Die Betreiber kleiner Wasserkraftanlagen im Bayerischen Wald und im Rottal wehren sich gegen die aktuelle Einschätzung der Bundesregierung, ihre Kraftwerke seien unwirtschaftlich und ökologisch nicht vertretbar. „Es ist Zeit, Wasserkraft neu zu denken. Die Anlagen sind vorhanden, liefern zuverlässig Tag und Nacht Strom. Eine echte Energiewende ist ohne diese Energieform im ländlichen Raum und speziell in Bayern nicht möglich“, sagte der Umweltingenieur Christoph Pfeffer aus Regen in einem Gespräch mit den beiden Bundestagsabgeordneten Muhanad Al-Halak (FDP) und Rita Hagl-Kehl (SPD). Die beiden Parlamentarier, die den Regierungsfraktionen angehören, hatten am Mittwochnachmittag zu einer großen Gesprächsrunde in die Kleblmühle eingeladen, um Argumente für ihre Arbeit in den entsprechenden Ausschüssen in Berlin zu sammeln.
Das „Osterpaket“ von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht vor, dass kleine Wasserkraftanlagen bis zu 500 Kilowatt (kW) künftig nicht mehr nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden. In Deutschland sind davon 7 300 betroffen, die meisten davon in Bayern und 140 allein im Landkreis Freyung-Grafenau. „Wenn die EEG-Förderung wegfällt, verspielen wir eine große Chance, denn dann werden die Anlagen nicht mehr modernisiert, alte Kraftwerke laufen weiter“, schilderten die Betreiber ihre Befürchtungen. Christoph Pfeffer, Inhaber eines Ingenieurbüros in Regen, nannte das geplante Aus für kleine Anlagen den falschen Ansatz. Gerade kleine Projekte müssten im Genehmigungsverfahren extreme Anforderungen erfüllen. Beispielsweise würden dabei für einen optimalen Fischschutz Rechengitter mit einem Stababstand von unter zehn Millimetern eingebaut, sagte Pfeffer, der mit der Wasserkraft aufgewachsen ist. Seit 1998 befindet sich die Anlage an der Seebachschleife am Fuße des Großen Arbersees im Familienbetrieb. Seit dieser Zeit wurde sie ständig ausgebaut und energietechnisch optimiert. Die Leistung steigerte sich dadurch um mehr als das Zehnfache von 60 kW auf inzwischen circa 900 kW. „Das zeigt, dass in der Wasserkraft noch richtig Musik steckt“, erklärte Pfeffer.
Der Umweltingenieur aus Regen bezeichnete die Anlage an der Seebachschleife als echte Herausforderung. Man habe zeigen wollen, dass ein Wasserkraftwerk trotz Leistungssteigerung auch ökologisch vertretbar errichtet werden könne. Ein Monitoring habe zum Beispiel gezeigt, dass der Fischbestand jetzt zahl- und artenreicher sei als vorher. Zwischen Wasserkraftnutzung und ökologischer Verträglichkeit bestehe nicht automatisch ein Widerspruch. Klaus Schuster aus Spiegelau, Aufsichtsratsvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke, berichtete, dass trotz intensiver Wasserkraftnutzung im Bayerischen Wald eine Einstufung nach der Wasserrahmenrichtlinie mit den Prädikaten gut und sehr gut erfolgt sei, was mehrere Teilnehmer an der Gesprächsrunde bestätigten. In bestehende Anlagen seien erfolgreich Fischtreppen eingebaut worden; das Argument, an den Kraftwerken würden Fische zerhäckselt, treffe nicht zu, betonten Christian Fuchs aus dem Rottal und Hans Hilz aus Mauth. Der Anteil seiner Anlage an erneuerbarer Energie in der Gemeinde liege bei 75 Prozent, berichtete Hilz.
Am Beispiel des Wasserkraftwerks in der Kleblmühle schilderte Umweltingenieur Christoph Pfeffer (1.v.l.) den Bundestagabgeordneten Rita Hagl-Kehl und Muhanad Al-Halak (rechts neben ihm) die Funktionsweise und Bedeutung einer solchen Anlage. Im Hintergrund Kraftwerksbetreiber aus dem Bayerischen Wald und dem Rottal, die zu einer Gesprächsrunde mit den Parlamentariern der Regierungsfraktionen gekommen waren.
Die neun kleinen Wasserkraftwerke in Neuschönau und an der Gemeindegrenze zu Hohenau versorgten je nach deren Bedarf 400 bis 500 Haushalte, berichtete Michael Segl. Seine Anlage bestehe seit 1870 und sei vor zehn Jahren modernisiert worden. „Es ist als Teil meiner Rente angelegt und wenn die EEG-Förderung wegfällt, sind meine Vorsorgepläne zunichte“, sagte Segl, der auch befürchtet, dass ohne diese Sicherheit Banken keine Kredite mehr gewährten und damit die Modernisierung bestehender Anlagen unmöglich werde. „Dann laufen die alten Kraftwerke weiter, produzieren weit weniger als sie könnten und sind ökologisch unter dem Stand, der bei einer Generalsanierung erreicht werden könnte, wurde argumentiert. Dabei seien im Schnitt 20 Prozent Leistungssteigerung möglich.
Die Botschaft der Kraftwerksbetreiber an die Bundestagsabgeordneten Muhanad Al-Halak und Rita Hagl-Kehl lautete: Wasserkraft ist regional ein hohes Gut. Es gibt Gemeinden hier auf dem Land, die heute noch aus der vorhandenen Wasserkraft komplett mit Strom versorgt würden. Ein Beispiel dafür sei Bayerisch Eisenstein. „Die Energie aus der Wasserkraft ist als Beitrag zu einem Mix an erneuerbaren Energien unverzichtbar, um nicht wieder neue Abhängigkeiten zu schaffen!“, erklärten die Gesprächsteilnehmer. Die abschließende Frage: „Warum will man etwas zerstören, was seit Jahrzehnten und noch länger gut funktioniert?“
Bayern habe bei der Wasserkraft eine besondere Situation und diese müsse in der Novellierung des Gesetzes zur Energiewende besonders berücksichtig werden, folgerte die Bundestagsabgeordnete Rita Hagl-Kehl: „Für den flächendeckenden Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen wir auch die Wasserkraft.“ Ihr FDP-Kollege Muhanad Al-Halak versprach, die Argumente der Kraftwerksbetreiber in seine Fraktion zu tragen und dafür um Verständnis zu werben: „Die Schilderungen der Betroffenen waren für mich sehr wichtig!“