Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder erfordert Anbau an Schulgebäude in Perlesreut – Bezirkstagspräsident informiert sich über Maßnahme
Die Marktgemeinde Perlesreut stellt sich den Herausforderungen, welche die Kommunen mit dem stufenweisen Inkrafttreten des bundesweiten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab dem 1. August 2026 treffen. Um den erhöhten Raumbedarf zu decken, plant der Markt einen Anbau an das Gebäude der Grund- und Mittelschule, der 2025 realisiert werden soll. Der Anbau umfasst eine neue Ausgabe-Küche mit Mensa auf einer Fläche von ca. 180 m² und eine Terrasse. Auch der Einbau eines Liftes ist vorgesehen, um dem Gedanken der Inklusion gerecht zu werden. Bürgermeister Gerhard Poschinger und Schulleiter Johann Friedl stellten Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich die Ausbaupläne vor und tauschten sich mit ihm über die Umsetzung des Ganztagsanspruchs vor Ort und im Allgemeinen aus.
Auf diesem Areal entsteht der Anbau an das bestehende Gebäude der Grund- und Mittelschule Perlesreut: (von links nach rechts) Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Schulleiter Johann Friedl und Bürgermeister Gerhard Poschinger beim Ortstermin
„Der ermittelte Raumbedarf und die Gegebenheiten vor Ort zeigen keine Möglichkeiten auf, einen geregelten Schulbetrieb und zusätzlich die Verpflegung der Schüler im bestehenden Gebäude zu realisieren“, erläuterte Bürgermeister Gerhard Poschinger die Hintergründe der Ausbaupläne: „Mit dem Anbau wappnen wir uns für den Rechtsanspruch und sorgen dafür, dass der Schulstandort Perlesreut auch weiterhin gut aufgestellt ist.“ Derzeit nehmen gut 45 Schüler – das entspricht etwa einem Drittel der Schülerschaft – das bestehende Angebot der Nachmittagsbetreuung in Anspruch. „Der Bedarf an Ganztagsbetreuung ist in unserem ländlichen Umfeld traditionell geringer als in urbanen Regionen“, analysierte Schulleiter Johann Friedl die Zahlen, „doch wir rechnen damit, dass der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung zusätzlich Nachfrage schaffen wird.“ Es gehe auch darum, den Schulstandort durch diese Maßnahme attraktiv zu gestalten und damit langfristig als Grund- und Mittelschule zu halten, so der Bürgermeister.
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich betonte, dass der bundesweite Rechtsanspruch die Kommunen vor erhebliche Aufgaben stellt. „Die Betreuung muss an fünf Tagen pro Woche und 11 Monate im Jahr gewährleistet sein; auch während großer Teile der Ferien“, unterstrich Heinrich. Dies sei eine deutliche Ausweitung der bisherigen Angebote, welche insbesondere im ländlichen Raum die Ferienzeiten häufig ausklammerten. Zudem sei die Finanzierung des verpflichtenden Ganztagsangebots bisher nur unzureichend geklärt. „Es gibt lediglich Absichtserklärungen des Bundes für entsprechende Zuschüsse, während die Kommunen für den Betrieb verantwortlich sind“, kritisierte der Bezirkstagspräsident. „Der Freistaat unterstützt die Gemeinden mit ordentlichen Zuschüssen für die erforderlichen Baumaßnahmen. Für den Betrieb stehen finanzielle Zusagen bisher aus.“
Die Entwurfsplanung für den Anbau an das bestehende Gebäude der Grund- und Mittelschule in Perlesreut.
Auch Bürgermeister Poschinger und Schulleiter Friedl wiesen auf die organisatorischen und finanziellen Herausforderungen hin, mit welchen sie sich angesichts des Ganztagsanspruchs konfrontiert sehen. „Bisher hatten wir die Möglichkeit, die Ganztagsangebote über drei Monate pro Jahr zu schließen; künftig dürfen wir nur noch einen Monat schließen“, wie auch Friedl festhielt. Damit verbunden sei eine deutliche Ausweitung des Betreuungsaufwands, ohne dass es derzeit Hinweise auf höhere bzw. angepasste Fördersummen gibt, ergänzte Poschinger. Die Kommunen müssten nun mehr Personal für mehr Betreuungszeit bereitstellen. Diese Mehraufwendungen drohen bei den Kommunen zu verbleiben, fasste Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich die Problemlage zusammen.
Gerade die Personalgewinnung ist in vielen Kommunen ein großes Thema: „Es wird bundesweit nicht nur generell mehr Betreuungspersonal benötigt, sondern vor allem pädagogisch qualifizierte Fachkräfte, an denen es schon jetzt mangelt“, betonte Dr. Heinrich. Poschinger hob hervor, dass der Markt Perlesreut bisher in der Lage sei, ausreichend Personal für seine Betreuungsangebote zu gewinnen: „Bei uns liegt die gesamte Verantwortung von der Personalakquise über die Vertragsabwicklung bis zur Personalplanung in kommunaler Hand. Dadurch können wir flexibel und effizient auf die Anforderungen reagieren“, beschrieb Poschinger das bisherige Erfolgsgeheimnis. Dennoch könnte sich dies in Zukunft schwieriger gestalten, wenn Angebot und Nachfrage im Bereich der Betreuungskräfte angesichts der bundesweit steigenden Bedarfe weiter auseinandergehen.
Der Baubeginn für den Anbau an das Perlesreuter Schulgebäude ist für 2025 geplant, sodass die erweiterten Räumlichkeiten rechtzeitig zur Einführung des Rechtsanspruchs im Schuljahr 2026/27 zur Verfügung stehen. Finanziell schlägt die Maßnahme mit rund 1,3 Millionen Euro zu Buche, wovon der Markt rund 120.000 Euro aus Eigenmitteln zu tragen hat, wie Bürgermeister Poschinger informierte. Bis zu 90 Prozent der aufzuwendenden Mittel können hingegen aus Mitteln des Freistaats bestritten werden. Anders als beim Betrieb besteht für bauliche Anpassungen im Zusammenhang mit dem Ganztagsanspruch auch ein aus Bundesmitteln gespeistes Förderprogramm, wie Bezirkstagspräsident Dr. Heinrich anmerkte.