"Ein in Schwarz und Weiß getunktes, filmisches Gemälde voller Gefühl"
Im Laufe der Zeit hat sich mein Filmgeschmack doch merklich verändert. Waren es in meinen jungen Jahren, Filme in den es ordentlich zur Sache ging, meine Favoriten, ganz egal ob Horror, Action oder Science-Fiction, ich sog es wie ein Schwamm auf. Und jetzt? Ja, ich mag diese Filme immer noch, aber sie holen mich nur in sehr seltenen Fällen vollkommen ab. Heute sind mir die kleinen, auch gerne ruhigen Filme, mit einer guten Grundidee oder hervorragenden Schauspiel lieber. Darum war ich auch von dem Trailer zu DER GEBURTSTAG so angetan. Ein deutscher Genre-Film in Schwarz-Weiß? Genau mein Ding dachte ich mir. Und ich sollte mich auch nicht irren. Warum und weshalb mir dieser kleine charmante Film so gut gefallen hat, das erfahrt ihr wie immer in den folgenden Zeilen.
Die Erkenntnis vom Vatersein
In DER GEBURTSTAG erzählt Drehbuchautor und Regisseur Carlos A. Morelli eine gefühlvolle Geschichte von einem Mann, der durch die Scheidung seiner Frau und zu viel Arbeit vergessen hat, was es bedeutet, Vater zu sein. Matthias (Mark Waschke) ist auf dem Weg zu seiner Ex-Frau Anna (Anne Ratte-Polle) um mit ihr, den Geburtstag ihres gemeinsamen Sohnes Lukas, (Kasimir Brause) zu feiern. Erst holt er noch die Geburtstagstorte und danach, wie immer zu spät, seinen entfremdeten Sohn von der Schule ab. Bei Anna angekommen, herrscht sofort wieder eine angespannte Atmosphäre und Matthias versucht sich irgendwie einzubringen. Doch durch seine abwesende Anwesenheit ist er eher ein Hindernis, als eine wirkliche Unterstützung. Als es zu regnen beginnt, wird die Party nach drinnen verlegt und das Fest wird trotz der Umstände, ein Erfolg. Nach der Feier, am späten Abend, bemerken Matthias und Anna plötzlich, dass eine Mutter ihren Sohn nicht abgeholt hat. Matthias fährt den kleinen Julius (Finnlay Jan Berger) nach Hause. Auf diesem kleinen aber vielschichtigen Trip, kommt er zu einer längst überfälligen Erkenntnis und merkt erst durch ein fremdes Kind wie sehr ihm sein Eigenes doch fehlt.
Morelli erzählt seine zeitlose Geschichte auf unkonventionelle Art, die wie ein Film Noir anmutet und mit dem Zuschauer permanent spielt. Eingetaucht in stechend scharfe Schwarz-Weiß-Bilder, schreitet die scheinbare Alltäglichkeit voran und der zugleich melancholische wie belebend jazzige Score, untermalt jede Szene eindrucksvoll. Die Geschichte ist durchzogen von einer schwermütigen Atmosphäre, wird aber mit den leichtfüßigen Dialogen bestens ausbalanciert. Egal wie sehr dieser Tag aus den Fugen gerät, bleibt das Drehbuch dennoch immer nahbar und glaubwürdig. Die in drei Kapiteln aufgeteilte Geschichte ist ein kleines Filmisches-Juwel, mit vielen interessanten Facetten. Mystisch, nachdenklich und mit einer emotionalen Tiefe besticht DER GEBURTSTAG aber vor allem mit dem grandiosen Spiel von Mark Waschke, der den im Leben verirrten Vater glaubwürdig performt. Das Pacing ist durchweg flott und weist zu keinem Zeitpunkt lästige Längen auf. Ein flüssiges Filmerlebnis ist somit garantiert. Erlebnis ist wohl auch das richtige Wort, für diesen liebevollen Film, der kontinuierlich seine und die Faszination des Zuschauers steigert. Zusammen mit der klugen Kameraarbeit und dem liebevoll in Szene gesetzten Setting, wird aus dem kleinen Familiendrama ein filmisches Glanzstück voller Wahrhaftigkeit und Intensität. Dies alles und die wunderbar entschleunigte Gangart sowie die unaufgeregte Erzählstruktur, machen DER GEBURTSTAG so nah, so echt, so unverfälscht schön!
Ein ungewohnter Genre-mix der märchenhaft authentisch, die Sinne und die Gunst der Zuschauer erobert. DER GEBURTSTAG - EIN KLEINES SCHWARZWEIßES KINO-JUWEL!