Junge Union informierte sich über politische und wirtschaftliche Situation in Griechenland – Teilnahme an Empfang des Deutschen Botschafters
Der frühere Bundespräsident Theodor Heuss verdeutlichte in einer Rede im Jahr 1950, dass die geistig-kulturelle Grundlegung des Abendlandes ganz wesentlich auf drei Hügel zurückgeht: Den Hügel Golgatha bei Jerusalem, die Akropolis in Athen und das Kapitol in Rom. Nachdem die Junge Union Freyung-Grafenau im vergangenen Jahr nach Rom gereist war, führte sie ihre Politische Informationsfahrt heuer in die Wiege der europäischen Demokratie: Die griechische Hauptstadt Athen. Auf dem Programm standen u. a. Gespräche im Griechischen Parlament sowie im Wirtschafts- und Finanzministerium der Hellenischen Republik, der Austausch mit Vertretern der liberal-konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia und ein Empfang in der Residenz des Deutschen Botschafters. Flankierend zum politischen Programm konnten auch die zentralen Sehenswürdigkeit der Stadt besichtigt werden.
Einen ersten Höhepunkt der Politischen Informationsfahrt stellte der Besuch im Griechischen Parlament dar, welches im Alten Schloss am Syntagma-Platz residiert. Hier konnte die Reisegruppe um Kreisvorsitzenden Christoph Weishäupl der Wachablösung der Evzonen am Grab des Unbekannten Soldaten an der Vorderseite des Parlamentsgebäudes beiwohnen und die Trophäenhalle "Eleftherios Venizelos" des Parlaments besichtigen. Die Ausstellung beinhaltet u. a. die Insignien, d. h. Krone, Zepter und Schwert, des bayerischen Prinzen Otto Friedrich Ludwig von Wittelsbach, der als Otto I. von 1832 bis 1862 der erste König von Griechenland war. Empfangen wurde die JU-Delegation von Athanasios "Thanos" Plevris, Abgeordneter der Nea Dimokratia für den Parlamentswahlkreis des Stadtzentrums von Athen.
Plevris war von 2021 bis 2023 Gesundheitsminister im Kabinett Mitsotakis und gab Einblicke in die Funktionsweise des griechischen Parlamentarismus sowie die gegenwärtige politische Lage im Land.
Die Delegation der Jungen Union Freyung-Grafenau im Austausch mit dem Nea Dimokratia Abgeordneten Athanasios "Thanos" Plevris (3. v. li.): Sebastian Graup (1. v. li.), Kreisvorsitzender Christoph Weishäupl (2. v. li.), Dr.-Ing. Sebastian Weber (3. v. re.), Johannes Kainz (2. v. re.) und Martin Höppler (1. v. re.).
Eine Besonderheit des griechischen Wahlrechts besteht in der Zuweisung eines "Wahlbonus" an die stärkste Partei, wodurch die Bildung regierungsfähiger Mehrheiten begünstigt werden soll. In der Praxis erhält die Wahlliste, die die Wahl gewonnen hat, bei einem Stimmenanteil von 25 Prozent 20 zusätzliche Sitze im Parlament. Für jeden weiteren halben Prozentpunkt wird bis zu einem Maximum von 50 Sitzen bei 40 Prozent der Stimmen ebenfalls ein zusätzlicher Sitz zugeteilt. Seit der vorgezogenen Parlamentswahl im Juni 2023 verfügt die Nea Dimokratia – auch aufgrund dieses Modells – über eine absolute Mehrheit im Griechischen Parlament.
Dass sich die griechische Wirtschaft rund zehn Jahre nach der Staatsschuldenkrise wieder stabilisiert hat, veranschaulichte George Christopoulos, Generalsekretär für Wirtschaftspolitik und -strategie im Wirtschafts- und Finanzministerium der Hellenischen Republik, der JU-Delegation im Rahmen eines intensiven Briefings. Die griechische Wirtschaft wuchs im vergangenen Jahr um 2 Prozent und damit vier Mal so schnell wie der Durchschnitt der Volkswirtschaften in der Europäischen Union. Auch im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete Griechenland ein Wachstum von 2,2 Prozent. Ein starker Wachstumsmotor ist dabei der boomende Tourismus, auf welchen direkt und indirekt rund ein Drittel des griechischen Bruttoinlandsprodukts entfällt. Generell ist die griechische Wirtschaft stark dienstleistungsorientiert, wie Christopoulos darlegte: Rund 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind diesem Sektor zuzurechnen. Eine zentrale Herausforderung besteht gegenwärtig in der Transformation und Diversifizierung der Wirtschaft.
Nikos Romanos, Pressesprecher der EVP-Partnerpartei Nea Dimokratia, erläuterte im Rahmen einer Diskussionsrunde in der Verbindungsstelle der Hanns-Seidel-Stiftung in Athen, die Sorge der Hellenischen Republik vor einem neuerlichen Anstieg des Migrationsdrucks. Aufgrund der geographischen Lage an der EU-Außengrenze und dem über 3.000 Inseln zählenden Staatsgebiet blicke man mit besonderer Sorge auf die Entwicklungen im Nahen Osten, aber auch auf mögliche innereuropäische Zurückweisungen, wie sie zuletzt u. a. in Deutschland diskutiert wurden. Hier fürchtet Athen einen Dominoeffekt von Nord nach Süd: Wenn andere Mitgliedsstaaten mit Zurückweisungen an der Grenze nachziehen, könnte das Griechenland als letztes Glied in der Kette in eine schwierige Lage bringen, erläuterte Romanos und betonte, dass sich Griechenland seit langem für eine gerechtere Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union einsetzt.
