Überbordende Bürokratie und Mobilität im ländlichen Raum Hauptthemen
Bei einem Fachgespräch zwischen dem Abgeordneten Martin Behringer und Franz Birnbeck, dem Vizepräsidenten der IHK Passau, standen aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen im Fokus. Insbesondere die steigende Bürokratiebelastung und die Infrastrukturthemen der Region waren Gesprächsthema.
Ein wichtiges Thema waren Infrastrukturthemen aus dem Landkreis, etwa die geplante Umgehung bei Schweinhütt, aber auch der Ausbau der B11 und ein funktionierender ÖPNV. „Die heimischen Betriebe brauchen eine gut ausgebaute Infrastruktur, damit sie wettbewerbsfähig sind. „Nur so können wir Arbeitsplätze und in der Folge unseren Wohlstand erhalten“, so Birnbeck im Gespräch.
Alle Player in der Region müssen zusammenarbeiten, damit der Wirtschaftsstandort Regen gestärkt wird und unsere Region lebenswert bleibt“, bekräftigte IHK-Vizepräsident Birnbeck.
Nicht zum ersten Mal hörte der zuständige Abgeordnete Martin Behringer die Forderung nach einem deutlichen Bürokratieabbau. Bei seinem Gespräch mit dem Vizepräsidenten der IHK Franz Birnbeck musste er sich erneut anhören, dass die Bürokratiebelastung stetig zunehme. Arbeitskräftemangel und hohe Energie- und Transportkosten sind weitere negative Einflussfaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung. Gut verständlich, dass das Thema Bürokratie auch im Mittelpunkt des Antrittsbesuchs des neuen Abgeordneten stand.
Franz Birnbeck beklagte zudem das komplizierte Antragsverfahren bei Ausschreibungen. Oft lohne es sich nicht mehr mitzumachen, kritisierte Birnbeck.
Ein Beispiel für die überbordende Bürokratie konnte der Seniorchef der Fa. Papier Langer aus eigenem Erleben beitragen. Als Fachgroßhändler ist die Fa. Langer von der Verpackungsverordnung betroffen und das im Wortsinn.
Jeder s.g. Erstinverkehrbringer beispielsweise von Lebensmittelverpackungen, wie Bäcker- oder Metzgertüten, Pappbecher usw., ist verpflichtet für die fachgerechte Entsorgung dieser Verpackung zu sorgen. Hierfür hat er zum einen die Mengen der von ihm in Verkehr gebrachten Verpackungen zu dokumentieren und ist zum anderen für die fachgerechte Entsorgung zuständig.
Da dies in der Regel nicht dadurch zu bewerkstelligen ist, dass der Bäcker entsprechende Behältnisse aufstellt, in denen die gebrauchte Verpackung zurückgegeben wird, schließt er sich einem Verwertungssystem wie bspw. dem grünen Punkt an.
Jedoch sind die bürokratischen Anforderungen an die Dokumentationspflicht gerade für kleinere Betriebe oft gar nicht mehr zu leisten. Aus diesem Grund haben diese Betriebe die Möglichkeit die Dokumentations- und Abgabepflichten auf ihren Vorlieferanten, in diesem Beispiel auf die Fa. Langer, zu delegieren. Das Großhandelsunternehmen Langer schließt dementsprechend mit einem Entsorgungsunternehmen einen Vertrag über die Entsorgung der von ihm an die betreffenden Bäcker/Metzgerbetriebe usw. gelieferten Verpackungsmittel ab.
Zu diesem Zweck führt Langer in seinem EDV-System eigene Gewichtstabellen für jedes von ihm angebotene Verpackungsmittel um dann mittels entsprechender Umrechnungstabellen die Entsorgungsgewichte der Verpackungen, die bspw. per 100 Stück oder per 1.000 Stück verkauft werden, zu ermitteln. Für jede Tüte die der Kunde, der die Fa. Langer mit der Entsorgung betraut hat und dort kauft wird ihm dann auf der Rechnung neben den Stück-Preisen auch ein Entsorgungspreis in Rechnung gestellt. Dies wiederum dient dem Kunden als Nachweis, seiner Entsorgungspflicht nachgekommen zu sein. Das Großhandelsunternehmen muss dokumentieren, zu welchem Zeitpunkt ein Kunde es mit der Entsorgung betraut hat.
Die gespeicherten Daten zu den Entsorgungsmengen kann der Kunde jederzeit abrufen. Darüber hinaus meldet die Fa. Langer dem Entsorgungsunternehmen in regelmäßigen Abständen die an die Kunden gelieferten Mengen für die unterschiedlichen Entsorgungsfraktionen wie Alu, Pappe, Kunststoffe und Verbundstoffe. Durch die Meldung wird sofort eine entsprechende Rechnung an die Fa Langer erstellt.
Die Meldung ist aber nicht nur an das Entsorgungsunternehmen vorzunehmen, sondern auch zeit- und mengengleich an das Portal LUCID zu übermitteln. Das Verpackungsregister LUCID ist ein Instrument der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR). Diese ist für die Organisation, Durchführung und Kontrolle des Verpackungsgesetzes (VerpackG) zuständig, das 2019 in Kraft trat. Das Register für Verpackungen (LUCID) soll dafür sorgen, dass die Aufgaben korrekt umgesetzt werden.
Entsprechende Software programmieren zu lassen bedeuten schon einen erheblichen finanziellen Aufwand, da diese Software in ein bestehendes Warenwirtschaftssystem integriert werden muss. Zudem entsteht auch über die Verwaltung und die notwendigen Einträge in die Portale des Entsorgers und bei LUCID ein nicht unerheblicher personeller Zusatzaufwand.
Darüber hinaus ist der Großhändler gezwungen eine sog. initiale Planmengenmeldung am Jahresende abzugeben – sie dient einer Mengenschätzung für das Folgejahr.
Mit der unterjährigen Mengenmeldung werden Ist-Mengen der auf den deutschen Markt gebrachten Verpackungsmaterialien deklariert. Zu diesem Zeitpunkt kann die ursprüngliche Planmengenmeldung nochmals korrigiert werden. Nach dem Ende eines Kalenderjahres muss eine Jahresabschlussmeldung abgegeben werden. Soweit diese Jahresabschlussmeldung den Wert der Planmengen unter- oder überschreitet, werden entsprechende Nachforderungen fällig, die der Großhändler sprich die Fa. Papier Langer seinen Kunden ja nicht mehr nachträglich in Rechnung stellen kann.
„Hier fehlt das Augenmaß und das betriebswirtschaftliche Verständnis und in letzter Konsequenz auch die Erkenntnis, dass uns das in Deutschland eine Menge Arbeitsplätze kosten kann,“ fasste Behringer kopfschüttelnd zusammen.
Die Summe der Negativ-Faktoren führe zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für den Standort. Und dann stellen sich womöglich Firmen, die Frage, ob der Standort Deutschland für sie noch zukunftsfähig ist, bestätigte Birnbeck.
Unterm Strich spüren viele Wirtschaftsbereiche die Kaufzurückhaltung der Verbraucher, doch wie hart es sie trifft, ist ganz verschieden. International tätige Unternehmen können schwache Umsatzzahlen in Deutschland durch Exporte kompensieren. Im Dienstleistungssektor ist das nicht so einfach.
Für das Jahr 2024 bleibt abzuwarten, wie sich der Dienstleistungssektor und der Tourismus in unserer Region entwickeln werden.