Die Themen, die derzeit Europa bewegen, werden auch im bayerisch-tschechischen Grenzraum diskutiert. Eine 15-köpfige Delegation aus Tschechien, darunter Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeiter sowie Vertreter des tschechischen Wirtschaftsministeriums, des tschechischen Generalkonsulats in München sowie der Europaregion Donau Moldau (EDM) waren im Technologiecampus in Freyung zu Gast, um mehr über die Entwicklung in der Kreisstadt und der Region sowie den Einfluss der Digitalisierung im Grenzraum zu erfahren.
Nachdem die Gäste vom TC-Leiter Prof. Dr. Wolfgang Dorner einen informativen Überblick über den Technologiecampus der TH Deggendorf bekommen hatten, wurden sie von Bezirkstagspräsident und zugleich Vorsitzender des EDM-Fördervereins, Dr. Olaf Heinrich, willkommen geheißen. Er skizzierte kurz die Entwicklung der vergangenen Jahre in der Kreisstadt und den positiven Einfluss, den der Technologiecampus darauf hatte. „Diese Einrichtung war damals ein ganz wichtiger Impuls und ein Zeichen, dass wir trotz der Lage im Grenzraum gute Entwicklungschancen haben“, so Heinrich und verwies auf die dann folgenden wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Kooperationen in der Region, die wiederum Arbeitsplätze und damit Steuereinnahmen generierten. „Vor allem aber war es ein psychologisches Signal: Wir waren stolz, dass international tätige Wissenschaftler nun bei uns tätig sind. Das war und ist sehr wichtig für das Selbstbewusstsein.“
Durch die zunehmende Digitalisierung haben sich auch andere Projekte entwickelt, etwa das neue ÖPNV-Angebot im Stadtgebiet mit der „door2door“-App, die insgesamt über 230 Haltestellen anbietet. Als zentrale Frage im Grenzraum sieht der Fördervereinsvorsitzende „wie wir aus der Region heraus mit Kreativität neue digitale Möglichkeiten entwickeln, damit wir als Standort attraktiv bleiben“. Und hier sei laut Heinrich gerade die Kombination aus Tradition und Moderne, aus Verwurzelung der Bürger in ihrer Heimat und der Innovation gut ausgebildeter Menschen von Vorteil.
Bezirkstagspräsident und Vorsitzender des EDM-Fördervereins, Dr. Olaf Heinrich, tauschte sich mit der Delegation aus Tschechien aus, die von TC-Leiter Prof. Dr. Wolfgang Dorner (daneben li.) zuvor begrüßt wurden.
Statt überhitzter Großstadt, statt Verkehrschaos und hohen Mietkosten könne der ländliche Raum sowohl in Niederbayern als auch in Böhmen mit Lebensqualität punkten. „Die Prognosen lauteten noch vor zehn Jahren, dass Regionen wie der Bayerische Wald abgehängt werden. Im Zuge der jüngsten Entwicklungen sehen wir aber: Genau das Gegenteil ist der Fall.“ Das Nicken der Gäste zeigte, dass die Erfahrungen auch in Tschechien ähnlich sind. Bei der anschließenden, simultan übersetzten Diskussionsrunde ging es um die demografische Entwicklung. „Vor 14 Jahren wurde Freyung ein Bevölkerungsrückgang um 13 Prozent vorhergesagt, jetzt stehen wir bei einer stabilen Null, auch weil wir deutliche Wanderungsgewinne haben: Es ziehen mehr Menschen in die Region als abwandern“, informierte Heinrich, machte aber auch darauf aufmerksam, dass die Bevölkerung tendenziell älter werde, so dass man politisch speziell auf den Verbleib junger Familien achten müsse.
Auch zum Thema Energieversorgung hatten die tschechischen Besucher Fragen. Hier zählte Heinrich die Nahwärmeversorgung in Freyung auf sowie die Bemühungen um weitere regionale Energieträger wie Hackschnitzel und Biomasse. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Herausforderungen in Sachen Energie nirgends so gut gelöst werden können wie im ländlichen Raum. Denn statt eines Wohnblocks mit vielen Eigentümern können wir uns dank eigenem Eigentum selbst organisieren und gemeinschaftliche Lösungen anstreben. Die Krise kann für uns ein Beschleuniger werden, um unsere Standortfaktoren noch stärker herauszustellen.“
Zuletzt dankte er der Delegation für ihr Interesse und rief zur weiteren Zusammenarbeit auf. „Ich habe über die Europaregion Donau Moldau bereits oft erleben dürfen, mit welcher Kreativität in Tschechien und auch Österreich Regionalentwicklung gelebt wird – wenn wir von den guten Beispielen der anderen lernen und weiter zusammenarbeiten, können wir uns gemeinsam noch stärker als Zukunftsregion in Europa etablieren.“