Zwiesel. „Was in den Kommunen die Ehrenbürgerwürde oder der Ehrenbrief ist, das ist für den Landkreis Regen der Ehrenpreis“, sagt Landrat Michael Adam. Er durfte am Mittwoch, 22. Februar, die ersten beiden Ehrenpreise an Ernst Hinsken (74 Jahre) und Dr. Paul Kestel (85) übergeben. Zuvor hatte der Kreistag einstimmig die Einführung des Preises beschlossen. Einstimmig wurden auch die ersten beiden Preisträger ausgewählt.
Unser Bild zeigt die Preisträger mit ihren Ehefrauen und Landrat, v.li.: Adelgunde Kestel, Dr. Paul Kestel, Landrat Michael Adam, Renate Hinsken und Ernst Hinsken.
„Wir wollten keine zusätzliche Plakette schaffen“, erklärte Adam, vielmehr wollten die Landräte einen Preis schaffen, mit dem Menschen ausgezeichnet werden, die sich in mehreren Gesellschaftsfeldern herausragend für den Landkreis eingesetzt haben. Er freue sich, dass der Kreistag einstimmig dem Vorschlag der Landräte gefolgt ist und dass er nun „zwei herausragende Persönlichkeiten“ ehren darf. Zur Ehrung im Gasthaus Zur Waldbahn in Zwiesel konnte Adam neben den Preisträgern und ihren Gattinnen auch den Bundestagsabgeordneten Alois Rainer, seine Landratstellvertreter und die Sprecher der Kreistagsfraktionen begrüßen.
Landrat Michael Adam überreichte den Ehrenpreis an Ernst Hinsken.
Die Laudationes hielt Landrat Adam persönlich. Der erste Ehrenpreis ging, streng nach dem Alphabet, an den ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Staatssekretär a.D. Ernst Hinsken. In seiner Rede blickte der Landrat auf das lange Wirken von Hinsken zurück. „Du hast so viel gemacht, das kann man hier in der Kürze gar nicht alles aufzählen“, sagte er mit Blick auf den Geehrten. Hinsken vertrat die Region 33 Jahre lang im Bundestag. „Du warst schon im Bundestag bevor ich geboren wurde“, stellte Adam fest. Er habe sich mit der Biografie Hinskens in Vorbereitung auf den Abend intensiv auseinander gesetzt. Dabei habe er viel über den Abgeordneten Hinsken erfahren. „Für mich war diese Lektüre ein Stück lebendiger Geschichtsunterricht“, meinte Adam. Hinsken sei immer ein Abgeordneter für die Region gewesen. „Er war immer präsent, egal ob in Bonn, Berlin oder in seinem Wahlkreis.“ Dabei habe er sich für die Belange der Menschen eingesetzt und stets versucht zu helfen.
Ernst Hinsken erinnerte sich an viele Begebenheiten.
Sein Wahlkreis umfasst die Landkreise Regen und Straubing-Bogen. In seinem Handeln sei er immer im Landkreis Regen besonders aktiv gewesen. Adam nannte eine Vielzahl an Themen, bei denen vor allem Hinsken viel erreicht habe. Vom Erhalt des Bundeswehrstandortes Regen über die Grenzlandförderung, die Wirtschafts- und Tourismusförderung, den Straßenausbau bis hin zur Glasstraße. „Du hast viel für uns erreicht“, so Adam weiter. Er selbst bewundere ihn für seine Hartnäckigkeit. Dabei habe Hinsken aber immer Wert auf einen guten Umgang mit den Menschen gelegt. „Ich habe den Eindruck, dass es Dir wirklich Spaß macht mit Menschen zu arbeiten“, betonte der Landrat, der in seiner Laudatio auch auf den Menschen Hinsken einging. Er habe oft geholfen und wollte dabei nie, dass andere davon erfahren. Er habe auch mit privaten Geld Menschen in Not unterstützt, auch wenn er damals um Stillschweigen gebeten hat, „darf man dies an so einem Tag auch sagen, denn dies sei anders als das Verhalten, das man Politikern gern unterstellt, dass sie nur helfen, wenn die Medien berichten. Du hast auch im Stillen geholfen und das sagt viel über den Menschen Ernst Hinsken“, stellte Adam abschließend fest.
Für die Damen hatte Landrat Michael Adam Blumen mitgebracht. Unser Bild zeigt die Übergabe des Straußes an Renate Hinsken, ihr Mann Ernst Hinsken (re.) freut sich mit ihr.
