Klischeefreie Berufsorientierung Passau

zurück zur Übersicht
Gefällt mir
01.02.2024
Passau

Beim Thema Berufswahl ist die Mehrheit aller Jugendlichen mit den vielfältigen Informationen überfordert. Nur 37 Prozent finden sich bei der beruflichen Orientierung ausreichend unterstützt und nur die Hälfte aller Schulabgänger sind sich sicher, welchen Beruf oder welches Studium sie ergreifen wollen.

Die Situation seitens der Betriebe sieht dabei anders aus. Händeringend werden Auszubildende gesucht. Viele Ausbildungsstellen bleiben jedoch unbesetzt. In Berufsfeldern, die klischeemäßig als Frauen- oder Männerberufe gelten, ist die Situation oft noch schwieriger.

 

Aus diesem Grund wurde in Stadt und Landkreis Passau der Arbeitskreis „Klischee-freie Berufsorientierung“ (kurz KLIPA) ins Leben gerufen. Ziel des Arbeitskreises war es, den Girl`s- bzw. Boy`s Day zu organisieren. In den letzten Jahren wurde der Fokus auf die Berufswegeplanung von jungen Menschen gelegt. Der Arbeitskreis beschäftigt sich mit der Frage, wie man die Berufsorientierung der Schüler klischeefreier, aber auch näher am Bedarf der Jugendlichen und gleichzeitig auch am Bedarf des regionalen Arbeitsmarktes ausrichten kann.

 

v. l. Armin Absmeier (Landkreis Passau), Peter Niedermeier (Stadt Passau), Perdita Wingerter (Verein Leben und Lernen in Europa e.V.), Anneliese Fraser (Universität Passau), Daniela Taverne (Agentur für Arbeit Passau), Melanie Wagner und Klaus Sterner (Staatliche Schulämter Passau), Simone Zweck (Universität Passau), Sabrina Hoffmann (Caritasverband für die Diözese Passau e.V.), Josef Sailer (Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz)

 

Die Geschäftsführerin des Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ (GLL), Perdita Wingerter, erzählte in einem Vortrag, wie Jugendliche heute ticken, wie sie sich über Berufe informieren und warum bestehende Berufsorientierungsmaßnahmen oft nicht ausreichen. Die Corona-Jahre bewirkten die Zunahme von Unsicherheiten, Zukunftsängsten, aber auch psychische Erkrankungen. Selbstzweifel und schnelles Aufgeben sind die Folge von persönlichen Brüchen oder unerfüllten Erwartungen an den Beruf und den Arbeitsalltag.

Demgegenüber sind die Erwartungen an den Beruf gestiegen. Eine bessere Work-Life-Balance, Werteorientierung, klar geregelte Arbeitszeiten und Wertschätzung sind wichtiger denn je geworden. Auch das Informationsverhalten hat sich maßgeblich geändert: Printmedien, Frontalvorträge oder komplexe Webseiten sind wenig erfolgversprechend. Es zeigt sich, dass weniger formale Methoden viel besser funktionieren. Hierzu gehören persönliche und direkte Informationen und Gespräche über die Zukunftsvorstellungen. Als Beispiel für neue Wege der Berufsorientierung durch non-formales Lernen stellte Wingerter das Projekt „Entrepreneur+“ vor. Den Schülern werden mittels eines Brettspiels, TikTok-Videos, eines Workshop „Wie finanziere ich mein Ehrenamtsprojekt“ oder einer mehrtägigen Schulung unternehmerische Kompetenzen und Wissen über den Berufsalltag vermittelt. Gleichzeitig betonte sie, dass Formate wie der Boys Day, den ihr Verein seit 15 Jahren in der Region mitorganisiert, wichtig sind, damit junge Menschen ihren Berufswegeplanung-Horizont erweitern und den für sie passenden Beruf finden.

 

Daniela Taverne, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt von der Ar-beitsagentur Passau, stellte die Ausbildungsmarktzahlen Sommer 2023 für den Raum Passau vor. In Stadt und Landkreis Passau standen knapp 3.000 Ausbildungsplätze rund 1.100 Bewerbern gegenüber. Trotz der riesigen Auswahl an offenen Ausbildungsplätzen waren zu diesem Zeitpunkt noch 300 Bewerber unversorgt geblieben. Ferner hatten 80 sogenannte Altbewerber noch keine Ausbildungsstelle gefunden. Bei diesen Bewerbern liegen oft Vermittlungshemmnisse vor, wie zum Beispiel Ausbildungsabbrüche.

 

Bewerber mit diesen Merkmalen haben es schwerer eine neue Chance zu bekommen. „Betriebe stellen sich die Frage: Warum sollte ich jemanden einstellen, dem es mehrfach schwerfällt eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen?“, so Josef Sailer von der Handwerkskammer. „Und dann kommen die nächsten Fragen der Arbeitgeber: Warum diese Abbrüche? Die Betriebe versuchen sehr viel und vielleicht schaffen wir es gemeinsam, aber hier müssen die Jugendlichen sehr aktiv werden.“

Armin Absmeier, Leiter des Sachgebiets Ehrenamt und Chancengleichheit im Land-ratsamt, meinte daher sei es so wichtig, junge Leute direkt anzusprechen, Kontakte herzustellen und den Sinn hinter der Arbeit besser zu vermitteln.

 

Insgesamt soll der Girls und Boys Day wieder attraktiver und ins allgemeine Bewusstsein gerückt werden, um Klischees abzubauen und zusätzliche Praxiserfahrungen zu sammeln. Überlegt wurde auch, ob bestimmte Aktionstage wie zum Beispiel der „Tag der Sozialen Berufe“, der „Tag des Handwerks“ oder „Tage der offenen Tür“ an einzelnen Einrichtungen nicht wirksamer zu einem gemeinsamen regionalen Aktionstag gebündelt werden können. Besonders vielversprechend ist dabei die Ausbildungsmesse Passau, die vom 01. bis 02. März 2024 in der Dreiländerhalle Passau stattfinden wird.

 

Am Arbeitskreis beteiligen sich neben dem Landkreis und der Stadt Passau die Arbeitsagentur Passau, die Universität Passau, der Verein „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ (GLL), die Staatlichen Schulämter Passau, der Arbeitskreis SchuleWirtschaft, die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, die Industrie- und Handelskammer für Niederbayern sowie der Caritasverband für die Diözese Passau e.V..

 

Die bisherige Sprecherin des Arbeitskreises war Melanie Wagner vom Landratsamt Passau, die sich beruflich veränderte. Daniela Taverne und Perdita Wingerter übernehmen nun die Koordination und bedankten sich bei Wagner für ihr jahrelanges, unermüdliches Engagement. „Wir würden uns sehr freuen, wenn wir noch weitere Unterstützer für den Arbeitskreis gewinnen können“, so Taverne. Auch Betriebe und Schulen sind herzlich eingeladen, sich einzubringen bzw. am Girl`s und Boy`s Day aktiv mitzumachen.

 

Kontakt zum Arbeitskreis:

Daniela Taverne

Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt

Arbeitsagentur Passau

Telefon: 0851 508-407

E-Mail: Passau.BCA@arbeitsagentur.de


- JS


Agentur für Arbeit PassauPassau

Quellenangaben

Agentur für Arbeit Passau

Sie möchten Ihren Bericht regional bewerben?

Alle Informationen und Ihren Ansprechpartner finden Sie HIER.



Kommentare

Bitte registrieren Sie sich um hier Kommentare eintragen zu können!
» Jetzt kostenlos Registrieren oder haben Sie Loginprobleme?


Ähnliche Berichte