Die Delegation der Jungen Union Freyung-Grafenau vor dem Griechischen Parlamentsgebäude am Athener Syntagma-Platz: (v. li. n. re.) Johannes Kainz, Sebastian Graup, Kreisvorsitzender Christoph Weishäupl, Dr.-Ing. Sebastian Weber und Martin Höppler.
Die Hellenische Republik schützt die Außengrenzen Europas mit strikten Kontrollen in der Ägäis und einem Zaun an der griechisch-türkischen Grenze. Zusätzlich hat Griechenland große Aufnahmelager auf mehreren Inseln fertiggestellt, in denen Flüchtlinge interniert und infolge beschleunigter Asylverfahren rasch in sichere Drittstaaten zurückgeführt oder auf andere EU-Länder verteilt werden sollen.
Wie die JU-Delegation erfuhr, werden Asylsuchende in Griechenland in geschlossenen Lagern untergebracht und erhalten keine Arbeitserlaubnis. Flüchtlinge mit bewilligtem Asylantrag wiederum dürfen im Land leben und arbeiten, erhalten aber keinerlei staatliche Unterstützung, wie etwa Sozialhilfe, Wohngeld oder Kindergeld. Da derartige Leistungen auch der eigenen Bevölkerung nur in geringfügigem Maße zur Verfügung stehen, wird eine dahingehende Vereinheitlichung europäischer Standards beim Leistungsbezug von griechischer Seite kritisch gesehen.
Ein besonderer Höhepunkt des politischen Programms bestand schließlich in der Teilnahme am Empfang anlässlich des Tags der Deutschen Einheit in der Residenz des deutschen Botschafters. Hier empfing Botschafter Andreas Kindl zahlreiche Diplomaten sowie politische und militärische Vertreter aus zahlreichen Staaten zu einem Gartenempfang.
Stadtbesichtigung: Antikes und modernes Athen im Fokus
In Athen entstand die griechische Philosophie. Begonnen mit Platons Schrift "Politeia", der ersten umfassenden Staatsphilosophie, hat v. a. Aristoteles Grundformen der Demokratie entworfen, die dann insbesondere während der Aufklärung weiterentwickelt wurden. Dazu gehören u. a. das Wahlrecht, die Gewaltenteilung und der Minderheitenschutz. Neben den politischen Gesprächen standen daher auch Besichtigungen zentraler Stätten des antiken Athens auf dem Programm:
Die Akropolis, die Antike Agora mit dem Hephaistostempel und der Stoa des Attalus, die Römische Agora, die Hadriansbibliothek, der Tempel des Olympischen Zeus (Olympieion), die Ausgrabungsstätte und der alte Friedhof von Kerameikos sowie das Lykeion des Aristoteles (Lyzeum). Weitere Zeugnisse der Antike konnten beim Aufstieg auf den Philopappos-Hügel erkundet werden. Hier finden sich u. a. das Gefängnis des Sokrates, das Eptathrono und das Philopappos-Denkmal. Zur Abrundung besuchte die JU-Delegation auch das im Jahr 2009 wiedereröffnete Akropolismuseum, in dessen modernen Ausstellungsflächen allen voran Fundstücke der antiken Akropolis zu sehen sind.
Nahmen am Empfang anlässlich des Tags der Deutschen Einheit in der Residenz des deutschen Botschafters teil: (v. li. n. re.) Martin Höppler, Johannes Kainz, Kreisvorsitzender Christoph Weishäupl, Botschafter Andreas Kindl, Dr.-Ing. Sebastian Weber und Sebastian Graup.
Neben den archäologischen Stätten hatte die Reisegruppe auch Gelegenheit, die zentralen Plätze und Viertel des modernen Athens zu erkunden: Den Monastiraki-Platz mit der Kuppelkirche Panagia Pantanassa und der Tzisdarakis-Moschee, die Einkaufsstraße Ermou mit der mittelbyzantinischen Kreuzkuppelkirche Panagia Kapnikarea, den Mitropoleos-Platz mit der als Mitropolis bezeichneten Kathedrale Mariä Verkündigung, dem Sitz des orthodoxen Erzbischofs von Athen, und der Kirche Panagia Gorgoepikoos (Kleine Mitropolis), das lebhafte Viertel Psirri und die Markthalle Varvakios mit dem Zentralmarkt von Athen sowie das Altstadtviertel Plaka und das malerische Viertel Anafiotika am Nordosthang der Akropolis, welches mit seinen weißen Häusern, engen Gassen und Treppen an verschiedene griechische Inseln erinnert. Ergänzend besuchte man den Nationalgarten von Athen, das Zappeion und das Hadrianstor sowie den Garten des Athener Kronprinzenpalais, des Amtssitzes des Präsidenten der Hellenischen Republik.
Einen Panoramablick auf die griechische Hauptstadt erlangte die Gruppe schließlich von der Aussichtsterrasse des Stadtberges Lykabettus aus, zu welcher eine Standseilbahn hinaufführt. Dort befindet sich auch die "weiße Kapelle" Agios Georgios.