So liebe Leut, nun geht’s auch schon weiter mit unseren BAYERISCHEN FILMPERLEN. Eine kleine Warnung vorneweg, mein neuestes Schmankerl ist ganz schön verrückt und nicht für jedermann geeignet. Doch die Kritiker und die Fans des Films HOLY SPIRIT sind sich wohl einig – KULT. Der Film wurde von 43 internationalen Filmfestivals ausgewählt und erhielt 61 Auszeichnungen. Basst scho, dad i moi song!
Deutsche und ganz bestimmt bayerische Independent-Filme haben es dennoch in der Regel eher schwer. Denn in unserem schönen Land der Dichter und Denker, will man lieber den nächsten Schweiger/Schweighöfer Film im Kino sehen, um sich dort von billigem Klamauk abspeisen zu lassen. Gut, so ist das eben, dadurch entgehen aber der breiten Masse sehr viele gute Filme. Nun habe ich mir mal den Low-Budget-Film HOLY SPIRIT angesehen, der sich in keine Schublade einordnen lässt, weil er sich gekonnt jeglicher Genre-Form entzieht.
"JESUS LEBT UND ER SPRICHT BAYRISCH"
A bissl wos über d' Gschicht...
...Der überaus erfolgreiche und arrogante Werbeagent Harry Sandmann (Michael Foerster) hat mit seiner Firma großen Erfolg. Nun haben sie einen neuen Kunden, der bayerischen Whisky verkauft und Harry soll eine Werbekampagne auf die Beine stellen. Als er den gutaussehenden Handwerker Gustl (Tom Schuster) trifft, wird ihm schlagartig klar, das wird sein neues Werbegesicht. Der junge Bayer sieht aus wie Jesus höchstpersönlich und ihn umgibt eine faszinierende Aura. Schnell wird er das neue Werbegesicht und der bayerische Whisky wird als HOLY SPIRIT vermarktet. Die Kampagne geht durch die Decke und alle wollen ein Stück vom Jesus-Kuchen abhaben. Doch plötzlich passieren grausige Morde und der neue Whisky-Jesus Gustl und sein Schöpfer Harry stehen unter Mordverdacht...
"HEILIG, BAYRISCH, TÖDLICH."
Der bayerische Indie-Film HOLY SPIRIT ist im wahrsten Sinne des Wortes eine einmalige Erfahrung. Regisseur und Drehbuchautor Mike Baran hat zusammen mit seinem Team einen, durch Crowdfunding, Spenden und mit privaten Mitteln finanzierten Film und damit eine wahnwitzige Achterbahnfahrt an filmischen Kuriositäten erschaffen. Handwerklich haben die kreativen Köpfe des Projekts auch mehr als ordentlich abgeliefert. Angenehmes Pacing, solide Schnitte, tolle Kamerafahrten und atmosphärische Farbgebungen sind nur ein kleiner gelungener Teil, des insgesamt sehr stimmigen Films. Dazu gesellen sich wunderschöne Bilder, die einem fast in den Film hineinsaugen. Mal sind die Bildsequenzen bunt und verrückt und dann wechseln sie ins verstörend Surreale. Aber die herrlich überdrehten Werbespots im Film haben mich am besten unterhalten. Oafach sau stoag!
Ein Spiel mit herrlich übertriebenen Montagen, manchmal eingebettet in einem psychedelischen Bilderrausch und das Ganze untermalt mit einem exzentrischen Soundtrack. Das entwickelt sich zu einem rauschigen Gesamtpaket, welches man in der deutschen Filmlandschaft nur selten zu sehen bekommt. Eine überspitzte Satire, die den Bruch mit den Genres mitten im Film und allgemein nicht scheut. Angefangen als eine überspitzte Komödie, wechselt HOLY SPIRIT nach der Hälfte der Laufzeit plötzlich in das Mysteriöse mit Thriller Anleihen, aber über alledem schwebt kontinuierlich der Mantel der Satire. Eine bitterböse Satire, bei der sich die religiösen Fanatiker wohl grün ärgern werden.
"DES IS MOI A VERRUCKDA FILM"
In HOLY SPIRIT bekommt wirklich jeder sein Fett weg: Seien es die Medien oder der Staat und natürlich machen sie auch nicht vor bayerischen Gepflogenheiten oder waschechten Sakrilegen halt. Die ein oder andere Überraschung haben sie dann auch noch parat. Denn mit den ein oder anderen falschen Fährten, den Irrungen und Wirrungen, können sie Spannung sowie Tiefgang generieren. HOLY SPIRIT kann so viel und hat ein umfangreiches Spektrum an interessanten Ideen als pochendes Herz. Ein politisch unkorrektes Sammelsurium an Skurrilität, Surrealem und bitterernsten Wahrheiten. HOLY SPIRIT kann inhaltlich überzeugen und übertrieben viel in einer Szene zum Vorschein bringen, wenn auch manchmal etwas zu viel des Guten. Obwohl, eigentlich kommt die Kreativität aus allen Poren und dies kann man ja wohl kaum kritisieren.
Die mehr oder weniger bekannten Darsteller machen einen angenehmen Job und können die Verrücktheit des Drehbuchs ordentlich auf sich und die Zuschauer projizieren. Die Zugpferde des ausgelassenen Schauspiel-Ensembles sind die beiden Hauptdarsteller Michael Foerster (Harry Sandmann) und Tom Schuster (Gustl Wanninger/Jesus). Beide verkörpern ihre Rollen ansehnlich und können über die volle Distanz überzeugen. Noch dazu konnten sie, den in Bayern längst zu Kult gewordenen Schauspieler, Ottfried Fischer zu einem wundervollen Cameo überreden. Mei is des sche!
"A BAYRISCHER JESUS, A BAYRISCHER BUDDHA UND A BAYRISCHER WHISKY – WOS WUI MA DENN MEHR?"
Respektlos, schräg und in jeder Filmminute absolut unterhaltsam. Ein beeindruckendes Gesamtpaket und wohl der beste Indie-Hit mit Kult-potenzial seit SCHNEEFLÖCKCHEN (kein bayerischer Film, aber dennoch empfehlenswert). HOLY SPIRIT schert sich einen Dreck um Regeln oder deutsche (Film-)Gepflogenheiten und genau daraus zieht der Film seine Faszination. HOLY SPIRIT macht sein eigenes Ding. Unkonventionell, berauschend und uneingeschränkt kreativ. Ein Paradebeispiel für mutige FILMLIEBE. Nun könnt ihr dieses Schmankerl gerne streamen oda af DVD kaufa.
Servus und bis zum nächsten Mal,
euer Thomas P. Groh