Während der langen Friedensphase auf unserem Kontinent in den Zeiten des Kalten Kriegs mochte sich wohl bei manchen Europäern der Eindruck verfestigen, dass Frieden in der eigenen Weltregion eine Selbstverständlichkeit sei. Dass dem auch in Europa nicht so ist, zeichnete sich schon mit den Balkankriegen in den 1990er Jahren nach dem Niedergang des real existierenden Sozialismus und dem Zerfall Jugoslawiens ab. Mit voller Wucht rückt diese Erkenntnis den Europäern gegenwärtig aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt ins Bewusstsein.
Dem Vortrag, den Hauptmann Klaus Schedlbauer, in Deggendorf stationierter Jugendoffizier der Bundeswehr, beim Besuch der Schülerinnen und Schüler der Q12 am Landgraf-Leuchtenberg-Gymnasium im Gepäck hatte, mangelte es somit sicherlich nicht an aktueller Brisanz. Im Rahmen des Sozialkundeunterrichts und passend zum momentanen Unterrichtsthema "Frieden und Sicherheit als Aufgabe der internationalen Politik" informierte er in seinen sehr anschaulich aufbereiteten und das junge Publikum geschickt einbeziehenden Ausführungen über die globalen sicherheitspolitischen Herausforderungen der Gegenwart.
Zunächst verdeutlichte der Jugendoffizier, unter welchen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen im 21. Jahrhundert agiert werden muss. Dabei ging er u. a. auf die Veränderungen in der globalen Machtverteilung, Räume wie den Cyberspace, das Völkerrecht und die Bedeutung der öffentlichen Meinung ein. Wie Letztere gezielt durch Bildmanipulation beeinflusst werden kann, demonstrierte er anhand eines eindrucksvollen Beispiels. Durch die Reduzierung auf einen bestimmten Bildausschnitt kann ein und dasselbe Foto einer Kriegsszene dem Betrachter sowohl als Hinrichtung als auch als Hilfsaktion vermittelt werden. Als Beispiel für hybride Kriegsführung wurde die Instrumentalisierung von Flüchtlingen an der polnischen EU-Außengrenze durch den weißrussischen Machthaber in den zurückliegenden Monaten angeführt.
Die Sicherheit destabilisierende Faktoren können religiöse Konflikte, fragile Staatlichkeit/ schlechte Regierungsführung " in diesem Zusammenhang ging der Referent auf den Bundeswehreinsatz in Mali ein ", Konflikte um knappe Ressourcen wie z. B. Wasser, grenzüberschreitender Terrorismus, Flucht und Migration oder auch der Klimawandel sein.
Auf dem Vortragsprogramm standen außerdem die Vereinten Nationen und die NATO als Akteure der globalen Sicherheitspolitik. Inwiefern die vielfältigen Handlungsfelder der UNO mit der Sicherheitspolitik verknüpft sind, wurde anhand der nachhaltigen Entwicklungsziele aufgezeigt. Darüber hinaus wurde vor allem thematisiert, dass das für die Deeskalation internationaler Konflikte gedachte zentrale Organ, der UN-Sicherheitsrat, am fehlenden Konsens der fünf ständigen Mitglieder scheitern muss, wenn sie zur Durchsetzung eigener Interessen mit ihrem Veto-Recht Beschlüsse blockieren. Reformvorschläge, die auf eine effektivere Handlungsfähigkeit des Sicherheitsrats abzielen, konnten bisher nicht umgesetzt werden. Hinsichtlich des Nordatlantikpakts nahm der Referent vor allem dessen Osterweiterung im Rahmen der globalen Neuordnung nach der Auflösung des Ostblocks in den Blick. In seine Betrachtung der Ursachen für die gegenwärtige Krise in Osteuropa ließ er auch die russische Sichtweise einfließen.
Die am Ende der Veranstaltung auftauchende Frage, wieso Deutschland weltweit der drittgrößte Rüstungsexporteur ist, hingegen auf dem militärische Fähigkeiten anzeigenden "GlobalFirePower-Index" lediglich auf Platz 16 rangiert, wurde dahingehend beantwortet, dass Deutschland zwar hochwertige Rüstungstechnik ausführt, die politischen Entscheidungsträger aber aufgrund fiskalischer Erwägungen "Fähigkeitslücken" der Bundeswehr in Kauf nehmen.
Als Fazit lässt sich festhalten: Der mit einem Bildungsauftrag ausgestattete Jugendoffizier hat mit seinem kurzweiligen, objektiven und kompetenten Vortrag dem Abschlussjahrgang des LLG wertvolle Einblicke in die komplexe Frage von Krieg und Frieden im 21. Jahrhundert geboten.