Am vergessenen Dorf Glotzing entstand ein Lehrpfad durch den Kirchenwald
Wer Glotzing als Ort „googelt“, der findet kaum mehr eine Erinnerung daran, dass unweit des Schönberger Ortes Gerlesreuth eine Ortschaft dieses Namens stand. Jetzt führt ein erneuerter Weg dorthin, der zugleich auch den Wald, seine Arten, sein System und seine Zukunft beleuchtet.
Die Diözese Passau besitzt hier ein Forstgebiet. Um es zu bewirtschaften, braucht es Wege, erklärte Matthias Drexler, der Leiter des bistümlichen Waldreferats. Zu seiner Aufgabe gehört aber auch die „Schöpfungsorientierte Waldnutzung“. Deshalb findet sich hier nicht nur Baum an Baum, sondern ein Einblick in heimische Arten, Ökosystem und auch in die Ideen, wie sich Forst als Wirtschaftsbegriff auch um die Zukunft kümmern kann, wenn der Klimawandel das heutige Bild davon zu erübrigen droht.
Zur feierlichen Segnung einer Waldbaumaßnahme traf sich eine große Zahl an Beteiligten. Nun ist wieder Ruhe in Glotzing. Aber Wanderern hat das Arboretum am Wegesrand samt erklärender Hinweise viel zu erzählen zu einem neuen Waldleitbild an historischer Stelle.
Ein großes Ziel verlangt viele Akteure. Für die bauliche Maßnahme standen die kirchlichen Forstarbeiter zusammen mit den Gemeinden Schönberg und Innernzell. Historisch gehörte Glotzing nach Innernzell. Dort ist es noch Gemarkung. Aber heute liegt es hoheitlich im Gebiet des Marktes. Den größten Teil der Maßnahme übernahm aber das Bistum. Entsprechend groß war auch die Schar der Besucher einer kleinen Segnungsfeier samt ökumenischem Team aus evangelischer Pfarrerin Sonja Schuster und katholischem Kollegen Simon Steinbauer, Räten, Bürgermeistern und sogar stellvertretender Landrätin und den ehemaligen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner. Am „Bienenhaus Glotzing“ entstand entlang des Weges eine Raststation für Wanderer, die dazu einlädt, sich auch seine Gedanken über Schöpfung zu machen. An dieser Fläche finden sich nun in einem Arboretum (Baumartensammlung) passend zu den geflügelten Honiglieferanten Obstbäume auf einer Lichtung vor dem großen Bienenhaus ebenso wie ein Querschnitt durch heimische und besonders zukunftsfähige Baumarten. Fördern, was da ist, zulassen, was wächst und schaffen, was fehlt; Matthias Drexler erklärte dazu, wie wichtig es sei, nach der Zeit ökonomisch orientierter Fichtenkulturen wieder einen bunten und stabilen Mischwald zu erzeugen. Auch die Ulme lässt wertvolles Möbelholz entstehen. Die wärmeliebende Esskastanie oder der Haselnussbaum liefern Früchte. Und selbst ein in Ruhe gelassener Eidechsenfelsen, vergreiste Baumriesen oder moderndes Totholz werden in einem lebendigen Wald nicht als störend empfunden, sondern als nützlich für ein stabileres System. Natur sei da wie ein prächtiges Buch, aus dem Gott selbst spreche, ist auf einer Tafel zu lesen, die das heutige kirchliche Waldleitbild erläutert. Weitere sollen folgen, die sich mit Biotopflächen, Totholz und Nutzungsverzicht auseinandersetzen. Nebenbei wurden auch Fundamente freigelegt, auf denen einst einer der drei stolzen Höfe von Glotzing ruhte, bis Mitte des 20. Jahrhunderts der Wald wieder Besitz vom verlassenen Ort nahm. So ist eine Wanderung von Gerlesreuth rechts ab hinein in Natur und Geschichte nun auch ein philosophischer Weg in Richtung Zukunft.