Kommunale Grünflächen: vielfältig – artenreich insektenfreundlich
Bauhofschulung der ILE nord23 durch Kreisfachberatung und Landschaftspflegeverband
Vergangene Woche veranstaltete die ILE nord 23 in Zusammenarbeit mit der Kreisfachberatung und dem Landschaftspflegeverband Straubing-Bogen e.V. eine Bauhofschulung mit dem Thema „Kommunale Grünflächen: vielfältig – artenreich – insektenfreundlich“. In der Schulung wurde den Teilnehmenden vermittelt, wie kommunale Grünflächen, insbesondere Straßenränder, Böschungen und Restflächen, zu vielfältigen, artenreichen und insektenfreundlichen Grünflächen werden können.
Großes Interesse an Schulungsangebot
In seinem Grußwort an die Bürgermeister/innen und Bauhofmitarbeiter/innen der Mitgliedergemeinden der ILE nord23 betonte Landrat Josef Laumer: „Dies ist die Chance für Gemeinden zu zeigen, dass man etwas ändern kann und auch ändern will und Ökologie und Artenvielfalt fördert. Es ist wichtig, in diesen Dingen als Landkreis beziehungsweise Kommune als Beispiel voranzugehen.“
Mit dem Thema „Grünflächen“ und deren insektenfreundlicher Pflege befasst sich auch der Landkreis Straubing-Bogen schon seit längerer Zeit. „So wurde beispielsweise im vergangenen Jahr für den Kreisbauhof für die Mahd an Kreisstraßen ein Ökomähkopf angeschafft, mit dem die notwendigen Mäharbeiten insektenschonender ausgeführt werden können. Auf verschiedenen Landkreisliegenschaften, wie z.B. am Schulzentrum in Bogen oder am Kreisverkehr beim Friedenhainsee wurden einige (Rasen-)flächen in naturnahe Wiesenflächen umgewandelt, um so mehr Insekten Lebensraum und Nahrungsangebot zu bieten“, wie Landrat Laumer bespielhaft erläuterte.
Insgesamt stellt das Wissen um einen teilweise dramatischen Schwund an Insekten und anderen Arten gerade auch die Bauhöfe vor immer neue Aufgaben und Herausforderungen. Dass bei dieser Veranstaltung von 23 Gemeinden der ILE nord23 insgesamt 22 Gemeinden vertreten waren, zeigt die Brisanz dieses Themas und das Interesse der Kommunen im nördlichen Landkreis.
Förderung der Bauhofschulungen durch Blühpakt Bayern
Vor diesem Hintergrund hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) bereits 2018 den Blühpakt Bayern ins Leben gerufen, und nicht zuletzt mit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wurde erkannt, dass ein Umdenken bei der Gestaltung und Pflege kommunaler Grünflächen aber auch privater Gärten notwendig ist.
Der Blühpakt Bayern ist dabei auf unterschiedlichen Ebenen aktiv, wenn es darum geht, wieder mehr naturnahe Flächen zu entwickeln und vor allem auch zu pflegen und damit die Artenvielfalt zu erhöhen. Neben dem privaten Grün, das insgesamt eben auch eine beträchtliche Gesamtfläche ausmacht, wurden für die Kommunen durch den Blühpakt Bayern unter anderem Schulungsmaterialien erarbeitet und zur Verfügung gestellt.
„Es ist eine Minute vor zwölf“
Ralph Sturm, Lehrer, Fotograf und Insektenkenner referierte zum Thema: „Wem nutzt ökologische Landpflege?“ Die einfache Antwort darauf: uns allen. Ja, eine ökologische Landpflege nutzt natürlich auch Pflanzen, Insekten, und anderen Arten. Aber letztendlich sind es wir Menschen, die von einer intakten Umwelt und einem funktionierendem Ökosystem profitieren. Die Frage sei nicht, was können wir tun oder was sollten wir tun, sondern was müssen wir tun, um die natürliche Artenvielfalt zu erhalten und zu stärken. „Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist eine Minute vor zwölf!“, so Sturm.
Anhand beeindruckender Fotos von Insekten in verschiedenen Lebensstadien verdeutlichte der begeisterte Hobbyfotograf, wie viele für uns unsichtbare oder unscheinbare Insekten auf extensiv genutzte Grün- und Freiflächen angewiesen sind. Blühflächen sind schön und gut, doch sind sie oft nur „Tankstellen“ für Insekten. Lebensräume, Brutstätten und Überwinterungsquartiere sind für uns meist nicht sichtbar oder nicht erkennbar. Deshalb sei es zum Beispiel wichtig, abgeblühte Wiesen oder Stauden auch mal durch den Winter bis in den Frühling hinein stehen zu lassen.
Praktische Tipps und Anregungen für die Pflege kommunaler Grünflächen gaben Harald Götz, Kreisfachberater des Landkreises Straubing-Bogen, und Ambros Köppl, Mitarbeiter des Landschaftspflegeverbandes Straubing-Bogen e.V.. Welche Biotoparten gibt es, wie erkennt man diese und wie sollen sie am besten gepflegt werden, wie kann aus einer artenarmen Wiese eine artenreiche Wiese werden, wann ist der beste Schnittzeitpunkt, wann sind welche Schnittmaßnahmen an Hecken sinnvoll – diese und weitere Themen wurden ausführlich erläutert. Auch welche Maschinen und Geräte für eine möglichst insektenschonende Pflege eingesetzt werden sollten, wurde erklärt.
Dass all diese Maßnahmen in den kommunalen Bauhöfen nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können, sei allen klar. Es sei ein Prozess, der über viele Jahre andauert, manchmal brauche man auch einen langen Atem, bis Erfolge sichtbar sind, doch es sei wichtig, jetzt umzudenken und damit anzufangen.
Aufklärung ist essenziell
Die Schulung in der vergangenen Woche war die erste ihrer Art im Landkreis Straubing-Bogen, soll aber für alle anderen Kommunen des Landkreises, die sich in der ILE Gäuboden und in der ILE Laaber organisiert haben, in Kürze ebenfalls veranstaltet werden.
Auch soll das theoretisch erlernte Wissen nach und nach mit praktischen Übungen und Vorführungen ergänzt und verfestigt werden. „Wichtig ist auch der Erfahrungsaustausch unter den Kommunen und die regelmäßige Fort- und Weiterbildung der Bauhofmitarbeiter“, so Harald Götz, Kreisfachberater des Landkreises und Hauptorganisator der Veranstaltung.
Was ebenfalls nicht zu kurz kommen dürfe, sei die Aufklärung der Bürger, nach dem Motto: „Information schafft Akzeptanz!“. So berichtete zum Beispiel eine an der Schulung teilnehmende Bürgermeisterin, ihre Bauhofmitarbeiter seien im vergangenen Jahr „unheimlich gschimpft gworn“, weil bestimmte Wiesenbereiche nicht bzw. seltener gemäht wurden. „Des schaut ja gschlampert aus“ sei leider immer noch die Meinung und Reaktion vieler Bürger.
Landrat Josef Laumer, ILE nord 23-Vorsitzender Bürgermeister Matthias Wallner aus Neukirchen und die Referenten Harald Götz (Kreisfachberatung), Ralph Sturm und Ambros Köppl (Landschaftspflegeverband, von links mit den vom Blühpakt Bayern zur Verfügung gestellten Unterrichtsmaterialien am Rande der Schulung der Bauhofmitarbeiter/innen.