Glashüttenmodelle und Poschinger-Glasherrenschloss mit Zinnfiguren
Die neue, kleine Kabinettausstellung „Patterlglaser, Glasmeister und Glasbarone - Glasgeschichte(n) aus dem bayerisch-böhmischen Waldgebirge“ im Waldmuseum Zwiesel, im Bayerischen Wald, er-fährt viel Zuspruch.
Das Herzstück sind Dioramen mit Zinnfiguren von Modellbauer Dieter Rohr. Er präsentiert ein bayeri-sches und ein böhmisches Glashüttenmodell aus dem 16./17. Jahrhundert sowie ein Teilstück des ehe-maligen Poschinger-Schlosses von Oberfrauenau im Stil der Neurenaissance. Diese Modelle verblei-ben als permanente Leihgabe auch nach der Kabinettausstellung im Waldmuseum. Umrahmt wird die Ausstellung von Paneelen mit historischen Fotos, gestaltet von Museumsleiterin Stephanie Falken-stein, Glasfundstücken an historischen Glashüttenplätzen der Region sowie Repliken von Waldglas.
Modell 1: Die Glashütte in Onen Svět/Jenewelt war die älteste Glashütte in der Seewieser Region in Böhmen. Sie arbeitete bereits 1494. Gründer war der Glasmacher Mertl oder Miertl aus Mochau/Mochov. Von 1570 bis 1618 fertigte dort der Patterlglaser Jakob Riepl Rosenkranzperlen, so-genannte Patterl.
Modell 2: Die Öfen der Altposchingerhütte in Frauenau, im Bayerische Wald, brannten zunächst bis 1708. In den Jahren 1768/69 richtete Johann Michael I. Poschinger die stillgelegte Glashütte erneut auf und betrieb sie zunächst bis 1786 und später nochmals bis 1890. Ein Forsthaus und ein Stadel wa-ren Anfang des 21. Jahrhunderts die letzten Zeugen dieser Glashütte.
Modell 3: Das Schloss in Oberfrauenau, im Stil der Neurenaissance, sah man schon von weitem aus dem dunklen Wald des Berges Rachel herausragen. Selbst Könige und den hohen Adel hat es einst be-herbergt. Der Bau war die Krönung der sehr erfolgreich arbeitenden Glashüttenherrn von Poschinger, deren Stammsitz Frauenau im Bayerischen Wald ist. Das Schloss wurde Opfer der schweren Zeit nach dem II. Weltkrieg, als Arbeitsplätze wichtiger waren als luxuriöser Besitz.
Dieses Schloss ließ Georg Benedikt II. von Poschinger 1875 erbauen. Um den Palast legte der königli-che Hofgärtner Carl von Effner einen prächtigen Naturpark mit seltenen Laub- und Nadelbäumen an. Der Münchner Kunstmaler Ludwig Lesker sorgte in den Innenräumen für eindrucksvolle Deckenge-mälde und Wandbilder. Im Jahr 1900 kam es zu einem tragischen Unfall. Der erst 55 Jahre alte Schlossherr wurde im eigenen Hirschgarten von seinem zahmen aber brunftigen Wapitihirsch getötet. Sohn Eduard Georg Benedikt Reichsrat Poschinger von Frauenau erweiterte die Schlossanlage mit Tanzsaal und Wintergarten. 1925 kam eine Kapelle mit Familiengruft dazu. Im Jahr 1930 übertrug der Schlossherr seinem ältesten Sohn Senator Hippolyt Freiherr Poschinger Schloss und Gut. Ende des II. Weltkriegs zog die amerikanische Besatzungsmacht ein und hinterließ viel Schaden. Anschließend wurden Vertriebene einquartiert. Nach deren Auszug nach über 10 Jahren versuchte der Abgeordnete vergeblich sein Schloss an den Staat zu verkaufen. Da dies nicht gelang, stellte er den einstigen Prachtbau dem Gebirgspionierbataillon 8 aus Degerndorf am Inn als Übungsprojekt zur Verfügung. Der fachgerechte Abbruch erfolgte 1959.
Die traurige Geschichte dieses Prunkschlosses hielt Autorin Marita Haller, die auch die Konzipientin der Kabinettausstellung ist, im reich mit historischen Fotos bebilderten Buch „Traumschloss im Wald der Freiherrn Poschinger von Frauenau“ aus dem edition Lichtland Verlag in Freyung fest.