Nationalparkpodcast beleuchtet Natura2000-Schutzmaßnahmen in der Managementzone
Ziel des Borkenkäfermanagements in der Managementzone des Nationalparks Bayerischer Wald ist es, eine Ausbreitung auf umliegende Privatwälder zuverlässig zu verhindern. Gleichzeitig muss dabei aber auf besondere Lebensräume und streng geschützte Arten achtgegeben werden. Wie das zusammen funktioniert, wird in der neusten Folge des Podcasts „Wildnis schafft Wissen – Spezial“ am Beispiel des Dreizehenspechtes erklärt.
„Beim Überprüfen einer Borkenkäferfläche hier unterhalb des Rachels habe ich immer wieder einen Specht rufen hören“, erklärt Nationalparkranger Mario Schmid. Er ist einer von insgesamt 40 Personen, die aktuell in der Managementzone des Nationalparks nach vom Borkenkäfer befallenen Fichten suchen. „Dann habe ich in einer alten Fichte tatsächlich eine Nisthöhle vom Dreizehenspecht gefunden und entdeckt, dass die Tiere dort brüten.“ Da es sich beim Dreizehenspecht um eine der nach Natura 2000-Vorgaben geschützten Vogelarten im Nationalpark handelt, wurde umgehend Jochen Linner informiert. Er ist in der Nationalparkverwaltung für Natur-, Arten- und Biotopschutz zuständig und damit auch für die Einhaltung dieser Schutzmaßnahmen: „Natura 2000 ist ein großes Schutzgebietsnetz, das sich über die ganze EU erstreckt und zum Ziel hat, seltene Arten und Lebensräume zu schützen und zu erhalten. Nahezu der ganze Nationalpark einschließlich der Managementzone ist Natura 2000-Gebiet, dort leben zahlreiche Arten, für die der Nationalpark eine besondere Verantwortung hat, wie der Luchs, Fischotter oder eben auch der Dreizehenspecht.“
Beim Dreizehenspecht handelt es sich um eine besonders seltene Art, die im Rahmen von Natura 2000 besonderen Schutz erfährt.
Da sich ein Paar dieser besonders seltenen Spechtart eine Borkenkäferfläche in der Managementzone als Lebensraum gewählt hat, wird dies bei der Bekämpfung des Buchdruckers berücksichtigt. „Wir schauen uns heute die Fläche gemeinsam an und besprechen das weitere Vorgehen“, erklärt Jochen Linner als er gemeinsam mit dem Nationalparkranger zur besagten Fläche aufbricht. „In diesem Fall ist es so, dass die Borkenkäfermaßnahmen in einem bestimmten Umkreis um den Brutbaum ruhen, bis die Brut der Dreizehenspechte abgeschlossen ist. Für das Borkenkäfermanagement ist das aber kein Problem, da die Fichten sehr frisch befallen sind und die Aufzucht der jungen Dreizehenspechte nur etwa 20 bis 25 Tage dauert.“ Generell handle es sich bei dem aktuellen Fall um eine echte Seltenheit, erklärt Linner weiter. „Dass eine Dreizehenspechtbrut mit einem Borkenkäferbefall in der Managementzone zeitlich zusammenfällt, ist die Ausnahme.“ Zu den häufigsten Maßnahmen zur Umsetzung eines Natura 2000-gemäßen Borkenkäfermanagements im Nationalpark gehört die aktive Anreicherung von Totholz durch Entrindung und der Schutz von empfindlichen Moorböden, beispielsweise durch den Einsatz von Seilkränen oder Helikoptern beim Holztransport.
Das Vorkommen des Dreizehenspechtes in Bereichen wo auch der Buchdrucker aktiv ist, überrascht dagegen weder Jochen Linner noch Ranger Mario Schmid. „Unsere insgesamt sieben Spechtarten im Nationalpark profitieren vom Borkenkäfer, da sie unter der Rinde abgestorbener Bäume viel Nahrung finden und in das Totholz ihre Bruthöhlen bauen können“, erklärt Schmid bereits mit einem Fernglas in der Hand. So können er und Jochen Linner das Geschehen an der Dreizehenspechthöhle aus der Ferne beobachten. Alle paar Minuten fliegen die Elterntiere mit einem Schnabel voller Insektenlarven heran.
„Ich schaue nun regelmäßig an der Nisthöhle vorbei und überprüfe ob die Jungen schon ausgeflogen sind und gebe dann dem zuständigen Förster Bescheid, dass die Borkenkäfermaßnahmen wieder weitergehen können“, erklärt Ranger Mario Schmid. „Durch die enge Zusammenarbeit unserer Praktiker draußen und uns in der Nationalparkverwaltung schaffen wir den Spagat zwischen einem raschen und effektiven Borkenkäfermanagement und dem Schutz besonders sensibler Lebensräume und sehr seltener Arten. Das ist eine echte Teamleistung“, lobt Jochen Linner am Ende der erfolgreichen Begehung. Sobald die jungen Dreizehenspechte ausgeflogen sind, kann die Borkenkäferbekämpfung auf der betroffenen Fläche also wieder zügig fortgesetzt werden.
Überprüften gemeinsam eine Nisthöhle des seltenen Dreizehenspechtes in der Managementzone des Nationalparks, Jochen Linner aus der Nationalparkverwaltung (links) und Ranger Mario Schmid.