Auch für den zweiten Ehrenpreisträger fand Landrat Adam die passenden Worte: „Lieber Dr. Kestel, ich denke, dass Sie vor 30, 35 Jahren kaum daran geglaubt haben, dass Sie einmal den Ehrenpreis des Landkreises Regen erhalten werden. Ich musste schmunzeln, als ich in der Vorbereitung auf den heutigen Abend gelesen habe, dass einer meiner Vorgänger Sie angezeigt hatte“, sagte Adam einleitend und später ging er detailliert auf die damalige Zeit ein. Man habe sich im politischen Alltag „leider nicht mehr“ persönlich kennen gelernt und auch als Gymnasiast habe er leider den Lehrer Dr. Kestel verpasst. Ihm sei es aber eine Ehre den Preis an Dr. Kestel zu überreichen. Obwohl Hinsken und Dr. Kestel aus gänzlich unterschiedlichen politischen Lagern kommen, fand Adam durchaus Gemeinsamkeiten: „Sie sind beide hartnäckig und stets verbindlich, sie sind beide sozial engagiert und beide haben sich nie verbiegen lassen.“ Der Landrat erinnerte in seiner Ansprache an den Lebensweg des Lehrers, der in Amberg aufgewachsen war und nach dem Studium, unter anderem auch fünf Jahre an der deutschen Schule in Barcelona unterrichtet hat. Danach ist Dr. Kestel mit seiner Frau in den Bayerischen Wald, genauer gesagt, nach Zwieslerwaldhaus gekommen, wo er heute noch lebt.
Dr. Paul Kestel mit dem Ehrenpreis.
Dr. Kestel habe sich als promovierter Biologe zunächst im Tourismus engagiert. Er war 15 Jahre lang Vorsitzender des Vereins zur Förderung der Skiwanderzentrums Zwieslerwaldhaus. Er setzte sich schon damals, in den 70er Jahren, für einen sanften Tourismus ein. Überhaupt sei ihm die Natur immer wichtig gewesen. Dr. Kestel war Naturbeirat im Landkreis Regen und auch mit seinen Schülern hat er sich im Unterricht intensiv mit dem Umweltschutz auseinandergesetzt. Neben der Luft war ihm auch der Wasserschutz ein Anliegen, hier kam es sogar zu einem Streit mit einem Vorgänger Adams. „Das Amt gab damals einem Steinbruchbesitzer die Erlaubnis, den Granit in tieferen Schichten abzubauen. Sie haben damals zum Bayerischen Rundfunk gesagt, dass es im Landkreis Regen anscheinend Menschen gebe, die sich über das Gesetz hinweg setzen könnten“, berichtete Adam. Heute wäre so eine Aussage in der politischen Diskussion völlig normal, damals führte sie aber zur bereits erwähnten Anzeige durch Landrat Feuchtinger. „In der Diskussion wurde sogar in Frage gestellt, ob so jemand im Schuldienst bleiben kann. Das Gericht in Deggendorf befand glücklicherweise, dass auch Lehrern eine solche Meinungsäußerung zusteht und so blieben Sie uns erhalten, mehr sogar noch, die Grünen wurden auf Sie aufmerksam“, so der Landrat weiter. So kam es auch dazu, dass Dr. Kestel in den Landtag einzog. Er habe sich aber auch abseits der Politik für die Menschen eingesetzt, als Agendaarbeitskreisvorsitzender Energie und Verkehr war er jahrelang ein Aktivposten. Aber auch beim Kreisbildungswerk und als Wettermelder für den Deutschen Wetterdienst wurde seine Arbeit sehr geschätzt. Abschließend erwähnte Adam noch eine Besonderheit: „Die Region verdankt Ihnen noch etwas, was man eigentlich eher in einem Dan Brown Roman erwartet: Die leuchtende Sonnenuhr im Schwellhäusl. Die Felsensonnenuhr zeigt nicht nur die Uhrzeit an, an zwei Tagen im Jahr leuchtet in ihr auch eine Glaskugel, jeweils am Tag der Tag- und Nachtgleiche steht dort die Sonne zur Mittagszeit so am Himmel, dass das Glas leuchtet.“
Das Ehepaar Adelgunde und Dr. Paul Kestel mit dem Ehrenpreis.
