Anwalt und MdL Steffen Vogel referierte vor vollbesetztem Pfarrsaal in Viechtach
Mit dem Thema hatte der Landtagsabgeordnete Dr. Stefan Ebner offenbar einen Nerv getroffen. Er hatte seinen Fraktionskollegen aus dem Bayerischen Landtag Steffen Vogel eingeladen, um Fragen zu beantworten, über die Erblasser und Erben in Sachen gesetzliche Erbfolge, Pflichtteil, Testament oder auch zu den Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erbschaftssteuer Bescheid wissen sollten, um unnötigen Ärger zu vermeiden. Anscheinend für viele ein spannendes, wichtiges und nicht selten auch ein strittiges Thema. Stefan Ebner zeigte sich jedenfalls „total überwältigt“ von der Resonanz, denn mehr als 200 Zuhörerinnen und Zuhörer sorgten für einen voll besetzten Pfarrsaal. Und sie bekamen einen dreistündigen Vortrag – mit einer Pause – geboten, der die Besucher dennoch unterhaltsam und kurzweilig in seinen Bann zog.
Der 50-jährige Unterfranke Steffen Vogel vertritt seit 2013 den Landkreis Haßberge im Bayerischen Landtag und ist als Fachanwalt ein gefragter Referent zum Thema Erbrecht. An der Universität, so stellte er eingangs fest, dauere es ein Semester, um dieses Rechtsgebiet abzuhandeln. Er werde es in Viechtach an einem Abend durchnehmen. Dies tat er teils tatsächlich ein wenig im Stile einer Vorlesung wie ein Dozent an der Uni, indem er das Publikum mit direkten Fragen und mit Fallbeispielen aus der Praxis, die es zu beantworten galt, einbezog. Sein „Running Gag“ dabei: „Was sagt ein Anwalt als erstes, wenn jemand mit einer juristischen Frage zu ihm kommt? – Vorschuss! Und was sagt er dann, wenn man ihn nach den Aussichten fragt, ob man mit dem Anliegen vor Gericht Recht bekommen könne? – Kommt darauf an!“ Zwischendurch konnten die Anwesenden immer wieder selbst Fragen an den Referenten richten.
MdL Dr. Stefan Ebner (links) mit dem Viechtacher CSU-Vorsitzenden Dr. Stefan Brücklmayer bei der Geschenkübergabe an den Referenten Steffen Vogel (re.).
Inhaltlich wurde Vogel seiner Ankündigung vom Schnelldurchlauf durch Grundsätze und wichtige Fragen des Erbrechts durchaus gerecht. Das begann mit der gesetzlichen Erbfolge. Sie unterscheidet nach Ordnungen und Stämmen, wobei die höhere erste Ordnung, zu der Kinder, Enkel und Urenkel zählen, vorrangig vor der zweiten Ordnung – Eltern, Geschwistern, Neffen und Nichten – und die wiederum vor der dritten Ordnung – Großeltern, Tanten, Onkel, Vettern und Cousinen – zum Zuge kommt. Nach dem Grundsatz „Vererbt wird nach dem Blut“ sind Ehepartner oder Schwiegerkinder primär nicht erbberechtigt, weil sie keine Blutsverwandten sind. In der Praxis setzen sich natürlich Ehepartner häufig gegenseitig als (Allein-)Erben ein. Im Übrigen hängt das Erbteil bei Ehepartnern auch vom gewählten Güterstand der Ehe (Gütertrennung, Gütergemeinschaft bzw. Zugewinngemeinschaft) ab.
Ein weiteres Thema war der sogenannte Pflichtteil, der gerade bei Streitfällen ums Erbe eine wichtige Rolle spielen kann. Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen reinen Geldanspruch, der sich aus den gesetzlichen Regelungen der Erbfolge als Mindestanspruch für einen Erbberechtigten ergibt. Er kann nicht durch Sachwerte wie Immobilien, Wertpapiere oder Schmuck abgelöst werden. Vielmehr muss der Wert des gesamten Nachlasses berechnet werden. Der sich daraus ergebende Pflichtanteil in Geld steht dann demjenigen zu, der den Anspruch erfolgreich geltend macht. Pflichtteilansprüche müssen innerhalb einer Frist von drei Jahren nach dem Erbfall geltend gemacht werden.
