Schon als Kind wollte Martina Kirchpfening immer etwas mit Landwirtschaft machen. Ihr Vater, Melker von Beruf, arbeitete auf einem großen Gut im Münchner Umland in der Rinderzucht. Ihn durfte sie oft begleiten, ihre Ferien verbrachte sie regelmäßig auf Bauernhöfen. Die diplomierte Sozialpädagogin und Sozialbetriebswirtin kam nach dem Studium als Streetworkerin sowie Spezialistin für tiergestützte Sozialarbeit erneut in vielen Projekten mit Jugendlichen auf Ökohöfen zusammen. 2009 erwarb sie schließlich den Fleckenhof in Altschönau.
Frau Kirchpfening, stimmt es, dass Sie vorher noch nie im Bayerischen Wald waren?
(lacht) … Ja, das stimmt. Mein Mann und ich tendierten, familiär bedingt, mehr nach Süditalien und Südtirol. Erst als ich nach dem Tod meines Mannes aus München raus wollte und mich auf die Suche nach einem passenden Sacherl machte, kam ich in den Bayerischen Wald. Und bin seit 2011 geblieben.
Vorher gab es aber noch einiges zu tun, oder?
Natürlich. 2010 wurde der Hof zunächst vollbiologisch saniert und renoviert.
Jetzt handelt es sich beim Fleckenhof ja nicht um einen Erzeuger, Hofladen oder Direktvermarkter im klassischen Sinn. Und Sie arbeiten auch weiterhin als Sozialpädagogin.
Genau. Ich bin sozusagen auf dem Weg zur Nebenerwerbslandwirtin. Das Ganze ist ein Versuch, ein Projekt. Mal sehen, wo es hinführt. Der Fleckenhof ist eine typische Selbstversorger-Einöde mit etwa 2 ha Grund. Primäres Ziel ist, von den selbst angebauten Nahrungsmitteln leben zu können. Falls es Überschüsse gibt, können diese verkauft oder - noch lieber - getauscht werden. Und ich biete Workshops am Hof an: kreatives Gestalten mit Wolle, Binden von Kräuterkränzen, Herstellen von Körben und Seife.
Sie bewirtschaften den Fleckenhof nach dem Prinzip der Naturkreislaufwirtschaft, also Permakultur, oder?
Ja. Ich habe hier beispielsweise einen Waldgarten angelegt. Bzw. er ist im Entstehen, das ist ein dynamisches System. Ich erzeuge auf einer extensiv genutzten Fläche Obst, Gemüse und Kräuter. Der Waldgarten am Fleckenhof bildet ein Waldsystem ab: Obstbäume als Schutz für Beerensträucher als Schutz für Wildgemüse, Kräuter sowie krautige Pflanzen. So entsteht ein geschlossenes Ökosystem. Ein anderes Beispiel für Permakultur bzw. einen Ressourcen schonenden natürlichen Kreislauf ist die Energieüberführung: Das Dachwasser leite ich über ein Gefälle unterirdisch in den Gemüsegarten. Überschüssiges Wasser fließt in die Dreikammer-Biokläranlage.
Waldgarten
Was genau bauen Sie an, Frau Kirchpfening, welche Tiere leben bei Ihnen auf dem Hof?
Ich baue vor allem saisonales Gemüse an wie Tomaten, Sellerie, Karotten, Zwiebel oder Gewürz- und Teekräuter. Dazu kommen Heukartoffeln. Im Bereich Obst habe ich Apfel-, Birn-, Kirsch- oder Kriacherlbäume gepflanzt. Sträucher von der Johannisbeere über Stachel-, Jostabeere bis hin zu Aroniabeeren. Als Tiere halte ich neben meinen drei Hunden auch Waldschafe, Legehennen und Kaninchen.
Gemüse-Mischkultur
Wie haben Ihre Nachbarn hier in Altschönau reagiert auf die Münchner Nebenerwerbslandwirtin und deren unkonventionelle Ideen?
So direkte Nachbarn habe ich ja eher nicht oder wenig. Aber grundsätzlich habe ich mich von Anfang an hier wohlgefühlt. Sonst wäre ich nicht hierher gezogen. Und auf meine Art der Bewirtschaftung des Landes, des Umgangs mit Natur und Tieren hat es eigentlich nur positive Reaktionen gegeben. Vor allem Neugier. Ich mähe einen Teil meiner Grünflächen nur zweimal im Jahr, der andere Teil wird von den Schafen beweidet. Das hat auch Aufmerksamkeit erzeugt. Vor allem wollen nicht nur ich, sondern immer mehr andere Menschen auch wissen, was wir essen. Was im Lebensmittel drin ist, wo es her kommt. Und deshalb kommen meine Eier, mein Lammfleisch, mein Gemüse gut an bei den Nachbarn.
Waldschafe
Ursula Klöpper und ich haben übrigens ein Netzwerk initiiert, eine Gemeinschaft für nachhaltiges Leben und Wirtschaften. Mittlerweile treffen sich über 60 am Thema interessierte Personen regelmäßig. Wir tauschen uns aus zu Themen wie Permakultur und Selbstversorgung, Energiewende im Kleinen selbst gestalten, solidarisch Handeln und Gestalten oder die Steigerung der Lebensqualität durch regionale Wertschöpfung.
Herzlichen Dank, Martina Kirchpfening.