Energiegenossenschaft kauft Koller-Areal und Gemeinde pachtet Gastwirtschaft – Besonders nachgefragte, kleine und zentrumsnahe Wohnungen entstehen
Die von der Energiegenossenschaft Ringelai eG aus der Insolvenz herausgekaufte und durch die Gemeinde Ringelai gepachtete Gastwirtschaft im Landhotel Koller ist der erste Fall einer genossenschaftlich organisierten Rettung eines Dorfwirtshauses im Altlandkreis Wolfstein. Dabei bestehen sowohl Parallelen als auch Unterschiede zur jüngsten Eröffnung der Dorfwirtschaft des Genussdorfes Eppenschlag, welche ebenfalls genossenschaftlich getragen wird. Über die Hintergründe und die hiesige Konstellation sowie die weiteren Planungen für das Koller-Areal im Herzen von Ringelai informierte sich Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich bei Bürgermeisterin Dr. Carolin Pecho und den beiden Vorständen der Energiegenossenschaft, Max Köberl und Günter Wagner.
Das Wirtshaussterben stellt zahlreiche Kommunen im ländlichen Raum vor ähnliche Probleme. „Gerade die Dorfwirtshäuser sind wertvolle Sozialräume, die als Keimzellen dörflicher Gemeinschaften von zentraler Bedeutung sind“, betont Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich. Wo Dorfwirtshäuser schließen, fehlen örtliche Kommunikationszentren, generationenübergreifende Treffpunkte und Räumlichkeiten für Feste, Feiern und Vereine. Umso alarmierender sei es, dass immer mehr Dorfwirtschaften schließen. Auch in Ringelai war das Landhotel Koller die letzte Gastwirtschaft im Hauptort. „Die Schließung hinterließ eine große Lücke, die die Bevölkerung schmerzlich gespürt hat“, berichtet Bürgermeisterin Dr. Carolin Pecho. Die Gemeinde habe schnell erkannt, dass hier Handlungsbedarf besteht, wie Dr. Pecho berichtet, hatte aber nicht die finanziellen Spielräume für den Kauf des Areals. Glücklicherweise sprang die örtliche Energiegenossenschaft der Kommune zur Seite.
Hier entstehen neben der bereits wieder in Betrieb befindlichen Gastwirtschaft auch besonders nachgefragte, kleine und zentrumsnahe Wohnungen: (von links nach rechts) Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Genossenschaftsvorstand Max Köberl, Bürgermeisterin Dr. Carolin Pecho und Genossenschaftsvorstand Günter Wagner vor dem Koller-Areal im Zentrum von Ringelai.
Die Energiegenossenschaft Ringelai eG, deren Betätigungsfeld sich bis dato auf die örtliche Energieversorgung beschränkte und die ein gut ausgelastetes Leitungsnetz von rund 3.000 Metern Länge betreibt, nahm sich der Sache an und kaufte das insolvente Landhotel Koller aus der Zwangsversteigerung heraus. „Der soziale Gedanke stand in unserer Unternehmung schon immer im Mittelpunkt“, stellt Genossenschaftsvorstand Max Köberl heraus. Bedeutete dies zunächst, dass auch kleinere und weniger rentable Häuser und Grundstücke an das genossenschaftliche Leitungsnetz angeschlossen werden, so schließt dies nun auch den Einsatz der Genossenschaft für den Erhalt des sozialen Mittelpunkts des Dorflebens ein, wie Köberl weiter ausführt. Für Genossenschaftsgründungen zum Erhalt der Nahversorgung oder auch dem gemeinschaftlichen Betrieb von Gaststätten gibt es längst zahlreiche Beispiele in Bayern. Dass sich eine bestehende und erfolgreiche Genossenschaft hingegen einem weiteren Betätigungsfeld zuwendet, sei ein Weg, der Schule machen könnte, unterstreicht Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich.
Mit dem einstimmigen Beschluss der Genossenschaftsversammlung zum Erwerb des Koller-Areals hat die Energiegenossenschaft auch der Gemeinde neue Spielräume eröffnet, freut sich Bürgermeisterin Dr. Carolin Pecho. Die Kommune ist nun Pächterin der Gastwirtschaft und will in Zukunft auch Eigentümerin werden. Der Wirtshausbetrieb, der von einem heimkehrenden Ehepaar mit Wurzeln in Ringelai und Perlesreut geführt wird, startete trotz schwieriger Witterungsbedingungen sehr gut. Wanderer aus der beliebten Buchberger Leite zählen weiterhin zu den wichtigsten Gästen, betont die Bürgermeisterin. Auch für die angrenzende Grundschule übernimmt das nun wieder in Betrieb befindliche Wirtshaus eine wichtige Funktion, indem es die Verpflegung im Rahmen der Mittagsbetreuung sichert. „Hier wurden die Stärken gebündelt: Das Wirtshaus hat eine sichere Einnahmequelle und die Schüler profitieren von einem hervorragenden gastronomischen Angebot“, bilanziert Dr. Pecho. Die Gemeinde kann durch diese Kooperation auf eine Errichtung einer Küche und Mensa in der Schule verzichten.
Neben der Wiedereröffnung der Gastwirtschaft wird in den Gebäulichkeiten des Koller-Areals auch dringend benötigter Wohnraum geschaffen. Insbesondere kleinere Wohnungen werden in Ringelai stark nachgefragt, wie die Bürgermeisterin berichtet. Hierfür entsteht nun ein zentrumsnahes Angebot, welches in der Hand der Genossenschaft verbleibt. Diese bringt nun auch baulich ihre Kompetenzen ein: "Wir kombinieren hier geschickt die Erfahrung der Energiegenossenschaft mit neuen Lösungen", erläutert Genossenschaftsvorstand Günter Wagner. So sollen Photovoltaik-Balkonkraftwerke installiert werden, um eine dezentrale Warmwasserversorgung im Mieterstrommodell zu ermöglichen. Energetische Effizienz und Nachhaltigkeit stünden auch im neuen Geschäftsfeld der Genossenschaft im Vordergrund, unterstreicht Wagner.
Mit der Übernahme des Landhotels Koller zeigt die Energiegenossenschaft Ringelai eindrucksvoll, dass sich wirtschaftliche und soziale Verantwortung in einem erfolgreichen Modell vereinen lassen. Dr. Heinrich lobte die Initiative als zukunftsweisendes Projekt für die Region: "Das Engagement der Genossenschaft ist ein Glücksfall für Ringelai und ein Vorbild für andere Gemeinden", hebt der Bezirkstagspräsident hervor. Es zeige sich zunehmend, dass genossenschaftliche Strukturen oft der Königsweg seien, um Nahversorgung und Lebensqualität im ländlichen Raum zukunftssicher zu gestalten, so Dr. Heinrich weiter. Das bürgerschaftliche Engagement für den eigenen Ort sei dabei von zentraler Bedeutung.