MdL Dr. Stefan Ebner mit Referent Steffen Vogel beim Selfie
Eine weitere, ungleich kürzere Frist betrifft den Eintritt des Erbfalls selbst. Dadurch wird der Erbe uneingeschränkt Gesamtrechtsnachfolger in allen Rechten und Pflichten des Erblassers. Er müsste also auch dessen mögliche Schulden übernehmen. Das lässt sich nur vermeiden, wenn man innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach dem Schreiben des Amtsgerichts das Erbe komplett ausschlägt. Außerdem sind auch 10-Jahres-Fristen bedeutsam, die bei der Erbschaftssteuer, bei Schenkungen oder dem sogenannten „Sozialhilferegress“ eine Rolle spielen.
Auf das Thema Testament, seine verschiedenen Voraussetzungen und Gestaltungsmöglichkeiten ging Vogel ebenfalls ein. Ein wirksames Testament muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Es sollte zudem Datum und Ort enthalten, um bei Zweifelsfällen festzustellen, ob es das aktuellste Testament ist. Um ein wirksames Testament erstellen zu können, muss man volljährig und geschäftsfähig sein. Ehepartner können auch ein gemeinschaftliches Testament verfassen. Es reicht, wenn es einer der beiden Partner niederschreibt, allerdings muss es von beiden eigenhändig unterzeichnet werden. Sicherheitshalber sollte der zweite Partner neben der Unterschrift auch noch einen klärenden Vermerk einfügen, dass es sich um den letzten Willen beider Unterzeichner handelt. Ansonsten könnte eine anderweitig geleistete Unterschrift leicht für eine Fälschung missbraucht werden. Andererseits hat ein solches gemeinschaftliches Testament eine hohe Bindungswirkung. Vor einem Notar kann zudem auch ein Erbvertrag abgeschlossen werden, während die notarielle Beurkundung beim Testament nicht zwingend ist. Die Notargebühren richten sich nach dem Wert des Erbes.
MdL Dr. Stefan Ebner mit Referent Steffen Vogel bei der Geschenkübergabe vor dem vollbesetzten Saal
Zu den Gestaltungsmöglichkeiten eines letzten Willes gehört auch das sogenannte „Berliner Testament“ bei dem sich Ehepartner gegenseitig zum Erben einsetzen und zusätzlich unterschiedliche Regelungen für den länger Lebenden der beiden treffen können. Auch ein Vermächtnis, um einen Teil des Nachlasses aus der Erbmasse herauszulösen und anderweitig – gegebenenfalls auch an Auflagen oder Bedingungen geknüpft – zu vererben, ist möglich. Ebenso kann – etwa bei größeren Vermögen – ein Testamentsvollstrecker benannt werden oder ein Vormund für den vorgesehenen Erben, und es ist selbstverständlich auch möglich, Personen zu enterben. In jedem Fall sollte man das alles vorab sehr genau überlegen und gegebenenfalls juristische Beratung in Anspruch nehmen, um später Ärger und Streit zu vermeiden.
Schließlich ging der Referent auch noch auf das Thema Erbschaftssteuer ein. Es sei durchaus legitim, diese im Einklang mit den Gesetzen möglichst zu minimieren, indem man geschickt Freibeträge und Gestaltungsmöglichkeiten nutzt. Im Übrigen hält die CSU insgesamt wenig von dieser Steuer, in der sie eine weitere Besteuerung von bereits versteuertem Vermögen sieht.
Der CSU-Ortsvorsitzende Dr. Stefan Brücklmayer bedankte sich am Ende bei Steffen Vogel mit einem Präsentkorb für „sehr viele Informationen mit einem guten Schuss Humor“.