„Musikalische Grenzgänge I“ – ProvoCantus startet wieder durch
Nach langer Zwangspause konnte der Konzertchor ProvoCantus nach den Pfingstferien wieder anfangen zu proben. Gut, um die Abstandsregeln einzuhalten zwar in der Turnhalle und nicht in einem der Räume der Caritasschule in Freyung, aber es ging wieder los. Chorleiter Ansver Sobtzick hat sich aber auch vorher schon ins Zeug gelegt und via Zoom Online-Proben abgehalten und den SängerInnen Audiodateien zum Üben geschickt. Nicht nur, um seine Leute bei der Stange zu halten, sondern auch, weil alle hungrig auf möglichst schnelle Konzerte waren. „Wenn es wieder losgeht, wollen wir möglichst rasch wieder durchstarten“ war die allgemeine Devise.
Konzertchor ProvoCantus unter Leitung von Ansver Sobtzick
Das Thema „Grenzen“ ist für die Bewohner des Landkreises Freyung-Grafenau ein naheliegendes Thema, zumal die Grenzeim vergangenen Lockdown durchaus auch verschiedene Formen angenommen haben: offen – geschlossen – passierbar unter gewissen Voraussetzungen – übertreten und manchmal auch durchbrochen. Ähnlich ist es auch in der Musik, wo die künstlerische Qualität oft mit einem Durchbrechen der Konventionen steigt.
Klarinettenensemble Prachatice
Um nicht sofort ein ganzes abendfüllendes Programm auf die Beine stellen zu müssen holte sich der Chor das Klarinettenensemble Prachatice unter der Leitung von Jan Hovorka ins Boot, das zwar nicht weit entfernt ist, aber doch hinter einer (Länder-)Grenze liegt. Weltliche wie geistliche Musik stand auf dem Programm, aus unterschiedlichen Epochen, Stilen und Ländern. Während sich ProvoCantus in je einem geistlichen und weltlichen Block durch die Musikgeschichte bewegte wählte das Klarinettenensemble (meist) bekannte Stücke aus aller Welt oder entführte die Ohren der Besucher in die ungewohnten Klänge fremder Länder. Das Repertoire für Klarinettenquartett ist beschränkt, doch davon lassen sich die Musiker nicht abhalten. Sie bearbeiten und arrangieren die entsprechenden Stücke passgenau für ihr Instrument und holen sich bei Bedarf mit der Solistin Petra Sovová verbale Hilfe hinzu – zumal sie das Publikum durch ihre fast schauspielerische Darbietung unverwechselbar in Bann zu ziehen vermag.
Solistin Petra Sovová
Um ein Zeichen für die Überwindung von Grenzen zu setzen, musizierten die beiden Ensembles auch zusammen. Arcadelt´s „Ave Maria“ – wohl eines der bekanntesten überhaupt – erklang zum Beispiel gemeinschaftlich. Nun könnte man meinen, dass es bei solch einem „Hit“ zu keinen Problemen kommen könnte. Hinstellen, Einzählen, los geht’s! Doch wie so oft in der Musikgeschichte, gibt es auch von diesem Stück etliche, ja geradezu unzählig viele Fassungen mit kleineren und größeren Abweichungen. So steht dann der Chor startbereit mit seinen Noten und hört das Vorspiel der Klarinetten… „ups, das klingt ja ganz anders?!“ tuschelt es durch die Sängerreihen. Wie so oft wollten auch hier beide Gruppen das gleiche, nämlich genau dieses Stück musizieren. Trotz der Sprachbarrieren geht das auch wunderbar: jeder gibt ein Stückchen nach, die Klarinetten ändern hier, der Chor ändert dort, und schon ist gemeinsames Musizieren in homogenem Klang möglich. Es musste nur jede Gruppe ein wenig von den eigenen eingefahrenen Mustern über Bord werfen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.
Dieses Projekt wird im Rahmen des bundesweiten Programms IMPULS gefördert. Mit diesem Förderprogramm IMPULS soll der Amateurmusik in ländlichen Räumen geholfen werden. Gerne nutzt ProvoCantus diese Hilfe, um zusammen mit Musikern aus der Region das kulturelle Leben wieder aufzufrischen. Bereits am 12. September ist um 18 Uhr ein weiteres Konzert mit der Gruppe „Zeidlang“ geplant, das in ähnlichem Format wieder im Haidhäusl Haidmühle stattfinden wird.