Aufgrund der warmen Witterung rechnet die Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald damit, in den kommenden zwei Wochen die ersten vom Buchdrucker befallenen Fichten vorzufinden. Um eine Ausbreitung des Borkenkäfers rasch zu verhindern, wurden im Sachgebiet Wald- und Flächenmanagement alle Kräfte gebündelt. Ab heute sind die ersten Borkenkäfersucher im Einsatz.
„Seit Jahren steigt nicht nur im Bayerischen Wald, sondern in ganz Bayern der Befall durch den Borkenkäfer“, erklärt Ursula Schuster, Leiterin des Nationalparks Bayerischer Wald. „Da wir auch heuer einen erhöhten Befall insbesondere im Falkenstein-Gebiet erwarten, haben wir uns bestens vorbereitet und sind für jeden Fall gerüstet.“ Neben der effektiven Bekämpfung des Borkenkäfers in der Managementzone hat auch der Schutz der Natur oberste Priorität. Eine große Rolle spielt hier die Anreicherung von Totholz, unter dessen Bewohnern sich überdurchschnittlich viele bedrohte Arten finden. „Deren Lebensräume können auch im Rahmen von Borkenkäfermanagement gesichert werden, wenn Stämme oder Wurzelteller im Wald bleiben.“ Auch heuer hat die Nationalparkverwaltung alle Vorbereitungen getroffen, um beide Ziele in Einklang bringen zu können.
Ingo Brauer, Leiter der Nationalparkdienststelle Scheuereck (l.), und Martin Scholz, stellvertretender Leiter des Sachgebietes Wald- und Flächenmanagement, bei der Kontrolle einer Käferfalle
Zunächst steht als Maßnahme die Suche nach befallenen Fichten an. In den vergangenen Tagen sind die ersten Borkenkäfer, die den Winter über unter der Rinde verbracht haben, ausgeschwärmt und nun auf der Suche nach einer befallsfähigen Fichte. „Sichtbar wird dies durch die Anzahl der Individuen in den Käferfallen, die uns zeitnah Aufschluss über die Aktivität des Buchdruckers geben“, erklärt Ursula Schuster. Die Käferfallen wurden im Rahmen eines gemeinsamen Borkenkäfermonitorings mit der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen in einem Korridor von bis zu drei Kilometern beidseits der Nationalparkgrenze aufgestellt. „Mit dieser Methode behalten wir die Situation im Blick und können die Mitarbeiter, die befallene Bäume suchen, entsprechend einsetzen.“
Insgesamt sind ab sofort an die 40 Nationalparkmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in den sechs Nationalparkdienststellen, die wiederum in 40 Suchbezirke aufgeteilt sind, unterwegs. „Gesucht wird nach Fichten, an deren Rinde sich Bohrmehl befindet“, erklärt Martin Scholz, stellvertretender Leiter des Sachgebietes Wald- und Flächenmanagement. „Das ist das erste Anzeichen, dass der Baum vom Borkenkäfer befallen ist.“ Danach wird unmittelbar reagiert.
„Das klassische Management sieht vor, dass die Bäume aus dem Wald gebracht und an Sägewerke verkauft werden.“ Dies kann durch Harvester geschehen oder in sensiblen Bereichen, wie etwa Moorflächen, auch durch Rückepferde, Seilkräne oder sogar Transporthubschrauber. „Da im Nationalpark jedoch im Vergleich zu Privat- oder Staatswäldern keine Gewinnorientierung verfolgt wird, kein großer Druck auf den Holzmarkt ausgeübt werden soll und darüber hinaus der Schutz der Natur an erster Stelle steht, kommen auch naturschonendere Maßnahmen zum Einsatz.“
Debarking Harvester entrinden Fichten vor Ort. So kann das Totholz als wertvoller Lebensraum im Wald bleiben
Beispielsweise Debarking Harvester, die die Fichten fällen und direkt vor Ort entrinden. Fehlt die Rinde, kann sich der Buchdrucker nicht mehr vermehren und die Stämme können als wertvolle Biomasse und Totholz im Wald bleiben. „Ökologisch noch besser, dafür aber auch zeitaufwendiger, ist das streifenförmige Entrinden von Baumstämmen“, berichtet Scholz weiter. Auch hierbei werden die Fichten zunächst gefällt. Im Anschluss kommen Waldarbeiter-Trupps mit speziellen Motorsäge-Aufsätzen zum Einsatz. „Bei derartig behandelten Bäumen kann sich der Buchdrucker nicht mehr vermehren, aber dennoch sind diese Stämme durch Pilze und andere Insekten besser besiedelbar, da noch schmale Rindenstreifen am Stamm verbleiben.“
Damit diese Arbeiten schnell und reibungslos über die Bühne gehen können, hat die Nationalparkverwaltung umfangreiche Rahmenverträge für forstliche Dienstleistungen abgeschlossen. „Insgesamt haben wir in diesem Jahr die Möglichkeit, 231.000 Festmeter Schadholz von externen Unternehmen aufarbeiten zu lassen“, sagt Scholz. „Sollte mehr nötig sein, ist eine Erhöhung möglich.“ Damit steht in der Managementzone zu Beginn der Saison ein bestmögliches Arsenal an allen erdenklichen Holzerntemaßnahmen zur Verfügung.
Wertvolle Dienste wird ab diesem Jahr auch eine neue App leisten, in der alle befallenen Bäume in der Managementzone erfasst werden. „Die darin enthaltenen Daten geben einen zeitscharfen Überblick über die Borkenkäfer-Entwicklung im gesamten Nationalpark“, ergänzt Ursula Schuster. Auch dank diesem Hilfsmittel können Borkenkäfersucher effizient und Rückeunternehmen schneller eingesetzt werden.