„Wir müssen den Flüchtlingen, die schon bei uns im Landkreis sind, eine Perspektive geben“, verdeutlichte Herbert Unnasch, Geschäftsführer der Volkshochschule (vhs) für den Landkreis Regen. Vhs, Bundesagentur für Arbeit in Deggendorf und das Jobcenter für den Landkreis Regen starten jetzt ein neues Projekt, um die jungen Leute aus Ländern wie Syrien, Iran, Irak oder Eritrea schneller und besser integrieren zu können: „PIA - Perspektive im ARBERLAND“. Mit verschiedensten Maßnahmen wollen die Fachleute für Bildung und Beruf den Flüchtlingen gemeinsam den Start in eine Ausbildung oder die Suche nach einem Arbeitsplatz bei heimischen Betrieben erleichtern und zugleich den demographischen Wandel als eine der größten Herausforderungen in der Region aktiv angehen.
Sie stellten das neue Integrationsprojekt "PIA - Perspektive im ARBERLAND" vor, das Flüchtlingen und Asylsuchenden den Berufseinstieg bei heimischen Betrieben erleichtern soll: Marianne Loibl (v.l.) vom Jobcenter, stellvertretender Landrat Willi Killinger, Barbara Breese und Herbert Stadler von der Agentur für Arbeit sowie Herbert Unnasch und Lisa Jocham von der Volkshochschule im Landkreis Regen.
Heimische Betriebe, die offene Stellen nicht besetzen können und Mitarbeiter suchen. Junge Flüchtlinge, von denen viele arbeiten und Geld verdienen wollen. Diese beiden Interessensgruppen wollen vhs-Geschäftsführer Herbert Unnasch und Lisa Jocham, Bereichsleitung Bildung bei der vhs, Barbara Breese, Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit in Deggendorf, Herbert Stadler, Leiter des sogenannten Fluchtteams bei der Arbeitsagentur in Deggendorf, und Marianne Loibl, Leiterin des Jobcenters im Landkreis Regen, zusammenbringen - und zwar mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen, die aufeinander abgestimmt sind. „Es bringt uns nicht weiter, über die Aufnahme von Flüchtlingen oder die bundesweite Asylpolitik zu diskutieren. Wir müssen versuchen, die Männer und Frauen, die da sind, gut einzubinden, ihnen im ARBERLAND eine Perspektive zu geben und sie für das Berufsleben bei uns zu qualifizieren“, betonten die Vertreter von vhs, Agentur für Arbeit und Jobcenter. Sie stellten an der vhs in Regen das neue Integrationsprojekt vor, das Anfang April richtig anlaufen soll. „PIA“ soll Sprach- und Integrationskurse sowie weitere Angebote die es bereits gibt, besser vernetzen, und dazu beitragen, Flüchtlinge und Asylsuchende passgenau fit zu machen fürs Berufsleben. Ziel von PIA ist es auch, Schwierigkeiten wie einen „Lagerkoller“ durchs Nichstun, Verständigungsprobleme, Fremdenfeindlichkeit und hunderte neuer Hartz IV-Fälle zu vermeiden - und schon Wartezeiten, beispielsweise für die Genehmigung des Asylantrags, mit Sprachkursen und Co sinnvoll zu nutzen.
Ein Arbeitsplatz oder eine Ausbildungsstelle sind wichtige Voraussetzungen, damit die Integration klappt. „Jeder Asylsuchende, den wir auf dem Arbeitsmarkt einbinden können, verdient selbst seinen Lebensunterhalt und hilft, Stellen in regionalen Firmen zu besetzen“, betonte Herbert Unnasch. Damit Flüchtlinge und Asylsuchende eingestellt würden, müssten sie aber halbwegs Deutsch verstehen und sprechen, wissen, dass Werte wie Pünktlichkeit zur Kultur gehören, erfahren, dass in Deutschland auch einmal eine Frau als Chefin im Betrieb Anweisungen erteilen kann oder dass man für die Lohnzahlung auch ein Konto auf der Bank braucht. „Integration ist eine vielschichtige Herausforderung. Eine Behörde alleine kann sie nicht meistern. Es ist deshalb so wichtig, Partner mit Know-how zusammenzuspannen“, erklärten Barbara Breese und Herbert Stadler von der Bundesagentur für Arbeit und Marianne Loibl vom Jobcenter. Viel Lob gab es gerade wegen des Miteinanders für das Projekt „Perspektive im ARBERLAND“ von stellvertretendem Landrat Willi Killinger: „Bei PIA sind alle wichtigen Stellen dabei“, verdeutlichte er. Unterkunft und Verpflegung seien nur der erste Schritt. Die Integration der Flüchtlinge sei eine Herausforderung für Jahre - und das Projekt PIA unbedingt nötig.
