Raus aus staubigen Archiven und dunklen Lagerräumen, hinein in die Wohnzimmer und Lebensbereiche der Menschen. Das ist das Motto der neuen Artothek des Bezirks Niederbayern. Sie soll Kunst für jedermann zugänglich machen und dabei Niederbayerns Künstlerinnen und Künstler fördern. Das Konzept ist simpel: Wie in einer Bibliothek können sich Interessierte Gemälde, Druckgrafiken, Fotografien, Kleinskulpturen und viele weitere hochwertige Kunstobjekte für einen vorher festgelegten Zeitraum ausleihen – kostenfrei. Am Donnerstag wurde die Artothek offiziell eingeweiht. Rund 120 Gäste nahmen an der Feierstunde samt Segnung auf dem Gelände des Bezirksklinikums Mainkofen teil. Dort, im Haus D2, einer frisch sanierten Villa aus dem frühen 20. Jahrhundert, wird die Artothek untergebracht.
Das Gros Kunstwerke stammt aus der Sammlung des Bezirks Niederbayern, aber auch Spenden etwa der Dr. Franz und Astrid Ritter-Stiftung oder des Deggendorfer Kreisheimatpflegers Florian Jung stehen künftig zur Ausleihe bereit. Außerdem wird eine fünfköpfige Jury, der unter anderem Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl oder der Bezirksheimatpfleger angehören, weitere Kunstwerke zukaufen, um den Bestand stetig zu erweitern und das Angebot zu verbessern. Künstler können sich mit ihren Werken für einen Ankauf bewerben. Die Kriterien: Das jeweilige Werk muss entweder einen Bezug zu Niederbayern aufweisen oder der Künstler muss in Niederbayern leben, arbeiten oder hierzulande geboren sein.
In seiner Festrede sagte Bezirkstagsvizepräsident und Vorsitzender des Kultur-, Jugend- und Sportausschusses Dr. Pröckl: „Hier wurde eine wunderbare Idee verwirklicht. Mit den Räumlichkeiten der Artothek dürfen wir berechtigte Erwartungen verbinden.“ Aus einem ehemaligen Klinikgebäude sei eine Kulturinstitution geworden. „Und wer weiß schon, was geschieht, wenn sich in Wohnzimmern und Büros, in Praxen oder Fluren künftig entliehene Kunstwerke befinden. Vielleicht inspirieren diese ihre Betrachter dazu, sich mit den Schöpfern der Werke näher zu befassen und über einen eigenen Ankauf nachzudenken. So ergäben sich klassische Win-Win-Situationen“, so Dr. Pröckl.
Der Bezirkstagsvizepräsident dankte dem ehemaligen Bezirksheimatpfleger, der das Projekt maßgeblich mitinitiiert hat. „Max Seefelders Begeisterung und seine Überzeugungskraft waren wie so oft für mich inspirierend. Und so sind wir das Projekt angegangen.“ Ebenfalls dankte Dr. Pröckl Hubert Huber, „dem mit vielen Pferdestärken ausgestatteten ,Motor‘ des BBK Niederbayern“, der den Bezirk Niederbayern bei der Umsetzung des Artothek-Konzepts unterstützt hat. Sein Dank gelte auch Carolin Ahrendt, Vorsitzende der Dr. Franz und Astrid Ritter-Stiftung, dem Bezirksheimatpfleger Dr. Clemens Knobling und Annette Röhr vom Kulturreferat des Bezirks, die die Artothek künftig betreuen wird, so Dr. Pröckl.
V. r.: Bezirksheimatpfleger Dr. Clemens Knobling, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Anette Röhr, Projektleiterin der Artothek, Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl, Carolin Ahrendt, Vorsitzende der Dr. Franz und Astrid Ritter-Stiftung, Dr. Maximilian Seefelder, ehemaliger Bezirksheimatpfleger, Pfarrer Hermann Eckl, Pfarrerin Katrin Großmann-Bornhard, und Prof. Johannes Hamann, Ärztlicher Direktor Bezirksklinikum Mainkofen
Besonders gefreut habe den Bezirkstagsvizepräsidenten Dr. Pröckl die zügige Umsetzung. Nach der Idee im Jahr 2019 folgten zahlreiche Gespräche mit Institutionen und Akteuren. Der Kultur-, Jugend- und Sportausschuss habe dann einstimmig die Umsetzung der Artothek empfohlen, im Jahr 2022 stimmte der Bezirksausschuss für die Umsetzung. „Im Frühjahr 2023 konnten die Sanierungsarbeiten des denkmalgeschützten Hauses D2 auf dem Gelände des Bezirksklinikums beginnen.“ Parallel zu den Bauarbeiten und zur logistischen Einrichtung der Räume sei zudem der vorhandene Kunstbestand des Bezirks Niederbayern ertüchtigt worden. Und nun, im Herbst 2024: die Eröffnung der Artothek. „Jetzt ist die kunstinteressierte Öffentlichkeit am Zug, regen Gebrauch davon zu machen“, so Dr. Pröckl.
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich bezeichnete die neue Artothek in seinem Grußwort als „besonderen Kulturort in unserem Bezirk“. Es sei eine Pflichtaufgabe des Bezirks, Einrichtungen zu schaffen, die dem kulturellen Wohl der Bevölkerung dienen. „Die Artothek erfüllt diesen Auftrag, indem sie Kultur direkt zu den Menschen bringt und die regionale Kunstszene durch kontinuierliche Kunstankäufe fördert.“ Besonders hervor hob der Bezirkstagspräsident das Engagement des Bezirkstagsvizepräsidenten Dr. Pröckl, der zusammen mit Max Seefelder und Annette Röhr viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt habe. Dr. Heinrich weiter: „Dieser Kulturort steht allen Menschen Niederbayerns offen und schafft auch für die Patienten, Besucher und Mitarbeitenden des Bezirksklinikums ein bereicherndes Angebot. Wir freuen uns darauf, diesen besonderen Ort mit Leben zu füllen.“
Als Vertreter des Bezirksklinikums Mainkofen sagte der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Johannes Hamann: „Wir wollen das Bezirksklinikum Mainkofen nach außen öffnen und die Öffentlichkeit über unsere wichtige Arbeit mit Menschen mit psychischen Problemen aufklären. Wir freuen uns deshalb, dass sich der Bezirk Niederbayern dazu entschieden hat, seine neue Artothek auf dem Klinikgelände zu eröffnen.“ Das sei ein tolles Projekt, bei dem Interessierten ein niedrigschwelliger Zugang zu hochwertiger Kunst ermöglicht wird. „Wann immer sich nun Menschen Kunst ausleihen, erhalten sie gleichzeitig einen kleinen Einblick in unser Klinikgelände. Das freut uns.“
Auch Carolin Ahrendt von der Dr. Franz und Astrid Ritter-Stiftung zeigte sich in ihrem Grußwort erfreut über Öffnung hochwertiger Kunst gegenüber einer breiten Öffentlichkeit: „Damit kommt, neben der Sammlung des Bezirks, auch unsere Sammlung Ritter-Stiftung jetzt tatsächlich unter die Menschen, statt nur eingelagert zu sein. Die Menschen bekommen einen wirklich unmittelbaren Zugang zur Kunst.“ Ein besonders „i-Tüpfelchen“ sei, dass die Artothek in dem Jahr eröffnet, in dem die Ritter-Stiftung ihr 20-jähriges Bestehen feiere. „Das finde ich großartig“, so Ahrendt.