„Das sind mal doppelt gute Nachrichten“, freut sich Professor Jörg Müller, der stellvertretende Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald. Nicht nur in Deutschlands ältestem und größten Waldnationalpark gibt es in diesem Jahr wildlebenden Habichtskauz-Nachwuchs. Auch bei einem Wiederansiedelungsprojekt im Naturpark Steinwald im Nordosten Bayerns, das auch der Nationalpark unterstützt, ist erstmals ein Bruterfolg nachzuweisen.
„Schon Anfang des letzten Jahrhunderts wurde der Habichtskauz im bayerisch-böhmischen Grenzgebirge ausgerottet“, erklärt Jörg Müller. „Mein Vorgänger, Dr. Wolfgang Scherzinger, hat nach der Gründung des Nationalparks Bayerischer Wald erfolgreich Habichtskäuze gezüchtet und hier ausgewildert, später auch zusammen mit den Kollegen im Šumava. Darauf gehen unsere heutigen Bruten im Bayerischen Wald zurück.“ Damit eine der größten Eulenarten Europas aber dauerhaft wieder ein Bewohner der heimischen Wälder sein kann, braucht es mehr starke Hochstümpfe und Uraltbäume mit großen Höhlen auf großer Fläche, weiß der Wissenschaftler: „Deshalb haben wir es sehr begrüßt, als wir vor einigen Jahren von einem Wiederansiedelungsprojekt in den nordöstlichen Mittelgebirgen Bayerns erfahren haben und hoffen, dass beide Populationen die nur 100 Kilometer Entfernung mittelfristig überbrücken, sich vernetzen und damit dauerhaft überlebensfähig werden.“
In einer 300-jährigen Urwaldbuche konnte der Nationalpark Bayerischer Wald in diesem Jahr erneut freilebenden Habichtskauz-Nachwuchs feststellen.
Vor rund sieben Jahren begann der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz & Biodiversität, kurz VLAB, damit, unter anderem im Naturpark Steinwald Habichtskäuze auszuwildern. Nun scheinen die Bemühungen von Erfolg gekrönt zu sein. „Während des Monitorings der Nistkästen im Frühjahr sind wir auf ein erstes Habichtskauzpaar gestoßen“, erklärt Projektleiterin Michaela Domeyer vom VLAB. „Ein Förster spielte uns kurz darauf ein Bild eines weiteren Altvogels in einem der Nistkästen zu. Inzwischen konnten wir nachweisen, dass es in beiden Fällen Bruterfolg gab.“ Ein historischer Erfolg, schließlich sei es seit der Ausrottung der Tiere in Bayern der erste wilde Habichtskauz-Nachwuchs außerhalb des Bayerischen Waldes.
Bei einem Wiederansiedelungsprojekt im Naturpark Steinwald gab es dieses Jahr erstmals Habichtskauz-Nachwuchs, der erste außerhalb des Bayerischen Waldes.
Unterstützung erhalten die Artenschützer bei der Wiederansiedelung aus vielen in- und ausländischen Zoos, Tierparks und Falknereien. Auch der Nationalpark Bayerischer Wald hat sich bereits mehrfach an dem Projekt beteiligt. Erst vergangenes Jahr konnten erneut zwei Jungtiere aus dem Tier-Freigelände Neuschönau zur Auswilderung an den Verein übergeben werden. „Aus unseren Nachzuchten konnten wir im Laufe der letzten Jahre bereits sechs junge Habichtskäuze abgeben. Das geht, weil wir im Nationalpark in freier Wildbahn regelmäßig Bruten haben“, erläutert Jörg Müller. „Besonders freut mich, dass wir in einem unserer Urwaldgebiete in einer über 300 Jahre alten Buche heuer bereits zum insgesamt dritten Mal Habichtskauz-Nachwuchs feststellen konnten.“ Das zeige, wie wichtig Totholz und alte Bäume in Wäldern sind. „Der Habichtskauz ist deshalb eine unserer Schirmarten, wenn es um naturnahe und totholzreiche Wälder auch außerhalb des Nationalparks geht.“