"NICHTS PASSIERT OHNE GRUND"
Der deutsche Film kann mehr als banale Komödien oder triste Kriegsoperetten. Dies wurde uns in den letzten Jahren schon des Öfteren bewiesen. Auch mit MEIN ENDE. DEIN ANFANG. kommt ein Vertreter des deutschen Kinos auf uns zu, der es in sich hat. Große Gefühle ohne Kitsch.
DARUM GEHTS
Seit einer zufälligen Begegnung in der U-Bahn, sind die Kassiererin Nora (Saskia Rosendahl) und der angehende Physiker Aron (Julius Feldmeier) ein unzertrennliches Paar. Seit zwei Jahren teilen sie alles miteinander und haben eine gemeinsame Wohnung bezogen. Doch von heute auf morgen wird das junge Liebesglück auf tragische Weise ausgelöscht. Das Paar gerät in einen Banküberfall, doch durch eine mutige Tat von Aron wird dieser, von einem der beiden maskierten Räubern, erschossen. Durch diesen harten Schicksalsschlag kommt Nora von der Spur ab und gerät in einen depressiven Strudel aus lethargischer Melancholie und selbstzerstörerischer Trauer. Nur durch eine weitere zufällige Begegnung, mit Natan (Edin Hasanovic), einem harten Kerl mit weichen Kern, findet sie wieder zurück ins Leben und hat von Anfang an ein vertrautes Gefühl bei ihm. Beide fühlen sich stark zueinander hingezogen, doch trüben ihre privaten Sorgen das kleine Glück. Nora ist noch voller Trauer und Natan hat gerade seinen Job, als Nachtwächter, verloren und kann dadurch die Behandlung seiner, an Leukämie erkrankten kleinen Tochter, nicht mehr bezahlen. Eine Geschichte voller Geheimnisse, magischen Momenten und großen Gefühlen beginnt...
Souverän meistert die Regisseurin Mariko Minoguchi ihr Spielfilmdebüt und glänzt mit inszenatorischer Vielfalt und gut ausbalancierten Momenten der großen Gefühle. Ihr gelingt es, die Intensität der Verliebtheit von Nora und Aron glaubhaft zu inszenieren und die Geschichte von Natan feinfühlig miteinzubeziehen. Mit vielen kleinen Augenblicken aus dem „Alltag“ des Paares Nora und Aron, zeigt sie uns die spezielle Verbindung der Beiden. Intim, gefühlvoll und wahrhaftig seelenverwandt. Mit besonderen Momenten wie, zusammen nach einer durchzechten Nacht das Kotzen üben, oder bei einer Hochzeit eine unglaublich schöne Musical-Show hinlegen, wird ihre Verbindung spürbar. Mit diesen kleinen liebevollen Erinnerungs-Einschüben wird ihre Liebe nahbar und absolut glaubhaft. Vor den Augen der Zuschauer entfaltet sich ein intensives Bild von Vertrautheit und man wird, Stück für Stück, Zeuge einer großen, wenn auch kurzen, Liebes-Geschichte. Dies alles ohne Kitsch hinzubekommen ist wirklich eine Glanzleistung. Mariko Minoguchi ruhige Regie zeichnet ein realitätsnahes Bild eines verliebten Paares und schafft es, diese Verliebtheit so authentisch wie möglich zu projizieren. Diese Authentizität bricht sie auch nicht, als Natan ins Spiel kommt, sondern zaubert uns eine verstrickte Geschichte, mit nicht minder gefühlvollen Momenten, und glaubwürdigen Handlungen. Durch Natans Verzweiflung und Geldnot, fließen auch noch etwas kriminalistische Züge mit in die Geschichte hinein. Eine perfekte Zusammenführung zwischen Liebesdrama und Krimiplot und einer verschachtelten Szenenfolge bis zum großen Ganzen, entfaltet sich vor den Zuschauern. MEIN ENDE. DEIN ANFANG. ist ein intensives deutsches Drama, mit vielen Zeitebenen und einem mystischen Touch. Ein Film über Tragik und Hoffnung, Glück und Unglück, Leben und Tod sowie über die wahre Liebe. Die einleitenden Worte von Aron bei seinem Vortrag über Zukunft und Gegenwart, Déjà-vus und vorbestimmten Wegen, legen den Grundstein für die außergewöhnliche Erzählstruktur eines ungewöhnlichen Films. MEIN ENDE. DEIN ANFANG. handelt von der Gleichzeitigkeit der Zeit und dem, das alles irgendwie zusammenhängt. Der Film bricht mit der konformen Erzählstruktur und vermischt mehrere Zeitebenen, ohne der Angabe eines Datums. Mit der Hauptgeschichte verwebt sich eine weitere Nebengeschichte. Eine unstrukturierte, parallel laufende Zeitebene. Das kann Anfangs für Verwirrung sorgen, doch mit voranschreitender Spieldauer, gewöhnt man sich, fasziniert, daran.
Wohin die Reise gehen soll, bemerkt man recht schnell, es raubt den Film aber nichts an seiner Intensität aber leider etwas an Spannung. Doch da der Fokus mehr auf die Gefühlswelten der Protagonisten liegt, sei es dem Film verziehen.
Eine bedrückende Dunstschicht, liegt über den Bildern und vermittelt ein tiefes Gefühl der Trauer, selbst die „glücklichen“ Momente begleitet eine stetige Melancholie. Schock, Trauer und Einsamkeit. Liebe und Geborgenheit. Schmerz und Verlust. Diese schweren Themen beinhalten MEIN ENDE. DEIN ANFANG. und meistert diese mit Bravour. Doch es sind nicht nur die eindringlichen Bilder und die souveräne Inszenierung oder der eigenwillige Erzählstil, die diesen Film so besonders machen. Die Schauspieler sind hier eine wahre Offenbarung. Edin Hasanovic, spielt seine Figur Natan, prollig und laut, mit gefühlvollen Momenten bestückt. Saskia Rosendahl legt ihre Rolle als Nora, kindlich, leise und mit aufblitzenden Tendenzen zur Selbstzerstörung an. Julius Feldmeier, der die Figur Aron spielt, verkörpert seine Rolle klug, verträumt und voller Lebensenergie. Alle zusammen, bilden ein grandioses Dreiergespann an hervorragender Schauspielkunst. Dennoch stiehlt die wunderbare Rosendahl allen die Show. Mit einer unfassbaren Bandbreite an Emotionen und einer herausragenden Mimik, dominiert und verzaubert sie jede Szene.
Großes Gefühlskino jenseits vom Mainstream. MEIN ENDE. DEIN ANFANG. ist ein Film der Herzen erobern und gleichzeitig brechen wird. Authentisch und mystisch zugleich. MEIN ENDE. DEIN ANFANG. ist einfach anders und somit so wundervoll unperfekt!