Mit spektakulären Bildern und einer zuckersüßen Story, ist dieser ambitionierte Jugendfilm - Der Junge und die Wildgänse - wohl genau das Richtige, in dieser düsteren Zeit. Der Film, bzw. eine Figur im Film, hat ein reales Vorbild. Es handelt sich dabei um den französischen Aktivisten Christian Moullec, der zusammen mit seiner Frau Paola seit den 90ern fast vergleichbare Aktionen zur Rettung durchführte. Diese Technik der Prägung und die Ultraleichtflugzeuge wurden, bis heute, perfektioniert und findet noch Heute ihre Anwendung. Mit dieser Erkenntnis, steht einem wundervollen Filmerlebnis wohl nichts mehr im Wege.
Jedes Jahr im Herbst machen sich, in Nord- und Mitteleuropa, Millionen von Zugvögel auf eine beschwerliche Reise nach Süden. Doch immer weniger überstehen diese und die Zahl der „Opfer“ steigt jährlich. Die bittere Erkenntnis und der Grund für diese traurige Entwicklung sind wir, die Menschen. Durch unsere egoistische und zerstörerische Art, wie wir mit der Welt und ihren Bewohnern umgehen, ist katastrophal. Somit steigt auch die Zahl, der für die Zugvögel tödlichen Gefahren. Durch Vogeljägern, oder durch Flughäfen sowie riesige luftverpestende Schornsteine, oder Windkraftanlagen, machen die Route der liebevollen Federwesen zu einer tödlichen Mission. Ohne Rücksicht auf Verluste, macht der Mensch was er will. Dadurch müssen die Vögel lernen, den Menschen und seinen Todesfallen auszuweichen. Und wie dies aussieht, das erzählt uns die Geschichte von Der Junge und die Wildgänse auf seine ganz besondere Art.
Der Videospiel-Verrückte Junge Thomas, hat sich seine Ferien anders vorgestellt. Denn als ihm seine Mutter offenbart, dass er seine Sommerferien bei seinem Vater Christian, in der Provence, verbringen soll, ist dies nahezu vergleichbar mit einem Weltuntergangsszenario. Die Vorstellung, ein paar Wochen bei seinem Vater in der Natur verbringen zu müssen, ist für ihn eine albtraumhafte Tortur. Dennoch, muss er sich den Willen seiner Eltern beugen. Doch was Thomas nicht weiß ist, dass ihm kein trivialer Sommer bevorsteht. Sein Vater hat nämlich etwas ganz Besonderes vor. Er erforscht eine bedrohte Art von Wildgänsen und hat einen tollkühnen Plan: Sein Sohn Thomas soll ihm helfen, einen Schwarm verwaister Junggänse eine sichere Flugroute, von Norwegen nach Frankreich, zu zeigen. Entgegen seiner vorherigen Zweifel und seiner Abneigung gegen diese Art von Ferien, schafft es Thomas, eine Bindung zu den Tieren aufzubauen und freundet sich mit ihnen an. Schon bald erlebt Thomas das größte und spektakulärste Abenteuer seines Lebens...
Der Junge und die Wildgänse beginnt wie eine typisch französische Komödie, mit leisem subtilen Humor, vielen Dialogen und ein paar skurrilen Figuren. Regisseur Nicolas Vanier lässt sich viel Zeit, mit seinen Figuren und der Entstehung des eigentlichen Abenteuers. Er setzt den Fokus auf das Wunder des Lebens und besticht mit wundervollen Aufnahmen der jungen Wildgänsen. Wie sie sich langsam an Thomas gewöhnen und sich mit ihm anfreunden. Sehr sensibel und mit viel Feingefühl, werden dem Zuschauer die ungewöhnlichen Methoden von Christian und seinem Sohn nähergebracht. Dadurch wird man in die Geschichte mit eingebunden und baut auch eine gefühlsbestimmte Bindung, zu den wunderschönen Geschöpfen, auf.
Das Drehbuch ist nicht gerade sehr innovativ und man merkt schon von der ersten Filmminute an, wo uns die Geschichte hinführen wird. Das macht aber überhaupt nichts, denn Der Junge und die Wildgänse ist einfach wunderschön anzusehen und trägt ein kindliches Herz inne, sowie eine rührende Botschaft. Noch dazu, kann die einfach gestrickte Abenteuergeschichte zu jedem Zeitpunkt fesseln, auch wenn man den Ausgang der Geschichte erahnen kann. Die sagenhaften Bilder, die uns Kameramann Eric Guichard, mit seinen Spiel der Perspektiven, präsentiert, erzeugen ein wohltuendes Gefühl, welches den Zuschauer in das Geschehen hinein transportiert. Diese spektakulären Augenblicke, aus der Luft, die hier eingefangen werden und die detailverliebten Nahaufnahmen der Gänse, insbesondere die von Akka, die Nonnengans, sind einfach traumhaft schön. Großartige Naturbilder, egal ob von, die Camargue, den zuckersüßen Zwerggänse oder von Norwegen, alles ein wahrer Augenschmaus.
Dass der Film so gut funktioniert, liegt zum großen Teil an den herausragenden Darstellern und ihrer liebenswerten Figurenzeichnung. Denn nahezu alle Darsteller, verleihen ihrer Figur eine glaubhafte und vor allem gefühlvolle Tiefe. Egal ob Mélanie Doutey als besorgte Mutter Paola, oder Frédéric Saurel als Bjorn, der meist angetrunkene aber liebevolle Freund von Christian. Sie alle spielen ihre Rollen glaubhaft und handeln nachvollziehbar. Doch das schlagende Herz des Films sind die Performance von Jean-Paul Rouve, als liebevoller Vater und als Wegweiser, der spektakulären Artrettung, sowie sein Filmsohn Thomas, gespielt von Louis Vazquez. Beide verkörpern all das Gute was uns Menschen so einzigartig macht. Wunderbar!
Ohne unnötigen Kitsch und glaubhaft gespielt, transportiert Der Junge und die Wildgänse eine wundervolle und wichtige Botschaft. Mit atemberaubenden Bildern, wird einem die Schönheit dieser Welt und deren Geschöpfe wieder vor Augen geführt, so dass man sich dem Geschehen nur schwer entziehen kann. Die Erde und ihre wundervoll vielfältigen Bewohner, sind es Wert gerettet zu werden. Wir müssen anfangen, die Welt wieder mit Kinderaugen zu betrachten und sie von unseren „erwachsenen“ Idealen zu befreien. Der Junge und die Wildgänse, ist kein filmisches Meisterwerk, aber dafür einfach berührend schön, in all seinen Facetten.
Wie eine warme Brise in einer lauen Sommernacht und wie ein wohltuender Sonnenstrahl auf einer wintergebeutelten Haut. Das ist Der Junge und die Wildgänse! Genau das Richtige in dieser harten, von Kriegen, Umweltverschmutzung und Nöten geplagten Zeit, um uns wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Menschlichkeit, Liebe und Naturverbundenheit! Die Einfachheit der Schönheit!