Neuschönau/Zwieslerwaldhaus. Beeindruckt schlendern zwei der weltweit führenden Waldnaturschutz-Experten durch die Mittelsteighütte. Umgeben von hunderte Jahre alten Tannen und Buchen erklärt Franz Leibl, Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald, gerade die Einzigartigkeit dieses Stückchens Wald. David Lindenmayer von der Australian National University und Reed Noss von der University of Central Florida sind – trotz des winterlichen Wetters – begeistert. „Ich bin überrascht, dass es hier noch so faszinierende Reste von Urwäldern gibt, selbst wenn sie klein sind“, sagt etwa Noss.
Zwei der renommiertesten Teilnehmer der Tagung waren Reed Noss (links) und David Lindenmayer, die mit Nationalparkleiter Franz Leibl im Rahmen einer Exkursion unter anderem die Waldhaustanne im Hans-Watzlik-Hain besuchten.
Die renommierten Forscher gehören zu den Teilnehmern einer internationalen Tagung, die der Nationalpark vergangene Woche im Neuschönauer Hans-Eisenmann-Haus veranstaltete. Vier Tage lang stellten knapp 200 Wissenschaftler aus über 20 Ländern, von El Salvador über Estland, Kanada, oder Spanien bis hin zu Serbien, ihre Projekte vor, knüpften Kontakte und schmiedeten Pläne für neue Forschungsansätze.
Schließlich sei der Waldnaturschutz „fundamental wichtig“, stellt der Australier Lindenmayer fest. „In vielen Fällen bieten geschützte Gebiete den Arten einen Lebensraum, die nirgendwo sonst überleben könnten.“ Dies funktioniere gerade auch wegen natürlicher Störungen, etwa durch Feuer, Stürme oder Borkenkäfer, und der darauf folgenden Regenerationsprozesse. „Diese Abläufe sind einer der besten Motoren für die Biodiversität“, erklärt sein amerikanischer Kollege Noss.
Im Filmsaal vom Neuschönauer Hans-Eisenmann-Haus tagten die knapp 200 Forscher aus über 20 Ländern.
Der Nationalpark Bayerischer Wald ist seit einigen Jahren eng in internationale Forschungsarbeiten eingebunden. „Viele unserer Ergebnisse fließen in globale Studien ein und leisten einen wertvollen Beitrag für den wissenschaftlichen Dialog“, berichtet Leibl. Daher sei man der ideale Austragungsort für eine große Konferenz – zum zweiten Mal nach 2013. Klar, dass einer der Veranstaltungstage für Exkursionen reserviert war. Neben vielen Plätzen im Nationalpark Bayerischer Wald ging es dabei auch in den Nachbar-Nationalpark Šumava und Waldgebiete des Bistums Passau.
„Es hinterlässt viel mächtigere Eindrücke, wenn man die wundervollen Effekte des Prozessschutzes selbst erlebt, als wenn man nur darüber redet“, sagt Lindenmayer, als er gerade vor der etwa 50 Meter hohen Waldhaustanne im Hans-Watzlik-Hain steht. An solch einzigartigen Orten könne man auch Besuchern die Bedeutung von Schutzgebieten sehr beeindruckend vermitteln.
Höhepunkt des zweiten Konferenztages war ein abendlicher Empfang auf dem
Baumwipfelpfad.
Neben der Natur begeisterte die Teilnehmer vor allem der konstruktive Dialog, der sich auch abseits der Vorträge entwickelte. „Wir freuen uns, dass so viele bedeutende Forscher und motivierte Studenten in den Bayerischen Wald gekommen sind“, bilanziert am Ende Nationalpark-Forschungsleiter Jörg Müller. „Die hier entwickelten Ideen bringen viele Projekte ins Laufen.“ „Und so ist der Nationalpark wieder Impulsgeber für globale Forschung“, ergänzt sein Chef Leibl. Eine Winwin-Situation für alle, vor allem aber für den Waldnaturschutz.