Ob nachts, am Wochenende oder zur Urlaubszeit - die neuen Therapietiere des Bezirksklinikums Mainkofen sind jederzeit einsatzbereit. Während Therapien mit Hunden oder Alpakas nur ein bis zwei Mal wöchentlich zu fest vereinbarten Terminen stattfinden können, sind sie rund um die Uhr für ihre Patienten da. Die Achatschnecken leben in ihren Terrarien auf den verschiedenen Stationen. Aktuell sind es insgesamt 16 Tiere in vier Stationen. Die Anfrage steigt.
Lange hat Lisa Parringer, Koordinatorin der Stabstelle „Tiergestützte Therapie“, nach Tieren gesucht, die sich leicht in den Stationsalltag integrieren lassen. Sauber sollen sie sein und auch pflegeleicht. „Für die meisten Säugetiere bedeutet ein Leben auf Station zu viel Stress. Ein Einsatz wäre hier zum Teil tierschutzwidrig“, erklärt Lisa Parringer. Ein Aquarium wiederum sei sehr pflegeintensiv und ein direkter Umgang mit den Tieren sei den Patienten nicht möglich. Auch das Gefahren- und Verletzungspotenzial für die Patienten spielt eine Rolle bei der Auswahl der Tiere. „So kam ich nach vielen Überlegungen auf die Achat-Schnecken.“ Zuerst wurden diese im Bezirkskrankenhaus Passau eingeführt. Nach den positiven Erfahrungen dort sind sie nun auch in Mainkofen eingezogen.
„Mit der Schnecke auf der Hand haben die Patienten die Möglichkeit sich nur auf das Tier und ihre eigene Wahrnehmung zu konzentrieren“, betont die Tiertherapeutin. In den Gesprächen zeigt sich immer wieder, dass die meisten Personen – seien es Patienten oder Personal – schon einmal als Kind eine Schnecke auf der Hand hielten. So seien Berührungsängste meist nur anfänglich. „Schließlich machen sie keine Geräusche, riechen nicht oder laufen davon“, so Lisa Parringer. Und wer sich doch nicht überwinden kann: „Viele kommen schon durchs bloße Beobachten zur Ruhe.“
Je nach Station kommen die Tiere unterschiedlich zum Einsatz. In manchen Stationen bieten sie ein neutrales Thema, um ins Gespräch zu kommen. Der Raum mit dem Terrarium dient als Rückzugsort. Die Patienten können einfach nur dort sitzen und die Schnecken beobachten. In anderen Stationen übernehmen Patienten die Pflege der Tiere als tägliche Routineaufgabe. „Es freut die Patienten, wenn man ihnen das Vertrauen entgegenbringt und sie Verantwortung übertragen bekommen“, erklärt das Therapeuten-Team.
Anfangs hatten sowohl Mitarbeiter als auch Patienten Vorbehalte. Als Therapietiere ernst genommen wurden die Schnecken nicht. „Man muss es erstmal selbst erlebt haben. Dann hat noch jeder seine Einstellung geändert“, weiß Lisa Parringer. Jede Berufsgruppe am Bezirksklinikum sei eingeladen, sich einzubringen. Ob Pflege, Sozialdienst, Ergotherapie oder Ärzte, ob bei der Pflege der Tiere oder dem Einsatz in der Therapie: „Im Gegensatz zu einem Hund, muss hier nicht immer der Besitzer dabei sein“, erklärt Lisa Parringer. Aktuell kümmern sich meist die Pflegeteams um die Tiere. Einmal täglich füttern sie die Schnecken mit Resten aus der Gemüseküche und reinigen die Scheiben des Terrariums. Die „Bodenpolizei“ übernimmt den Rest. Asseln und Springschwänze leben im Einstreu des Terrariums und beseitigen dort die Exkremente der Achat-Schnecken.
Lisa Parringer (hinten links) zusammen mit den Kollegen des „Schneckenteams“.
„Während bei Tiertherapie mit Hunden oder Alpakas meist Frauen die Mehrzahl an Patienten bilden hält sich bei den Schnecken die Waage“, wissen die Teams. Die Luftfeuchte kontrollieren und das Terrarium pflegen – der technische Aspekt interessiert besonders die männlichen Patienten.
Inzwischen haben auch schon die ersten Teammitglieder oder sogar Patienten ein Terrarium bei sich zuhause. „Die Tiere lassen sich eben gut händeln“, so Lisa Parringer. Ob mit Krankheit oder einem vollen Arbeitstag: der Aufwand sei auch für stark eingeschränkte Personen machbar.