Dr. Olaf Heinrich: Die Lage ist ernst. Reformen sind dringend notwendig!
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich hat den Bezirksverbandsvorsitzenden des Bayerischen Gemeindetags, Bürgermeister Jürgen Roith, und dessen Stellvertreter, Oberbürgermeister Dr. Christian Moser, über die schwierige Haushaltslage beim Bezirk Niederbayern informiert. Hauptfokus des Gesprächs am Donnerstag in Mainkofen: die geplante Erhöhung der Bezirksumlage um 1,7 Prozentpunkte. Sie würde damit von 20 Prozent im Jahr 2024 auf 21,7 Prozent im Jahr 2025 steigen. Erst vergangene Woche hatte der Bezirkstagspräsident die Fraktionsführer der im Bezirkstag von Niederbayern vertretenen Parteien und den Einzelrepräsentanten über diesen Vorschlag informiert. „Wir haben versucht diesen Schritt zu vermeiden“, so der Bezirkstagspräsident. „Aber die Bezirke müssen immer mehr Aufgaben zu immer höheren Kosten erfüllen. Gleichzeit haben wir weniger Einnahmen durch die schwächelnde Wirtschaft.“
Die Bezirksumlage dient der Finanzierung des Bezirkshaushalts nach Abzug der staatlichen Ausgleichszahlungen und der eigenen Einnahmen. Der ungedeckte Bedarf muss über die Bezirksumlage von den Umlagezahlern, den Landkreisen und kreisfreien Städten Niederbayerns erbracht werden. Die Landkreise wiederum erheben zur Deckung ihrer Kosten die Kreisumlage, für die die kreisangehörigen Gemeinden aufkommen müssen.
Die Lage in Niederbayern sei äußerst angespannt, so Dr. Heinrich. Als einziger der sieben Bezirke Bayerns gebe es in Niederbayern laut Daten des Bayerischen Landesamts für Statistik einen Rückgang der steuerlichen Umlagekraft – minus 1,8 Prozent. Zum Vergleich: Die anderen Bezirke verzeichnen einen Anstieg zwischen plus 0,8 Prozent in Schwaben bis plus 3,6 Prozent in Mittelfranken. „Angenommen, wir lassen den Hebesatz unverändert, dann haben wir Mindereinnahmen von 6,9 Millionen Euro“, sagte Dr. Heinrich. „Die Lage ist ernst.“
Auf der anderen Seite müssten die Bezirke immer mehr Aufgaben für immer höhere Kosten übernehmen, so der Bezirkstagspräsident weiter. Als Beispiel nannte er das Bundesteilhabegesetzt (BTHG), das die Bezirke durch wachsende Bürokratie enorm belaste. Außerdem steige das Defizit anlässlich der Zuweisung der Finanzierungsaufgabe der Kostenerstattung für unbegleitete Minderjährige und junge Volljährige stetig an. Und: Allgemeine Preissteigerungen und Tarifabschlüsse bei den Beschäftigten wirkten sich massiv auf die Pflegesätze aus. Hinzu kämen signifikant steigende Fallzahlen in den Bereichen Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Die Sozialhilfeausgaben des Bezirks sind gegenüber dem Vorjahr um 12,3 Prozent beziehungsweise 64 Mio. Euro gestiegen, sagte der Bezirkstagspräsident warnend.
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (v. l.), Bezirksverbandsvorsitzender und Bürgermeister Jürgen Roith, dessen Stellvertreter, Oberbürgermeister Dr. Christian Moser sowie Bezirkskämmerer Winfried Amler sprachen über die schwierige Haushaltslage.
Dr. Heinrich: „Mit Blick auf den Haushalt stehen uns düstere Zeiten bevor. Weil wir wissen, dass alle Kommunen, auch die Landkreise, kreisfreien Städte, Städte und Gemeinden vor ähnlichen Herausforderungen stehen, haben wir alles getan, um die Bezirksumlage so gering wie möglich anzuheben. Aber dafür werden wir fast unsere gesamten Rücklagen einsetzen. Die Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise und ein Ende ist nicht in Sicht. Das heißt: Die Umlagekraft wird wohl auch in den nächsten Jahren nicht oder nur geringfügig steigen. Der Bund und der Freistaat müssen die Kommunen im Blick behalten und umsteuern. Es müssen Reformen im Bereich der Sozial- und der Finanzierungssysteme zeitnah kommen. Sonst wird sich die Lage weiter zuspitzen.“
Jürgen Roith zeigte Verständnis für die warnenden Worte des Bezirkstagspräsidenten. „Viele Probleme, die heute angesprochen wurden, kenn ich aus meiner Arbeit als Bürgermeister des Marktes Winzer.“ Er stelle sich ständig die Frage: „Wo können wir noch sparen?“ Dabei seien viele der Probleme eben nicht hausgemacht. „Der Bund belastet die Kommunen mit immer neuen Regeln und Vorgaben, hilft aber nicht in gleichem Maße bei der Umsetzung. In vielen Gesprächen mit Bürgermeister-Kollegen höre ich ähnliche Klagen. Sie fürchten eine weitere Verschlechterung der finanziellen Lage. Wir brauchen dringend Impulse für die Wirtschaft, weniger Bürokratie und eine Entlastung der Kommunen.“
„Der Bund ist zu weit weg von den Problemen von Städten und Gemeinden“, sagte Dr. Christian Moser, neben seinem Amt als stellvertretender Bezirksverbandsvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages auch Oberbürgermeister von Deggendorf. Auch er zeigte Verständnis für die Erhöhung der Bezirksumlage durch den Bezirk. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass die Probleme durch das Umlagesystem nur jeweils in die nächstuntere Ebene verlagert werden. „Wir brauchen mehr Kommunikation zwischen Bund, Freistaat und den Kommunen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen.“ Ansonsten drohe „eine dramatische Lage“.