Leuchtende Augen gab es bei beiden Preisträgern, die sich beim Landrat und dem Kreistag für die Auszeichnung bedankten. „Ich freue mich riesig“, sagte Ernst Hinsken. „Ein Wort, das in der Politik meist sehr klein geschrieben wird, das heißt Danke“, stellte er fest. An diesem Abend würde aber der Landkreis dies groß schreiben und er fühle sich angesichts der Auszeichnung sehr geehrt. Hinsken blickte in seiner Ansprache auf seine aktive Zeit zurück. „Ich habe unter drei Landräten gedient“, sagte er mit Blick auf Landrat Adam, dem er für „seine hervorragende Laudatio“ dankte. Er selbst sei froh, dass er mithelfen durfte die Region weiter zu entwickeln. „Es ist der Leute Fleiß, dass sich hier so viel gut weiterentwickelt hat“, bemerkte Hinsken, die Politik habe hier nur die Rahmenbedingungen schaffen können. Er erinnerte sich an die Höhepunkte seiner Arbeit, etwa an drei Besuche von Kanzler Helmut Kohl. Auch an die Übergabe der roten Laterne im Bundestag erinnerte er sich. Eigentlich hätte die Laterne sein Parteikollege Michael Glos an die Bundesregierung überreichen sollen, doch nachdem der kurzfristig einen Rückzieher gemacht habe, übernahm Hinsken, der schon die Laterne besorgt hatte, die Aufgabe persönlich. „Sie steht heute im Haus der Deutschen Geschichte in Bonn.“ Die Aktion habe seinen Zweck erfüllt, betonte Hinsken, denn die Symbolkraft habe gewirkt und die Aktion wurde von allen deutschen Medien gewürdigt. Er selbst habe sich immer gern für die Region eingesetzt und dabei mit allen Mandatsträgern, egal welcher Partei sie angehörten, eng zusammengearbeitet. Noch heute sei er sozial engagiert, betonte der Ausgezeichnete. So habe er den Vorsitz des Stiftungsrates der Lebenshilfe inne und wolle diesen auch noch so lange ausüben, wie es seine Gesundheit zulasse. Abschließend sagte er „Vergelt´s Gott“ für die Auszeichnung.
Dr. Paul Kestel bei seiner Ansprache.
Auch Dr. Kestel nutzte die Gelegenheit zu einer kurzen Ansprache. „Als ich 82 Jahre alt war, habe ich beschlossen mich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen“, sagte er einleitend. Eigentlich wollte er keine Reden mehr halten, doch angesichts der besonderen Auszeichnung müsse er natürlich einige Worte sagen. Als er in der Zeitung gelesen habe, dass der Landkreis einen Ehrenpreis einführen wolle, da habe er überlegt, ob er sich zu Wort melden sollte, denn die Idee der Auszeichnung habe ihm sehr gefallen. Als ihm aber mitgeteilt wurde, dass er den Preis bekommen soll, da ist ihm „das Herz in die Hose gefallen.“ Er stellte sich die Frage: „Was hast Du eigentlich gemacht?“ Seit mehreren Wochen beschäftigen ihn so die Fragen, „wer bist Du eigentlich? Wer bist Du, dass Du den Preis verdienst?“ Er selbst sehe sich in erster Linie als Naturwissenschaftler. Als solcher sei er mit dem Wort Ökologie vertraut gewesen. „Es war ein normaler botanischer Begriff“, meinte Dr. Kestel und „auf einmal wurde es dann ein politischer.“ Und so fand er sich mitten in einer politischen Diskussion wieder. Er selbst sehe sich hier als einer von vielen Aktiven, „von vielen Leuten“, die sich engagieren. Man müsse aufpassen, dass man keine Verdienste einheimst, die einem nicht gehören“, so der Geehrte weiter. Er selbst sei stolz auf seinen Lebensweg und darauf, dass er seit 47 Jahren da ist.
Er habe sich gern eingebracht und gern engagiert, so freue er sich auch sehr über den Ehrenpreis des Landkreises Regen. Zum Abschluss wurde Dr. Kestel, der als Schüler ein humanistisches Gymnasium besucht hatte, fast schon humorig philosophisch: „Bei den alten Griechen waren Naturwissenschaftler verachtet, der Landkreis Regen gibt einem Naturwissenschaftler einen Preis, das ist ein Fortschritt.“
Sonja Petersamer und Roland Pongratz unterhielten die Gäste musikalisch.
Beide Preisträger bekamen von Landrat Michael Adam den Ehrenpreis, eine Anstecknadel und eine Ehrenurkunde überreicht. „Der Ehrenpreis wurde von der Firma Joska gefertigt“, erklärte Adam. Der Preis besteht aus einer Glaskugel unter der sich ein geschliffenes Podest mit zwei Ein-Gramm-schweren Goldbarren befindet. „So hat der Preis auch einen monetären Wert“, erklärt der Landrat und weist zudem darauf hin, dass es sich um Fair Trade-Gold handelt. Musikalisch umrahmt wurde die Feier mit Volksmusik von Sonja Petersamer und Roland Pongratz.