sich ausgedehnt und am Ende war das Boot kaputt. Doch dies könne man einfach verhindern indem man Luft ablässt. So gesagt, so getan, danach konnten sich die Teilnehmer mit einer Brotzeit stärken. Nach dem Imbiss wurde die Restluft entlassen und das Boot zusammengelegt und im Hänger verstaut. Erst dann ging ein ereignisreicher Bootstag zu Ende.