Mit einem lauten I-Ah werde ich begrüßt.
Ich darf heute auf dem Eselbegegnungshof in Bierhütte bei Gabi Stadler zu Gast sein.
Sehr lange wünschte sich Gabi schon Esel, bis es dann zu ihrem 40. Geburtstag wahr wurde. Ihr Mann hat ihr „Felix“ geschenkt. Über die Langohren gibt es viel zu wissen, was sich Gabi schnell aneignet. Schon bald stellt sich jedoch heraus, dass eine Einzelhaltung für Esel nicht in Frage kommt. Also wurde „Wendy“ gekauft. Im Laufe der Jahre ist die Herde nun auf mittlerweile fünf Stück angewachsen.
Mit den Vorurteilen "stur" und "dumm" möchte die selbstständige Dorfhelferin endgültig reinen Tisch machen und versucht, auf ihrem Hof die unterschiedlichsten Personengruppen an die Vierbeiner heranzuführen. So werden Kindergeburtstage und Wanderungen veranstaltet, aber auch Senioren und Menschen mit Behinderung können bei Gabi auf Tuchfühlung mit ihren Lieblingen gehen.
Bei allen Aktivitäten ist ihr wichtig: Beobachten – Berühren – Bewegen. Das heißt, die Besucher sollen die Tiere erst einmal beobachten und sich dann langsam annähern, um so von Anfang an eine gute Beziehung zu den Tieren aufzubauen, sie nicht zu erschrecken oder zu verängstigen. Bevor die Wanderung losgeht, wird natürlich fleißig gestriegelt, gestreichelt und geschmust, dann führen immer zwei Personen einen Esel.
Bei Kindergeburtstagen wird zwischen dem direkten Eselkontakt auch „Eseliges“ gebastelt, um den Tieren etwas Ruhe zu gönnen. Vor der Corona Zeit betreute Gabi auch Senioren auf ihrem Hof, diese konnten für ein paar Stunden oder auch für ein paar Tage dort bleiben.
Durch die Ruhe und Gelassenheit der Esel werden auch die Besucher von diesen Eigenschaften angesteckt und merken schnell, dass Esel nicht dumm und stur, sondern einfach nur vorsichtig und bedacht auf Dinge zugehen.
Übrigens: Esel stellten früher die ersten Lasttiere für uns Menschen dar. Schon 4000 v. Chr. wurden in Ägypten die ersten Esel zum Haustier gemacht. Auch als Reittiere und zum Ziehen von Wägen wurden sie damals verwendet.
Vor allem aber wurde er als Packtier wegen seiner Zähheit und weil er länger ohne Wasser aushalten kann den Pferden vorgezogen.
Nun wird das Langohr auch gerne als Herdenschutztier eingesetzt, um Schafe oder Ziegen vor Raubtieren zu schützen. Und auch in der tiergestützten Therapie findet der Esel höchste Beliebtheit.
Durch die soziale Landwirtschaft soll der Eselbegegnungshof nun noch eine neue Entwicklung finden. In nächster Zeit würde Gabi gerne Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen, die gerne Zeit mit den Tieren verbringen, zu sich auf den Begegnungshof einladen. Die Teilnehmer könnten dann - angepasst an ihre Möglichkeiten - in die Arbeitsschritte mit eingeführt werden und Teilaufgaben übernehmen. Dadurch können sie Tier und Natur mit allen Sinnen erleben und lernen, eine gewisse Verantwortung zu übernehmen.
Durch ihren Job bringt Gabi dazu genau die richtigen Voraussetzungen mit. Die Besucher werden dadurch gefördert und gestärkt. Die positive Wirkung der Tiere auf den Menschen wird zusätzlich genutzt. Esel eignen sich dazu sehr gut, da sie Ruhe ausstrahlen und sich zu nichts zwingen lassen. Durch die Kommunikation mit den Tieren lernen die Besucher etwas über sich ohne viele Worte zu gebrauchen. Das Einfühlungsvermögen wird gestärkt, da überlegt werden muss, wie man mit den Vierbeinern am Besten kommuniziert. Dadurch schöpfen viele neuen Mut, werden selbstsicherer und finden wieder zu sich.
Es ist schön, auf der Weide des Eselbegegnungshofes zu stehen, fünf Esel, die mich beschnuppern und zum Kraulen auffordern. Man wird ruhig, vergisst die Zeit und beobachtet die Langohren. Ich finde, es ist ein tolles Konzept, das sich Gabi für ihren Hof überlegt hat und das sie auch mit Leidenschaft und Hingabe lebt.
Ich freue mich, dass ich sie besuchen durfte und wünsche ihr alles Gute bei ihrem weiteren Vorhaben.