Dreiviertelblut erobert im zweiten Album Finsterlieder das zurück, was unserer Gesellschaft verloren gegangen ist, nämlich der Mut, den Tod anzunehmen, ihn willkommen zu heißen. Der Mut, dem Sterben, dem Schmerz und dem Abschied humorvoll und lebensbejahend ins Gesicht zu sehen – oder frech ins Gesicht zu grinsen. Wo man sonst lieber wegschaut, gucken Gerd Baumann und Sebastian Horn mit schonungslosen Texten und stimmungsvoller Musik ganz genau hin: In die klaffenden Wunden des Gekreuzigten, in die Gedanken eines Schafe-zählenden Schlaganfallpatienten und in die einer Leiche unter der Erde.
In „Wuist du mit mir danzn“ wird zerstörerische, blutrünstige Lebensfreude gefeiert, während in „Bring mi Hoam“ resignierte Erschöpfung und die schmerzvolle Sehnsucht nach Nähe – oder die Sehnsucht nach schmerzvoller Nähe spürbar wird. In dem Song „Im Mai“ erwacht in mitten wunderschöner, poetischer Bilder des blühenden Lebens, einsam und melancholisch das Bewusstsein über den Verlust eines geliebten Menschen. Das Gefangenendasein des Menschen zwischen Makro- und Mikrokosmos und ein gescheiterter Fluchtversuch in beide Richtungen ist das Thema in „Zeit“. „Der Schläfer im Tal“ ist die Adaption eines Rimbaud-Gedichts über einen verbluteten Soldaten, „I lieg am Ruckn“ eine seelenverwandte Hommage an das Ludwig-Hirsch-Lied – eine Selbstbekundung einer einsamen Leiche, der es im Grab kalt ist. Humorvoll Morbides trifft auf romantische Todessehnsucht, auf die Zeitwahrnehmung einer Fliege – und auf Politik. Zu Finsterlieder gehören nämlich auch „Ned nur mia“, ein Song, der 2015 anlässlich der Kundgebung „Mia san ned nur mia“ gegen die bayerische Abschiebepolitik entstand, und zwei Lieder, die für den Starkbieranstich am Nockherberg geschrieben wurden: „Der Sturm“, aus dem Singspiel 2016, in dem es nur an der Oberfläche um die Suche nach Zuflucht vor einem Unwetter geht, und der Song „Ois is koid“, in dem das Singspiel 2015 mit großem Abstand und unheilbarem Heimweh auf den blauen Planeten blickte.
„Finsterlieder“ ist eine fröhliche Party am und im Abgrund, eine musikalische Aufbahrung und ein textlicher Totentanz. Die Songs vereinbaren, was als kaum vereinbar gilt: das Bairische als Seelensprache, ein sehnsüchtiges Lächeln in der tiefsten Trauer, Jazz und 70´s Moog Synthesizer, Zwiefacher und Punkschlagzeug, ein süßer Klang und die Fliege, die im Mund eines Sterbenden verschwindet…
Sein und Nicht-Sein sind hier keine Gegensätze, sondern untrennbar miteinanderverbunden: denn in der Begegnung mit dem Tod wohnt die höchste Lebensfreude.
„Es geht um Dinge die uns beschäftigen. Und Dancing Queen ist es nicht.“ (Gerd Baumann, 5.8.2016)
* Sebastian Horn
Sänger der Bananafishbones, Komponist und Texter zahlreicher Film-Songs (3 Räuber, Easy Day u.v.a.), Theatermusiken (Fahrenheit 451, Jenseits von Eden, Das Fräulein von Scuderi) und des Musicals Rico, Oskar und die Tieferschatten, sowie des Musicalbuchs „Die neugierige kleine Hexe“ in Zusammenarbeit mit Gerd Baumann. Zusammen mit den Bananafishbones „Lieselotte und der Verschwundene Apfelkuchen“ (erscheint 2016)
* Gerd Baumann
Gitarrist, Produzent und Komponist vieler Kinofilme (Wer früher stirbt ist länger tot, Almanya, Zettl, Sommer in Orange, Räuber Kneissl, Spieltrieb, Die Brücke am Ibar u.v.m.), Fernsehfilme (Operation Zucker, Sau Nummer 4, In aller Stille, Die Hebamme, Blaubeerblau u.v.m.) und des Hochwasser-Benefiz-Songs „Weida mitanad“.
** Trackliste **
1. Der Schäfer im Tal
2. Zeit
3. Ned nur mia
4. Abgesang
5. Im Mai
6. Wuist Du mit mir danzn
7. Der Sturm
8. Bring mi hoam
9. I lieg am Ruckn
10. Löcher
11. Schaf
12. Ois is koid
13. Weck mi ned auf
** Kompakt-Infos **
Titel: Finsterlieder
Inhalt: 13 Tracks, 60:05 min
Label: Millaphon Records GmbH
Vertrieb: Broken Silence
Texte: Sebastian Horn, Gerd Baumann (Track 2, 13)
Komposition: Gerd Baumann
"I lieg am Ruckn": Komponist und Texter Ludwig Hirsch, Neue Welt Musikverlag
Aufgenommen und gemischt von Gerd Baumann im Millatonstudio, München im Frühjahr 2016 Produziert von Gerd Baumann, co-produziert von Sebastian Horn
Sebastian Horn · Gesang
Gerd Baumann · Akustik-Gitarre, E-Gitarre, Ukulele, Cavaquinho, Banjo, Trompete, Tenorhorn, Melodica, Percussion, Klavier, Harmonium, Wurlitzer-Piano, Moog, Kalimba, Gesang
Michaela Brückner, Christina Wiesholzer, Susanne Wiesner · Dreigesang (2)
Dominik Glöbl · Trompete, Tenorhorn, Gesang
Florian Riedl · Klarinette, Bassklarinette
Luke Cyrus Götze · Lapsteel, Dobro, E-Gitarre
Benjamin Schäfer · Kontrabass
Florian Rein · Schlagzeug, Percussion (1, 4, 5, 9) aufgenommen im Bergbeat Studio Andi Haberl · Schlagzeug (2, 3, 6, 7, 8, 10, 11, 12)
Gregor Hübner · Violine, Klavier (8, 12, 13)
*Live auf Tour:
08.10.16 München, Prinzregententheater ** mit den Münchner Symphonikern
13.10.16 Irschenberg, Dinzler
21.10.16 Neusäß, Stadthalle
22.10.16 Ergolding, Bürgersaal
10.11.16 Neurandsberg, Burggasthof
14.12.16 Regensburg, Mälze
31.01.17 München, Lustspielhaus
02.02.17 Miesbach, Waitzinger Keller ** Konzert mit Lesung (Marcus H Rosenmüller, Gerd Baumann)
03.02.17 Mühldorf, Haberkasten
09.02.17 Ingolstadt, Kulturzentrum Neun
16.02.17 Bad Tölz, Kurhaus
18.03.17 Landsberg, Stadttheater
31.03.17 Memmingen, Bonhoefferhaus
11.05.17 Oberhausen, Strobl-Wirt
13.05.17 Wild-Berghof, Bernried
….
Dreiviertelblut live sind:
Gerd Baumann (Gitarre, Gesang)
Sebastian Horn (Gesang)
Dominik Glöbl (Flügelhorn, Trompete, Gesang)
Florian Riedl (Klarinette, Baß-Klarinette)
Florian Rein (Schlagzeug, Posaune)
Luke Cyrus Goetze (Gitarre, Lapsteel, Dobro)
Benny Schäfer (Kontrabass)
- Veröffentlichung des Albums am 07.10.2016 -