Bei PIA wollen die Fachleute für Integration und Qualifizierung jetzt noch intensiver als bisher zusammenarbeiten und genau herausfinden, was ein Flüchtling braucht: Manche haben in ihrer Heimat noch keine Schule besucht, können nur Arabisch lesen und schreiben, keinen Brocken Deutsch und hätten bei einer Ausbildung kaum die Chance, die Berufsschule zu schaffen. Andere sind Ärzte oder Rechtsanwälte mit abgeschlossenem Studium, sprechen fließend Englisch oder haben bereits gute Deutschkenntnisse. Welche Fähigkeiten bringt der Einzelne mit? Wo steht er, was braucht er, wo will er hin? Diese Fragen sind für die Partner bei PIA deshalb entscheidend. „Nicht jeder ist in einem Integrationskurs oder in einem achtmonatigen Sprachkurs gut aufgehoben“, machte Lisa Jocham, zuständig für den gesamten Bereich Bildung an der vhs, klar. Alphabetisierungskurse, in denen die Asylsuchenden die lateinische Schrift lernen, sind beispielsweise ebenso möglich wie Sprachkurse auf verschiedenen Leistungsleveln samt Zertifikat, Integrationskurse, Qualifizierungsangebote für spezielle berufliche Fertigkeiten, berufsvorbereitende Maßnahmen und einiges mehr. Aktuell laufen an der vhs beispielsweise vier Alphabetisierungs- und fünf Integrationssprachkurse. „Manchmal gibt es für die Kurse lange Wartelisten, dann bringt man nicht einmal einen Kurs voll, weil etliche Leute von einem Tag auf den anderen wegziehen“, schilderte Lisa Jocham eine Schwierigkeit. PIA soll den Kursen quasi vorgeschaltet werden: Über ein sogenanntes Profiling will die vhs gezielt herausfinden, wo jemand bei den Sprachkenntnissen steht, ob jemand Vorwissen in einem Beruf oder Abschlüsse mitbringt, wer in der Region bleiben will oder welche Unterstützung braucht – und die Asylsuchenden dann maßgeschneidert qualifizieren oder mit Zertifikaten die Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt durch das Jobcenter und die Agentur für Arbeit erleichtern. Ein wichtiges Mittel sind bei PIA die sogenannten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine.
„Es kann nicht sein, dass Massen von Menschen monatelang nur warten müssen und dann vielleicht in einem Kurs sind, der für sie nicht richtig ist. Wer auf die Genehmigung seines Asylantrags wartet, kann ja beispielsweise schon einen Sprachkurs machen oder die Zeit mit zielgerichteten Qualifizierungsangeboten sinnvoll überbrücken“, erklärte Herbert Unnasch die Idee. Klar stellten die PIA-Macher unisono, dass Angebote wie Sprachkurse nicht eigens für Flüchtlinge gedacht seien und auch die Weiterbildungsmaßnahmen jedem offen stünden. „Durch PIA wird kein heimischer Jugendlicher, der eine Lehrstelle sucht, benachteiligt, kein Langzeitarbeitsloser weniger qualifiziert, auch das Geld für dieses Projekt komme aus einem Sondertopf. Deutsche Arbeitslose haben dadurch keineswegs weniger Geld oder andere Nachteile.“